Wakatoshi begleitete mich bis zur großen Pendeltüre, die den Eingang zu meinem Wohnheim markierte. Er hatte beide Hände in den Taschen seiner Trainingsweste vergraben während er hoch gen den Sternenhimmel sah. "Bis bald, Mona Akayama", sagte er und wandte sich um. Ich sah ihm eine Weile nach und murmelte eher für mich als für ihn: "Bis bald, Wakatoshi Ushijima."
Langsam schritt ich durch den langen Gang im zweiten Stock des Internatsgebäudes und dachte über meinen Abend mit Wakatoshi nach. Er wirkte auf dem Spielfeld immer so stoisch, als ob kein Wässerchen ihn trüben konnte. In den letzten beiden Stunden hatte er auf mich allerdings einen ganz anderen Eindruck gemacht, geradezu verträumt hatte er geschienen als er mit der Bierdose in der Hand auf den noch warmen Asphalt der Straße gestarrt hatte und mit mir über mein Dasein als Bier trinkende Ballerina sinniert hatte. Ich wusste nicht so recht was ich von ihm halten soll - auf alle, inklusive mich, wirkte er immer wie dieser unzugängliche Muskelprotz, zu beschäftigt mit seinen Volleybällen um sich auch nur für irgendetwas anderes außer sich selbst zu interessieren. Vielleicht steckte hinter all den Sehnen, den Muskeln und der ernsten Miene ein ziemlich verpeilter und verträumter junger Kerl, der auch nur irgendwie versuchte seinen Weg zu machen?
Es war schon spät, und weil ich nicht wusste ob Aoi nach Hause gefahren oder ausgegangen war, versuchte ich mich so leise wie möglich in unser Zimmer zu stehlen. Vor der Tür sah ich auf die Uhr: 23:30 Uhr - zu spät für sie um erst zu gehen, zu früh um wieder zurück zu sein, meine Chancen auf ein gähnend leeres Zimmer zu treffen, standen also insgesamt gar nicht so schlecht. Sachte drehte ich den Schlüssel im knackenden Schloss um und öffnete die Türe einen Spalt weit. Mit meiner Handytaschenlampe leuchtete ich zaghaft ins Zimmer hinein: Es schien niemand da zu sein. Bestärkt in der Annahme heute alleine zu Bett zu gehen stieß ich die schwere Türe weiter auf und versuchte gleichzeitig meine Sporttasche ins Zimmer zu bugsieren, als ich einen Schrei vom anderen Ende des Zimmers hörte.
"AAAAAHHHH! Wer auch immer das ist, geh raus aus meinem Zimmer!"
Ich schrak zusammen, ließ die Tür ins Schloss und meine Sporttasche zu Boden fallen. Dann atmete ich tief durch und schaltete das Licht an. Da saß sie, meine Zimmergenossin, in einem Berg aus Decken, zusammengekauert wie ein kleiner Igel zum Winterschlaf in der hintersten Ecke ihres Bettes. Ihre Haare standen ihr wie wild zu Berge und sie rieb sich schlaftrunken die Augen. Sie zielte mit einem Kissen auf mich, als wollte sie mich damit bewerfen.
"Aoi komm doch mal runter! Ich bins, Mona!"
Sie senkte das Kissen, gähnte und antwortete: "Was machst du denn noch auf? Wie spät ist es? Hättest du nicht vor Stunden zurück sein sollen?"
"Ich habe länger trainiert...", log ich und wandte mich ab um meine Sporttasche auszuräumen.
Skeptisch sah sie zuerst ihr Handydisplay und dann mich an. "Länger trainiert? Bis halb zwölf Uhr abends?"
Ich konnte bereits spüren wie ich rot wurde und stammelte zur Antwort: "Naja... Also... Ich....Ähhh" Ich konnte eben nur eine Person wirklich gut anlügen.
"Raus mit der Sprache, was hast du getrieben?", mittlerweile saß sie aufrecht wie ein kleiner Zinnsoldat in ihrem Bett und sah mich mit neugierigem Blick an. Jetzt gab es kein Entkommen mehr....
Ich versuchte es so belanglos wie möglich klingen zu lassen als ich antwortete: "Ich habe ein Bier getrunken...."
"Alleine?"
"Nein?"
"Mit wem?"
"Mit gar niemandem..."
So schnell konnte ich gar nicht schauen stand die vorher noch ach so müde Aoi habt Acht neben mir und beäugte mich wissbegierig von der Seite. Ich versuchte ihrem Blick auszuweichen und gab so en passant wie es mir möglich war zurück: "....mit Wakatoshi Ushijima."
Ihr fiel die Kinnlade zu Boden und sie musste sich auf ihr Bett setzten. Sie schüttelte wie wild den Kopf und sah mich ungläubig an. "Wie? Mit dem Volleyball-Ass Wakatoshi Ushijima?"
"Kennst du etwa noch einen?", fragte ich sie mit sarkastischem Unterton in der Stimme.
"Langsam, langsam! Warum trinkt der denn bitte mit dir ein Bier?"
"Er hat mich im Supermarkt getroffen, nach dem Ballettunterricht, und hat mich dabei erwischt wie ich Bier kaufen wollte."
"Und da hat er sich auch ein Döschen geschnappt und sich einfach zu dir gesellt?"
"Ja so in etwa..."
Sie schüttelte wieder den Kopf und seufzte.
"Was?"
"Nichts. Ich wundere mich nur, der Typ ist mir ein absolutes Rätsel."
"Nicht nur dir..."
Jetzt roch sie einen Braten der zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal im Ofen war: "Läuft da etwa was zwischen euch?" Sie grinste schelmisch und zog immer wieder die Augenbrauen auffordernd hoch.
"Nein, natürlich nicht! Was denkst du denn? Dass ich jetzt einfach so den Star unserer Schule date?"
"Könnte ja sein.... Immerhin scheint er dich ja für feucht-fröhliche Abenteuer zu missbrauchen....", gluckste Aoi vor sich hin. Zum Dank bewarf ich sie mit einem Kissen.
Wir beendeten die Konversation klassisch girly-mäßig mit einer Kissenschlacht, bevor ich mich völlig k.o. in mein Bett fallen ließ und noch in meinen Sportsachen einschlief.
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Spitzentanz - A Haikyu!! FanFiction
FanfictionMona Akayama ist eine Schülerin im zweiten Jahr der Shiratorizawa Akademie und sozusagen nebenberuflich insgeheim Ballerina. Als sie mit einer Bierdose in der Hand ihre Pirouetten in der Nähe einer der Sporthallen dreht, wird jemand ganz besonderes...