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PoV. Minho | Ich renne eilend zu Jisungs Zuhause, da ich mit ihm dringend sprechen muss. Gerade eben ist etwas passiert, was ich gerade nicht allein verarbeiten kann. Ich humpele weiter, da meine Schmerzen einen gewöhnlichen Gang im Moment ganz und gar nicht zulassen wollen. Ich atme schwer aus Panik. Gleichzeitig steigt mir die Angst auf, dass Jisung vielleicht nicht zu Hause ist. Die Chance wäre hoch, dass ich Taesung auffinde, allerdings muss ich Jisung sprechen, da es ihm auch betrifft.

Nun komme ich vor seiner Haustür auf. Schweratmend kniee ich mich hin und versuche mich zunächst aufzuraffen, indem ich tiefe Atemzüge zu mir nehme. Bei dieser Erschöpfung und bei diesen Schmerzen frage ich mich, wie ekelhaft ein Mensch sein kann. Und er hat mir schon das Leben genug zur Hölle gemacht. Ich hoffe, dass Jisung und ich auf weiterbringende Lösungen kommen werden.

Ich klingele und warte ab.

Ich versuche mir, die Tränen zu verkneifen, denn die letzten Tage und Monate habe ich schon genügend Flüssigkeit verloren – es muss nicht unbedingt mehr sein. Ich habe schon Angst davor, aus Versehen Jisung anzuschreien, da ich mit emotionalem Überschuss des Weiteren nicht umgehen kann – habe ich zu viel davon, muss es auf jeden Fall irgendwo raus. Deswegen habe ich überhaupt mit den Briefen angefangen, die jetzt bei Jisung gelandet sind. Wie dankbar ich meinem Schicksal doch bin, dass er meine Worte erhalten hat.

Ich wollte ein weiteres Mal klingeln, doch plötzlich öffnet Jisung die Tür, welcher mich mit einem sanften Lächeln mustert: ,,Uhm hey.. du bist ziemlich von der Puste. Ist alles in Ordnung bei dir?"  Ich schaue zu ihm auf, ehe ich ehrlich antworte: ,,Ich bin wirklich froh darüber, dich zu sehen. Mir ist gerade etwas passiert, was ich unbedingt mit dir teilen muss. Hast du Zeit?" ,,Minho.. ich habe alles Zeit der Welt für dich. Komm, ich mache uns Kaffee und dann setzen wir uns an meinen Balkon." schlägt Jisung vor, welcher anschließend nach meiner Hand greift. ,,Hast du eventuell ein Feuerzeug? Ich glaube, ich habe es auf dem Weg hierhin verloren." frage ich direkt und wirke dabei ein wenig ungeduldig. ,,Bestimmt, aber wenn nicht, dann ich dir einen Vape geben, wenn du das genau brauchst." ,,Danke..."

Irgendwann haben wir es uns auf den Sitzen bequem gemacht. Jisung ist schnell aufgefallen, dass ich humpele und hat mir deshalb ein Kühlkissen besorgt. Ich nehme das Feuerzeug von Jisung und zünde mir die Kippe an, Ich hasse es, dass ich damit nicht vollständig aufhören kann, doch was soll ich tun, wenn mir im Moment des Weiteren so viel Scheiße passiert?

,,Was ist denn eigentlich passiert?" fragt mich Jisung besorgt und trinkt anschließend einen Schluck seines Kaffees. Ich ziehe einmal stark, um runterzukommen. Ich schließe meine Augen und hole einmal so Luft, um schlussendlich beichten zu können:

,,Jeongin hat mir gedroht gerade..."

,,Gedroht? Wie gedroht?" fragt Jisung und schreckt dabei auf, indem er seinen Kaffee auf den Tisch stellt und er sich daraufhin vor mich hinkniet, um nach meiner Hand zu greifen. Ich bin ihm dankbar dafür, dass er sich so sehr für mich einsetzt. ,,Ich blieb in der Schule ein wenig, um etwas für die Schule nachzuarbeiten. Jeongin blieb wohl auch in der Schule und als er mich zu Gesicht bekommen hat, hat er mich konfrontiert. Es war am Eingangstor der Schule: Ich wollte mich auf dem Weg nach Hause machen, doch dann drückte er mich an die Wand und meinte, dass er uns beide beim Küssen gesehen hat." erzähle ich los und ich merke, dass ich so stark am Zittern bin, dass mir die Kippe von meinen Fingern abrutscht.

Jisung hebt diese auf und legt sie erstmal auf den Aschenbecher, ehe er mich besorgt fragt: ,,Wie? Er hat uns Küssen gesehen? Und was ist dann passiert?" ,,Naja.." murmele ich vor mich hin: ,,Er hat von uns Fotos gemacht und... er hat mir damit gedroht, die Bilder überall rumzuschicken und zu behaupten, ich hätte ihn mit dir betrogen, wenn rauskommt, dass er mich vergewaltigt hat. Seine Begründung, wieso man ihm mehr glauben würde, ist die Sache mit seinen Drogenproblemen und dass er Bilder hat, anders als wir mit unseren Briefen." Ich merke, wie ich dabei immer panischer werde. Er würde dabei automatisch Jisung mit in die Sache reinziehen und das hat er absolut nicht verdient.

Er hat wirklich viel für mich getan und es wäre eine Schande, wenn er schlussendlich meinetwegen leiden muss.

,,Ach du Scheiße.. was ist falsch mit den Typen? Ich meine... wieso macht er sich die Mühe, uns das Leben zu Hölle zu machen, wenn wir ihn mit paar kleinen Schritten ins Jugendgefängnis katapultieren könnten? Ich meine... was haben wir da schon zu verlieren. Und es wäre logisch, dass man uns eher glauben würde als ihm. Insbesondere, weil es sich hier um eine Vergewaltigung handelt. Unzählige Vergewaltigungen. Wir müssen andere Menschen vor ihm schützen und deswegen ist es wichtig, ihn bei der Polizei zur Rede zu stellen, damit er das bekommt, was er verdient. Wie gesagt, Minho: Wir haben absolut nichts zu verlieren" redet Jisung vor sich hin, während ich meinen Kopf immer weiter nach unten hängen lasse.

,,Hey.. Minho.. was ist denn los?" fragt Jisung mit einem schmollenden Gesicht. Aus meinem Mund erklingt ein leises Seufzen, ehe ich so vot mich hinrede: ,,Ich habe es verstanden... ich reagiere wahrscheinlich wieder über, denn Jeongin kann uns nichts anhaben... vor allem nicht, wenn er im Gefängnis ist." ,,Minho.." unterbricht mich Jisung direkt und verschränkt seine Hände dabei mit meinen.

,,Das sollte nicht klingen, als würde ich deine Gefühle invalidieren. Was ich damit sagen sollte, ist, dass wir uns in Sicherheit bringen sollten. Auch wenn es ein großer Schritt ist und du dich erstmal überwinden musst: Ich werde bei dir bleiben und dich bei jeder Kleinigkeit unterstützen, wenn du es brauchst. Wenn du Jeongin anzeigen willst, dann machen wir dies zusammen. Wenn du zur Audition gehen willst, dann bin ich Vorort deine emotionale Unterstützung. Wenn du etwas tun willst und du dabei jemanden bei dir brauchst, kann kannst du dich jederzeit an mir wenden. Ich bin für dich da, egal, welchen Weg du gehen willst, versprochen!" will mir Jisung klarmachen und drückt mir anschließend einen kurzen Kuss auf die Lippen, welcher mich vor allem in Verlegenheit bringt – wenn schon seine schnulzigen Worte nicht genügen.

,,Danke Jisung.. das schätze ich wirklich sehr. Ich danke, dass du so sehr hinter mir stehst. Ich glaube, du hast recht: Wir sollten wirklich handeln, bevor Jeongin auf freiem Fuß größeren Schaden anrichtet. Lass uns einen Plan schmieden, wie wir das am besten tuen. Vielleicht nicht heute, aber in den nächsten Tagen, denn jetzt will ich gerne kuscheln. Können wir das machen?" von mir. Dabei schaue ich Jisung mit einem Hundeblick an – auch, wenn ich Katzen definitiv bevorzuge.

,,Na klar doch. Wir denken uns einen Plan aus und dann schicken wir ihn in den Knast. Doch zuerst genießen wir die Zeit für uns." antwortet Jisung und zieht mich mit hoch. Gemeinsam betreten wir sein Zimmer und schließen die Balkontür, ehe wir uns auf sein Bett schmeißen, um miteinander zu kuscheln.

ᴇx ᵐⁱⁿˢᵘⁿᵍ ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt