Elias - im Fieberdelirium

516 76 16
                                    

„Ich glaube, er hat Fieber ... schau mal, wie gerötete seine Wangen sind.", vernahm ich aus weiter Ferne eine Stimme. Ich konnte grade beim besten Willen nicht einordnen, um wenn es sich hierbei handelte. Es interessierte mich ehrlich gesagt auch gar nicht. Schlaf ... das Einzige, was ich in diesem Augenblick wollte, war einfach nur weiter zu schlafen. „Elias ...?" Jemand legte mir eine kühle Hand auf die Stirn. Gott, tat das gut. Die konnte ruhig bleiben ... aber diese nervigen Stimmen sollten endlich verschwinden und mich in Ruhe lassen ...
„Hmm ...", entkam es mir trotzdem, jetzt kratze mein Hals auch noch so fürchterlich und ich begann zu husten. „Ich glaube, er wacht auf ... wir sollten ihn dringend zu einem Arzt bringen." „Spinnst du, heute ist Sonntag!", erboste sich eine weitere Stimme. Oh mein Schädel ... kraftlos zog ich die Decke über den Kopf, in der Hoffnung, alles würde verschwinden. Wenn ich sie nicht mehr hören konnte, verschwanden sie vielleicht von selbst.
„Jetzt lasst ihn doch erstmal ...", ertönte nun eine weibliche Stimme, und die Matratze neben mir gab nach. „Wie geht's dir Bruderherz?", sprach Anna nun direkt mich persönlich an und zog dabei sanft, aber bestimmt an der Decke, die ich immer noch zu meinem Schutz fest umklammert hielt.
„Er braucht aber Medikamente!", meldete sich wieder eine kraftvolle Stimme zu Wort ... war das Alex? Nein ... das konnte nun wirklich nicht sein, was machte er auch in meinem Zimmer?
„Vor allem muss er sich ausruhen!!! Also tu uns allen einen Gefallen und verschwinden!", wurde er sogleich von einer anderen Stimme zurechtgewiesen. Das war mit großer Sicherheit Tom. Alex ... Tom ... hier???
„Wieso zum Teufel sollte ich gehen?", fauchte Alex zurück. Das Dröhnen in meinem Kopf wurde immer stärker. Hierbei musste es sich einfach nur um einen schlechten Traum handeln. Ich würde sicher gleich aufwachen. Ganz bestimmt ...
„Wieso zum Teufel solltest du bleiben?" Oh nein ... es ging weiter. Sollte man nicht angeblich Träume beeinflussen können, wenn man erst einmal wusste, dass es sich um einen Solchen handelte? ‚Mir geht es gut ... ich habe keine Schmerzen mehr ...', betete ich mir in meiner geistigen Umnachtung vor. Kurz horchte ich nach diesem armseligen Versuch in mich hinein. Mist ... schien wohl nicht geklappt zu haben. In meinem Kopf saß immer noch eine Horde Schlagzeuger und grade Death Metal Songs zum Besten gab und im Hals machte sich auch noch das Reibeisen bemerkbar. Gut, dann versuchte ich einfach mal die nervigen Leute um mich herum wegzudenken. Stille ... konnte das möglich sein? Langsam öffnete ich eins meiner Augen und sah in drei Gesichter, die mich fragend musterten. Unverzüglich war das Auge wieder zu. Oh nein ... langsam überfiel mich die Befürchtung, dass vielleicht alles doch kein Traum war. „Möchtest du irgendwas?", frage meine Schwester mich mitleidig und strich mir dabei immer wieder durchs Haar. „Schlaf ...", seufzte ich und war froh, bereits wieder wegzudämmern und so von der Realität zu flüchten.

***

„Oh Mann ... jetzt bist du schon wieder hier!", ich riss aus dem Schlaf und sah mich erschrocken um. Ich war in meinem Bett, aber wo kam nur dieses fürchterliche Geschrei her?
„Ich habe ihm nur eine Suppe gebracht."
„Die braucht er nicht und jetzt verpiss dich endgültig!"
„Sag mal, bist du seit neustem sein Wachhund oder wie? Ich glaube, ich kann hier solange bleiben, wie mir beliebt und dich geht das gar nichts an."
„Nein, ich bin nicht sein Wachhund, aber irgendjemand muss doch dafür sorgen, dass du ihn endlich in Ruhe lässt. Deine Spielchen kannst du mit jemand anders treiben, dafür ist Elias eindeutig zu gut! Wie ich schon sagte, du bist nicht gut genug für ihn!"
„Aber du, oder wie?!", kam es genauso wütend zurückgeschossen.
„Nein, das vielleicht nicht! Aber jeder andere würde besser für ihn seien, als DU!" „Wieso streite ich hier eigentlich mit einem pubertierenden Kind?" Alex strich sich durch das Haar und schloss kurz die Augen. Ich hatte die Zwei nämlich recht bald vor meiner offenen Tür entdeckt.
„Ich bin schon lange kein Kind mehr!", zischte Tom zurück. Und ich hatte eindeutig genug. Schwerfällig erhob ich mich aus meinem Bett. Verdammt war es kalt hier, eine Gänsehaut überzog meinen Körper. Ich hatte wirklich keine Lust mehr auf dieses Gekeife, so packte ich kurzerhand die Tür und schlug sie vor ihren Nasen zu. Aber die waren so mit sich selbst beschäftigt, dass sie mich nicht einmal bemerkt hatten. Dafür war hoffentlich das Knallen der Tür laut genug gewesen. Bevor auch nur einer der Herren auf die Idee kam, die Tür wieder zu öffnen, schloss ich einfach ab und schlürfte zurück ins Bett. Auf das Klopfen und das Rufen meines Namens reagierte ich erst gar nicht. Endlich Ruhe – endlich Schlaf.

Als ich das nächste Mal aufwachte, war es stockfinster und mucksmäuschenstill. Sehr erfreut über diese Tatsache, erhob ich mich aus dem Bett und ging zur Tür. Ich brauchte dringend eine Dusche. Wenigstens fühlte ich mich wieder halbwegs besser. Die dröhnenden Kopfschmerzen waren leichten gewichen und das Fieber schien auch gesunken zu sein. Nur mein Hals wollte nicht so recht und meine Nase war auch komplett dicht, aber man konnte schließlich nicht alles im Leben haben. Also schloss ich die Tür auf und schlich auf den Gang. Der Flur lag komplett im Dunkeln, nur aus dem Wohnzimmer dran gedämpftes Licht. Kurz überlegte ich, gleich nachzusehen, wer der nächtliche Störenfried war, entschloss mich aber dagegen und ging ins Bad. Die Dusche hatte eindeutig die besseren Argumente, danach hatte ich immer noch Zeit, mich meinem Übel zu stellen.

Unter der Dusche ließ ich mir alle Zeit der Welt, der heiße Stahl auf meiner Haut tat einfach nur zu gut und weckte ein paar verloren gegangene Lebensgeister. Widerwillig verließ ich die Nasszelle und ging gerade den Bademantel zuknotend ins Wohnzimmer. Der Fernseher lief leise und auf dem Sofa lag, zu meiner Erleichterung, nur meine Schwester in eine Kuscheldecke gehüllt, und schien eingeschlafen zu sein. Leise suchte ich die Fernbedienung und schaltete grade die Flimmerkiste aus, als hinter mir ein Gähnen ertönte. „Du bist ja schon wach ... wie geht's dir?", fragte sie mich total verschlafen. Lächelnd kam ich auf sie zu und setzte mich zu ihr aufs Sofa, um folgend meine Füße unter die Decke zu stecken, langsam wurde es doch etwas kühl. „Besser.", versicherte ich ihr. Sie sollte sich keine Sorgen machen müssen.
„Schön ... weißt du ... du hast dir da zwei ganz schön hartnäckige Kerle angelacht!" „Oh ... Gott ...!", stöhnte ich auf. „Hör mir bloß auf! Wie kamen die überhaupt in meine Wohnung?"
Schuldbewusst sah sie mich an und biss sich verlegen auf die Lippe. „Ich bekenne mich schuldig ... Na ja, irgendwann gegen Mittag rief Tom bei mir an, er meinte, du bist noch kein einziges Mal unten gewesen und auf sein Läuten würdest du auch nicht reagieren. Also ich dann kurze Zeit darauf mit dem Schlüssel ankam, saß Alex im Café und wollte ebenfalls wissen, wo du steckst ..."
Ihr Blick wurde immer schuldbewusster und ein scheues Lächeln huschte über ihre Lippen. „Emm ... ja ... nach dem sie mich ewig genervt hatten, ließ ich mich breitschlagen und nahm sie mit nach oben. Ich konnte ja nicht ahnen, dass sie wie zwei alte Schachteln aufeinander losgehen würden. Alex wollte dich am liebsten ins Krankenhaus verfrachten und Tom – Alex ins All schießen. Ich war nur kurz weg und als ich zurück war, musste ich erfahren, dass du dich im Zimmer eingesperrt hattest. Da hat es mir endgültig gereicht und ich hab beide vor die Tür gesetzt."
„Gut so!", lobte ich sie. „Als ich das Licht gesehen hatte, hab ich schon befürchtet die beiden würden hier auf mich warten. Oder sie hätten sich bereits gegenseitig abgeschlachtet, es war so ruhig..."
Sie lachte und setzte sich auf, um mir durch die Haare zu wuscheln. „Hey..." wehrte ich ihre Hand ab, da fiel sie mir auch schon ins Wort. „Mein Bruder – der Männerheld!"
„Gar nicht wahr!", verteidigte ich mich. Schließlich konnte ich wirklich nichts dafür.
„Was läuft da zwischen dir und Alex?", wollte Anna wissen, und streichelte, trotz meiner Gegenwehr, unbeirrt weiter mein Haar.
„Überhaupt gar nichts!", versicherte ich ehrlich.
„Ja sicher, Bruderherz! Weil so einer, wie der Römer, wegen eines Niemands, sich stundenlang von deiner kleinen Furie ans Bein pissen lassen würde, nur weil er sich Sorgen um dein Befinden macht."
Ich schwieg und ließ mir ihre Worte durch den Kopf gehen. Auch wenn ich immer noch genervt von den beiden war, beschlich mich ein schönes Gefühl. Er war wegen mir da gewesen. Schon wieder ...
„Oh ... oh ...", riss mich Anna aus meinen Gedanken.
„Was heißt hier oh oh?"
„Mein Bruderherz ist verliebt ...", stichelte sie weiter.
„Spinnst du? Wie kommst du nur auf so einen Mist?", verteidigte ich mich.
„Oh Elias ...", stöhnte sie, als hätte sie es mit einem zu tun, der auf der Leitung stand. „Du hättest deine Augen sehen sollen. So geleuchtete, wie grade eben, hatten sie nicht einmal vorhin, als du im Fieberdelirium warst. Außerdem bin ich ein Mädchen, und dafür haben wir einen sieben Sinn!", fügte sie an, als würde das jetzt alles erklären.
„So ein Schmarrn ...", winkte ich ab. „Ich glaub, ich sollte lieber wieder ins Bett, so fit bin ich dann doch nicht!", fügte ich etwas angesäuert an und erhob mich.
„Mensch Elias ... Du bist doch nicht doof ... selbst Tom hat es geschnallt und versucht, dich jetzt vor dem bösen Wolf zu schützen."
„Ja, hab ich mitbekommen. Mit dem hab ich auch noch ein Hühnchen zu rupfen. Gute Nacht..." damit verließ ich das Wohnzimmer und ging wieder zurück in mein Bett.

Er machte sich Sorgen um mich ... schoss es in Endlosschleife durch meinen Kopf. Mit einem Lächeln auf den Lippen und kloppenden Herzen schlief ich wieder ein.

Schmeiß die Cupcakes an die Wand (Capcakes 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt