Das Mondlicht schien durch mein Fenster. Meine Digitaluhr weißte mich daraufhin, dass es schon viel zu spät war. Heute Abend fiel es mir wieder besonders schwer einzuschlafen.
Ein unbeschreibliches Gefühl der Unruhe hielt mich wach. Ich konnte nicht schlafen, doch ich ahnte wer mich davon abhielt.
Ich wälzte mich aus meinem Bett und streifte mir eine Jacke über. Langsam schlich ich den Flur entlang. Ich machte mir nicht einmal die Mühe, mir irgendwelche Schuhe anzuziehen.
Sofort wehte mich die kalte Nachtluft entgegen, als ich die Tür öffnete. Keines der Häuser erhellte die Straße, nur die Laternen schenkten mir Licht.
Ich lief die Straße entlang. Alles war still. In Liverpool wäre die Nacht wohl wie der Tag. Sprach ich in meinen Gedanken.
Mein Weg führte mich zu der Brücke. Ich dachte mir nichts dabei hierher zu kommen, doch vielleicht hätte ich diesem Weg überdenken sollen.
Ausgerechnet Quinn war hier, und tollte wieder zwischen den Rosen umher. Der Mond schien hell, ich konnte mehr Details erkennen, als ich gedacht hätte.
Ein rotes Kleid. Sie trug ein rotes Kleid. Ihre Arme, ihre Beine und ihr Hals, waren deutlich zu erkennen.
Meine Beine bewegten sich von selbst. Die alte Witwe war nicht wach. Ich lief außen an der Brücke entlang und lief vorsichtig den steilen Berg hinunter.
Von oben sahen die Rosenhecken immer kleiner aus. Ich hatte Quinn aus meinem Blickfeld verloren.
Zielos striff ich durch die Hecken, welche einen Schatten auf meinem Weg warfen.
,,Was machst du hier?" Ließ mich ihre Stimme aufschrecken. Ich drehte mich um und sah sie vor mir stehen.
Wieder kreuzte sie ihre Arme, doch das brachte nichts. Riesige Narben, die sich bis zu ihren Schultern zogen. Auf diesen Narben zierten sich sogar noch violette Flecken.
Ich war wie erstarrt. Ich fragte mich, ob ich das zu verantworten hatte.
,,Ich konnte nicht schlafen. Du?" Gab ich ihr ehrlich zur Antwort.Sie mied mein Blick. Eben wirkte sie so glücklich und frei, die Kälte schien ihr nichts auszumachen, doch nun stand sie zitternd vor mir.
Ich streifte die Jacke von meinem Körper und legte sie ihr um. Trotz allem mied sie noch immer meinen Blick.
,,Ich auch nicht" Sprach sie nach einer langen Pause. Die Stille wurde unangenehmer und erdrückender.
Wenn es um Quinn ging, war alles was ich tat falsch.
,,Möchtest du darüber reden?" Sie richtete ihren Blick auf mich. Ich zeigte auf ihre Arme, welche immer noch gekreuzt waren.Panisch zog sie die Jacke an.
,,Nein" Sagte sie schon fast genervt.
,,Ist es meine Schuld?" Erkundigte Ich mich weiter. Verwirrt sah sie mich an.
,,Wie meinst du das?" Quinn kam mir entgegen. Erst jetzt fiel mir auf, dass sie größer war, wie ich.,,Weil ich doch bei dir war" Meinte ich verlegen. Sie schüttelte den Kopf.
,,Die sind noch von deinem ersten Besuch" Lächelte sie. Es schien ihr absolut egal gewesen zu sein.Ich fühlte mich abgrundtief furchtbar, dies sah sie mir auch an.
,,Du musst dich nicht schlecht fühlen, bald ist es sowieso vorbei" Wieder sprach sie Kryptischesätze.Quinn starrte mit einem Lächeln zum Himmel herauf. Ich begann eine verzärte Vorahnung zu bekommen, von was sie meinte.
,,Du möchtest keine Hilfe, oder?" Riss ich sie aus ihren Gedanken heraus.
,,Nein. Ich möchte nur in Frieden gelassen werden" Das war das erste ehrliche Gespräch, welches wir führten. Wahrscheinlich war es auch das letzte.,,Okay, dann lass ich dich in Frieden. Du kannst wieder Schwänzen, ich werde nichts sagen" Bot ich ihr an.
Sie sah verblüfft aus, als hätte sie diese Antwort nicht erwartet. Wirklich zu gefallen, schien es ihr aber auch nicht.
Ich wollte nicht gehen, doch unser Schweigen konnte ich auch nicht ertragen. Ich machte mir Gedanken darüber, was ich am besten sagen konnte, doch nichts fiel mir ein.
Mit einem beruhigenden Lächeln, wandte sich Quinn zu mir. Mit einer simplen Handbewegung, deutete sie an, dass ich ihr folgen sollte.
Der Rosengarten war wirklich wie ein Labyrinth gewesen, doch Quinn kannte sich hier perfekt aus.
,,Hat dich Miss Eleonore eigentlich schon erwischt?" Versuchte ich die Stimmung zu lockern.
,,Fast, doch ich war weg, bevor sie mein Gesicht sah" Kicherte sie leise.,,Welche Orte magst du noch?" Sie summte auf und starrte dabei in den Himmel.
,,Den alten Bahnhof" Erzählte sie.Überrascht war ich nicht. Der Bahnhof schloss vor knapp zwölf Jahren, da er aufgrund von Vernachlässigung nicht mehr einsatzfähig war. Über die Schienen zogen sich Wurzeln, Ranken und Gräser, welche nicht entfernt werden dürften. Ich wusste nicht warum, doch deshalb wurde auch ein neuer Bahnhof eröffnet. Er war in einem tollen Zustand, fast schon zu gut für dieses scheiß Kaff.
,,Ja, der alte Bahnhof ist wirklich schön" Stimmte ich ihr ehrlich zu.
,,Und deine Lieblingsplätze?" Wiederholte Quinn die Frage.
,,Ich weiss nicht, vielleicht der See" Meinte ich schulterzuckend.Sie nickte nur, wahrlich kannte sie den See nicht. Er lag etwas versteckt im Wald, in der Nähe der Polizei.
Niemand ging gern zu Polizei. Keiner von ihnen wusste auch nur ansatzweise, wie man diesen Job erledigte. Wenn man richtig schön die Arschkarte gezogen hatte, dann vethafteten sie dich auch für den dümmsten Schwachsinn schon.
Auf die Polizei konnte man sich nicht verlassen, weshalb es auch nichts gebracht hätte, Sie auf Quinns Eltern loszulassen. Sie hatten diesen Job ja nur angenommen, da dieser unterbesetz war. Wie jeder andere Job in Ashville.
Da waren sie wieder, meine Gedanken über Quinn. Ich wollte sie in Frieden lassen, doch meine Schuldgefühle, welche sich mittlerweile in Sorgen verwandelten, hielten mich davon ab.
Kein Fünkchen von Verunsicherung war in Quinn ihrem Gesicht zu erkennen. Sie führte mich problemlos aus dem Garten heraus.
Vielleicht war es unangebracht, doch ich wollte nicht ohne eine kleine Vorstellung gehen. Ich streckte ihr meine Hand entgegen, welche sie verwirrt anstarrte.
,,Ich heiße Aspen Harrington und ich ziehe bald nach Liverpool" Sofort verstand Quinn und entgegnete mir mit einem Lächeln:
,,Ich bin Quinn Crowley und ich werde bald Selbstmord begehen"
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It's Okay - I'm There For You
Romance➵ 𝐀𝐬𝐩𝐞𝐧 𝐮𝐧𝐝 𝐐𝐮𝐢𝐧𝐧 | 𝐑𝐨𝐦𝐚𝐧𝐜𝐞 Aspen kann es kaum abwarten aus der Kleinstadt Ashville, zu ihrer Mutter nach Liverpool zu ziehen. Sie hasst diesen Ort und alles was dazu gehört. Die Menschen sind alle gleich, nie passiert etwas aufr...