Kapitel 5

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Hermines Sicht

Wir hatten schon viel zusammen erlebt. Dennoch wusste Ron einfach nicht, wann es genug war.

Auf dem Weg zum Unterricht brabbelte er unaufhaltsam Entschuldigungen herunter. Dass wir von allen angestarrt wurden machte mir nichts aus, aber war es zu viel verlangt kurz durchschnaufen zu wollen?

Der Schock saß mir noch tief in den Knochen. Ich konnte das Bild nicht aufhalten. Die Gabel hatte fast meine ganze Hand durchbohrt. Zum Glück hatte Malfoy geholfen.

Wie sich das anhörte! Malfoy musste mir helfen. Niemals hätte ich das gedacht. Dennoch war ich dankbar, dass er mir die Schmerzen genommen hatte. Das hatte mich aus meiner Starre gerissen.

Auch wenn es Einbildung war, ich konnte sie noch spüren. Die Gabel. Wie sie fast meinen Knochen.. Mich schüttelte es.

Ich zog den Umhang enger um mich und beschleunigte meine Schritte.

„Mine, ich wollte das wirklich nicht! Bitte rede mit mir. Mine, es tut mir so leid", Ron konnte mit meinem schnellen Gang locker mithalten.

Ginny und Harry hatten wir wohl leider abgeschüttelt. Ansonsten wäre sie mir bestimmt zu Hilfe geeilt und hätte ihren Bruder zum Schweigen gebracht.

„So ein Trottel", hörte ich Parkinson leise lachen als wir laut in das Klassenzimmer stürmten.

Ich ignorierte Malfoys Gefolgschaft.

Bewusst setzte ich mich in die erste Reihe und kramte meine Bücher heraus. Hoffentlich schüttelte ihn das ab.

Vor Professor McGonagall hatte Ron furchtbaren Respekt - vermutlich noch mehr nach seiner Aktion heute. Das war auch der Grund, weshalb er sich gerne hinter anderen Mitschülern versteckte.

„Mine, bitte verzeih mir. Kann ich etwas für dich tun?", setzte er sich neben mich.

Tief durchatmen, Hermine. Ron ist dein Freund. Du weißt ganz genau, dass er dich nicht verletzen wollte.

„Okay. Ähm. Es tut mir wirklich leid", in seinen blauen Augen sah ich die Verzweiflung.

„Ron, ich habe dir schon verziehen. Gib mir doch einfach etwas Ruhe, damit ich das verarbeiten kann", antwortete ich ihm so ruhig ich konnte.

„Klar, dann setze ich mich zu Harry nach hinten", lächelte er erleichtert.

Puh, ich atmete tief aus.

Die Ruhe dauerte leider nicht lange an.

Als ich meine Notizen zu „Geschichte der Zauberei" öffnete setzte sich ausgerechnet Malfoy neben mich.

Und das Schlimme: Ich musste nicht einmal aufsehen um zu wissen, dass er es war. Sein Geruch war eindeutig genug: Apfel, Pfefferminz mit einem Hauch Zimt..? Und da war noch etwas.. Trug er Aftershave?

Hermine, reiß dich sofort zusammen! Du hast gestern schon wegen ihm den Stoff verpasst und die Stunde heute baut vermutlich darauf auf. Ich konnte nur hoffen, dass die Sitzung in der Bibliothek ausreichend war. Ginnys Notizen waren nicht zu gebrauchen gewesen.

„Möchtest du etwa prahlen, was für ein Held du doch bist?", ließ ich meinen Frust an ihm aus.

Gut, er hatte es zwar nicht verdient und ich war vermutlich gerade sehr unfair.. aber es war Malfoy. Und ich wollte mich nur auf den kommenden Unterricht konzentrieren.

„Gern geschehen, Hermine", lachte er nur und leckte sich über die Lippen.

Die Lippen, die mich geküsst hatten. Was ein Kuss es gewesen war. Seine Zunge hatte meine ganz sanft geneckt.

Wie gebannt starrte ich ihn an.

Heute trug er kein Gel in den Haaren, sodass seine blonden Strähnen ihm in die Stirn fielen und ihm etwas Freches verliehen.

Der grüne Pullover saß eng an seinen..

Scheiße! Analysierte ich gerade Malfoys Aussehen?

„Ich liebe es wie deine Wangen sich färben, wenn du mich ansiehst", sprach er leise.

„Das nennt sich Rouge, Malfoy", verteidigte ich meine Würde - natürlich mit heißen Wangen.

„Netter Versuch, meine Süße. Wir wissen beide, dass du kaum geschminkt bist", unbeeindruckt musterte Malfoy mich weiter.

Sein intensiver Blick machte mich ganz verrückt.

Meine Finger zitterten als ich das schwere Buch packte und ihm damit auf die Schulter schlug.

„Ich bin nicht deine Süße!"

Er lachte laut auf. „Bald, Hermine. Sehr bald wirst du meine Süße sein. Schwach ausgeführter Schlag. Ich habe das Gefühl, du wolltest mich gar nicht verletzen."

Seine grauen Augen bohrten sich in meine.

„Meine Damen, meine Herren, wären Sie so freundlich mir Ihre Aufmerksamkeit zu schenken?", tauchte Professor McGonagall plötzlich direkt am Pult auf.

Ihre Stiefel klackerten als sie nach der Schreibfeder griff. Mit einem strengen Blick musterte sie uns und rückte sich dabei ihre Brille zurecht.

Endlich!, erleichtert zückte ich ebenfalls meine Feder und wartete gespannt auf ihre nächsten Worte.

„Kann mir jemand erklären warum Muggel Mythen über Werwölfe berichteten?"

Mehr bekam ich leider nicht mit, denn Malfoy war so nahe an mich gerückt, dass sein Oberschenkel sich gegen meinen presste.

Ich musste schlucken.

Seine Nähe machte mich nervös.

Hermine! Konzentrier dich auf den Unterricht und deine Karriere!

Puh, ausatmen.

Ohne den Blick von Professor McGonagall zu wenden trat ich Malfoy fest auf den Fuß.

Ihm entwich ein leises Zischen.

Glücklich folgte ich den Erzählungen von unserer Schulleiterin. Mein Umfeld blendete ich dabei komplett aus.

Meine Feder flog über das Pergament, um jedes ihrer Worte einzufangen.

Ich war in meinem Element und konnte nicht genug über die Hintergründe von Werwölfen hören und wann sie erstmals in der Geschichte schriftlich auftauchten.

„Hermine, mein Tintenfass ist leer. Wärst du so gnädig deines in die Mitte zu schieben?", fragte Malfoy unschuldig.

Da ich keine Lust hatte lange von ihm abgelenkt zu werden schob ich es einfach rüber.

„Danke, Süße."

Einfach ignorieren, befahl ich mir und folgte wieder dem Unterricht.

„Ich finde es faszinierend welch Begeisterung du für die Vergangenheit aufbringen kannst", flüsterte Malfoy plötzlich direkt an meinem Ohr.

Vor Schreck zuckte ich zusammen.

„Deine Augen haben dieses Leuchten, wenn du dich in ein Thema vertiefst.. Oder wenn unsere Blicke aufeinander treffen."

Eine Gänsehaut lief mir über den Rücken.

„Am liebsten würde ich dich jetzt küssen."

Ungewollt beschleunigte sich mein Puls.

„... in welchem Jahr?", riss mich Professor McGonagalls Stimme aus meinen Malfoy-verruchten Gedanken.

Hatte sie etwa mir eine Frage gestellt? Panik überfiel mich, da ich den Anfang nicht gehört hatte.

Ihr sonst milder Blick mir gegenüber war hart. Sie wusste genau, dass ich nicht zugehört hatte.

Wie peinlich!

„1920", flüsterte Malfoy leise.

Ohne nachzudenken wiederholte ich Malfoys Antwort laut.

Sie kniff ihre dünnen Lippen zusammen. „Danke, Mr. Malfoy."

Am liebsten wäre ich vor Scham im Boden versunken. Ich musste mir von Malfoy helfen lassen eine Frage zu beantworten, da ich wegen ihm nicht aufgepasst hatte.

Love made by a fool's potionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt