Kapitel 8

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Es war Dienstagnachmittag als ich Wakatoshi wiedersah. Ich stand gerade im Gang der Drittklässler, warum weiß ich nicht mehr genau, und bemerkte aus dem Augenwinkel, dass mir jemand zuwinkte. Da stand er, in dem hellblauen Hemd, das Teil unserer Schuluniform war, die Krawatte schon leicht gelockert lässig um seinen Hals, mit einem dezenten Lächeln auf den Lippen. Ich zuckte zusammen, sah hinter und neben mich - da stand niemand, er musste wohl mich meinen. Die schon leicht tief stehende Nachmittagssonne flutete den Gang mit ihrem gleißenden Licht und warf meinen Schatten gegen die Wände der Klassenzimmerfronten, als ich langsam und tatsächlich etwas zaghaft (was eigentlich nicht so wirklich zu mir passte) auf Wakatoshi zuging. Er stand im Türrahmen seines Klassenzimmers, hinter ihm rumorte es und ich konnte den rothaarigen Mittelblocker des Volleballteams, Satori Tendo erkennen, der irgendetwas auf die Tafel zu kritzeln schien.

"Hallo, Mona", sagte Wakatoshi. Das Lächeln war aus seinem Gesicht verschwunden als ich vor ihm stehengeblieben war, und ich wunderte mich, was das wohl zu bedeuten hatte.

"Sind wir schon beim Vornamen?", fragte ich.

"Wir haben ein Bier gemeinsam getrunken", erwiderte er stoisch.

"Ja und weiter?", ich verschränkte die Arme vor meiner Brust.

"Wenn wir nach dieser Aktion nicht beim Vornamen sind, bin ich mir nicht sicher, was wir noch gemeinsam tun müssen."

Ich wurde krebsrot - wusste er eigentlich was er gerade gesagt hatte? Mir schien nicht, denn er behielt seine ausdruckslose Miene bei, ohne auch nur die Nase zu rümpfen.

"Na schön, Wakatoshi."

"Gut."

Es herrschte eine kurze Weile lang Stille, ich wusste nicht so recht worüber ich mich mit ihm unterhalten soll. Wir hatten einander zwar außerhalb der Schule näher kennengelernt, aber in diesem "professionellen" Umfeld musste ich mich erst vortasten.

"Also...", fing er schließlich an.

"Also.....", sagte ich darauf.

"Bis dann", er drehte sich geschmeidig wie eine Katze aus dem Türrahmen um ins Klassenzimmer und ließ mich verdattert stehen. Was zum Geier war gerade passiert? Hatte er mich gerade ernsthaft einfach stehen lassen? Ohne auch nur die geringste Frage zu stellen? Ziemlich verwirrt wandte ich mich von seinem Klassenzimmer ab und ging hinunter in Richtung meines Klassenzimmers. Die Situation gerade war ja mal so etwas von dermaßen komisch gewesen.....

"Was ist denn mit dir passiert?", fragte Aoi, als ich mich auf dem Platz neben ihr niederließ.

"Ach nichts... Ich hatte nur gerade ein etwas merkwürdiges Tête-à-tête mit jemandem..."

"Mit wem denn?"

"Nicht so wichtig."

"Raus mit der Sprache! Oh war es etwa ein Junge?!", quietschte sie aufgeregt.

"Ssschh", fauchte ich sie an, "soll es die ganze Shiratorizawa hören?"

"Sag schon!"

Im selben Moment kam unserer Lehrer für die nächste Stunde herein und wir waren, Gott sei es tausendmal gedankt, gezwungen unsere Unterhaltung zu vertagen. Aoi versetzte mir noch einmal kurz einen Stoß in die Seite, woraufhin ich sie fragend ansah. Sie quittierte den Blick mit hochgezogenen Brauen und bedeutete mir mit der Sprache herauszurücken. Ich verdrehte die Augen und schrieb auf einen Zettel, den ich ihr wortlos hinschob "Ich erzähl es dir später".
Aoi gab daraufhin Ruhe, aber meine Gedanken kreisten immer noch um die fünf Minuten, die ich Wakatoshi gegenübergestanden war. Warum hatte er nichts gesagt, außer "Hallo" und "Bis dann?"? War er schüchtern? Oder war er wirklich der gefühllose Sack Reis, für den ihn immer alle hielten? Ich beschloss den Gedanken einstweilen zu verwerfen, so richtig gelingen wollte mir das allerdings nicht....

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⏰ Last updated: Feb 25, 2023 ⏰

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Spitzentanz - A Haikyu!! FanFictionWhere stories live. Discover now