Kapitel 5

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Eine Weile lang saßen wir schweigend auf dem Gehsteig und ließen die Romantik eines Freitagabends unter Straßenlaternen auf uns wirken. Die Luft war irgendwie feucht und schwer, es würde vermutlich bald Regen geben.
Wakatoshi legte seinen Kopf zu Seite und sagte:"Und jetzt erklär mir doch bitte nochmal warum genau du mit einem Bier in der Hand vor unserer Volleyballhalle herumgetänzelt bist..."

Genervt sah ich ihn von der Seite an, verzog das Gesicht (teils aus Kränkung, teils weil mein Bier absolut nicht so war ich mir es entsprechend der doch ästhetisch sehr ansprechenden Verpackung ausgemalt hatte) und erwiderte: "Erstens: Ich habe nicht getänzelt sondern ich habe GETANZT. Ich nenn dich ja auch nicht Ballschupfer obwohl du im Grund genommen nichts anderes tust als gemeinsam mit ein paar anderen Idioten in der Luft nach einer Lederkugel herumzufuchteln. Zwei-..."

"Wir fuchteln nicht herum", unterbrach er mich mit todernster Miene.

"Jaja, schon gut.... Zweitens: Weil es so gar nicht ins Bild passt."

"Welches Bild?"

"Gegenfrage: Wie stellst du dir eine klassische Primaballerina vor?"

Mein Trinkpartner legte den Kopf in den Nacken und tippte mit dem Zeigefinger gegen das Blech seiner Bierdose, ehe er mir eine Antwort gab: "Naja, klassisch eben. Ein braves Mädchen, das sich gesund ernährt, sportlich, athletisch, gutaussehend, irgendwie sexy..."

Ich klatschte mir mit der flachen Hand auf die Stirn und seufzte: Typisch Mann.

"Also, erklärs mir....", forderte mich das Ass auf und stieß mich spielerisch in die Seite. Zaghaft sah ich zur Seite, geradewegs in seine olivgrünen Augen. Er grinste schelmisch in den Ecken seines Mundes und sah mich erwartungsvoll an. Ich nahm einen Schluck von meinem mittlerweile warmen Bier, sah zum Sternenhimmel hinauf und erklärte: "Abgesehen davon, dass deine Antwort die typische für einen Mann ist, trifft sie vollkommen zu. Jeder stellt sich Ballerinas immer so märchenhaft, tugendhaft und ausgeglichen vor. Wir sind in den Augen der Außenstehenden perfekte kleine Porzellanpüppchen, ohne Makel, ohne Sprung, makellos weiß und auf ewig perfekt. Unsere Körper sind stählern und grazil zugleich, sehnig und zart. Wir sind ausgeglichen und still. Ich wollte nie so sein. Ich meine natürlich wollte ich gut trainiert und graziös zu gleich sein, aber ich wollte nie in diese Schablone hineingedrückt werden. Es ist nicht leicht in dieser Welt zu überleben und dort seinen Weg zu machen - im Gegenteil, es ist die reinste Hölle. Aber gerade die Tatsache, dass ich es mir mit meinem Nicht-In-Die-Vorstellung-Passen noch schwerer mache, macht die Sache für mich noch interessanter. Ich habe den Klischees vor langer Zeit den Kampf angesagt um zu beweisen, dass man nicht perfekt sein muss um Ballerina zu sein. Ich liebe das Tanzen, ich brenne dafür, aber ich liebe auch das Leben."

Wakatoshi schwieg, trank den letzten Schluck aus seiner Bierdose und stand auf. "Es wird bald regnen. Steh auf, ich begleite dich zurück zu Schule", war alles was er sagte.

Mir fiel wieder die Kinnlade herunter - wozu zum Geier hatte ich gerade diesen zweiminütigen Monolog gehalten?

"Wie jetzt? Das wars? Kein Kommentar?"

"Wolltest du, dass ich einen Kommentar abgebe?"

"Tja nachdem ich mir die Mühe gemacht habe und es dir nochmal erklärt habe..."

Er kicherte. ER KICHERTE. Wakatoshi Ushijima KICHERTE!

"Was kicherst du so?"

Er winkte ab, drückte die Blechdose zusammen und warf sie in den nächsten Mülleimer. Auf einmal wurde er wieder ganz ernst und sagte kaum hörbar: "Wir sind uns so unglaublich ähnlich."

Verdattert sah ich ihn an, ehe er mir meine Dose aus der Hand nahm, sie zerquetschte und mir bedeutete ihm zurück zur Schule zu folgen.

In diesem Moment wusste ich, dass ich diesen Menschen unheimlich interessant fand.

Spitzentanz - A Haikyu!! FanFictionWhere stories live. Discover now