Kapitel VIII

733 51 13
                                    

rezo

yo ju

kommst du rauf?

wenn du willst

ich will
du idiot

Julien rauchte.

Nicht, dass das Rezo sonderlich störte, er war ein erwachsener Mann und konnte seine Entscheidungen selbst treffen. Die Packung, die auf dem Couchtisch in seinem verwüsteten Wohnzimmer stand, war außerdem brandneu und nur zwei Zigaretten fehlten.

Es war schon spätabends, als er den Balkon betrat und Julien dort vorfand, die Aussicht anstarrend, einen glühenden Stängel voll Tod im Mund. Rezo biss sich leicht auf die Lippe und gesellte sich zu ihm.

Der Ausblick raubte ihm momentär den Atem. Die Sonne war am Untergehen, ihr letzter Schein golden über der Skyline zur Rechten, und das Meer zur Linken war wunderschön. Juliens Augen waren leer wie vor einer Woche, als Rezo ihn kennengelernt hatte. Starr und leblos, eisig kalt.

„Geht es dir gut?", rutschte ihm heraus.

Ju nahm einen tiefen Zug und drehte den Kopf weg, als er ausatmete, als würde er sonst Rezo mit dem Rauch vergiften.

„Ja."

Die Antwort war knapp, aber klang ehrlich. Das freute ihn, ehrlich. Dass es ihm gut ging.

„Ist alles zwischen uns okay?"

Julien drehte den Kopf wieder zu ihm und musterte ihn, wie so oft irgendetwas in seinem Gesicht suchend, was er wie so oft nicht zu finden schien. Rezo unterbrach ihn, als er zu einer Antwort ansetzte.

„Warum siehst du mich eigentlich immer an, als würdest du denken, ich verarsche dich?"

„Weil ich schon oft verarscht wurde", sagte Ju überraschend scharf. „Und ich lieber harsch als naiv bin."

Ja, das war er wohl. Harsch, damit keiner harsch zu ihm sein konnte. Dieses zuvorkommende negativ sein, um sich vor Schmerz abzugrenzen, kannte Rezo selbst sehr gut. Julien war taffer, als er wirkte. Hatte allen Anzeichen nach schon viel durchgemacht.

„Es tut mir leid", sagte Rezo aufrichtig. „Du hast es nicht verdient, dass so viel Schlechtes in deinem Leben passiert ist."

Ju schnaubte und sah wieder nach vorne, weg von ihm. Rezo hatte das Verlangen, ihn am Kinn zu nehmen und seinen Kopf zurückzudrehen, aber er tat es nicht. „Ich hab mir sehr vieles davon selbst eingebrockt."

„Bestimmt nicht alles."

„Doch, einiges", murmelte Ju. Er nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette. Seine Finger zitterten.

Rezo lehnte sich auf das Geländer. „Was ist passiert?"

Ju schnaubte wieder. „Geht dich nichts an."

Er konnte wirklich harsch sein. Harsch, abweisend und verstimmt. Rezo sah ihn von der Seite an und fragte sich, warum ihn nicht alle Welt kannte. Er und sein Sport passten zusammen wie wenig andere Dinge. Und er war so verdammt perfekt, dass es wehtat, auch mit kalten Augen und einer Zigarette zwischen den Lippen.

Auf dem Eis - JuzoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt