Kapitel 8

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Jeongguks Sicht:

Mit voller Wucht wurde ich aus dem Portal geschleudert und knallte gegen eine Wand, ohne mich irgendwo festhalten zu können. Ich keuchte vor Schmerzen und rutschte augenblicklich zu Boden, weil ich meinen Rücken nicht mehr spürte. Vielleicht hätte ich nicht durch das Portal rennen sollen. Dann wäre die Ankunft weniger Schmerzhaft geworden. Das Portal verschwand vor mir und nun saß ich allein in einer dunklen Wohnung, die von nun an mir gehörte. Die Vorhänge waren zu gezogen und ich konnte dadurch bloß die Umrisse der schwarzen Möbel erkennen, die ich mir irgendwann aussuchen durfte.

Ächzend stand ich vom Boden auf und ignorierte die Rückenschmerzen. Ich lief zum Fenster und schob die Vorhänge zur Seite. Die Sonne blendete mich etwas, aber ich schaute mit zusammengekniffen Augen raus, die ich jedoch nach wenigen Sekunden aufriss. Mein Mund klappte auf, weil ich es eigentlich gewohnt war, unseren botanischen Garten auf Custos zu sehen, wenn ich aus dem Fenster schaute. Aber gerade sah ich nichts anderes als ein großes hellbraunes Hochhaus und eine belebte Straße. Ich blinzelte mehrmals und presste mein Gesicht fast in Glas, um nach unten zu schauen. Mehrere Autos, in verschiedenen Farben, fuhren vorbei und die Menschen hier trugen nicht nur weiß.

Ich kam vom Staunen gar nicht mehr heraus und wollte unbedingt rausgehen, um alles zu erkunden. Aber dann realisierte ich, dass ich keinerlei Ahnung hatte, wo ich war. Mir war bloß klar, dass ich in der Hauptstadt Seoul in Südkorea war. Puma hatte sich ja geweigert, mir irgendwas anderes zu erzählen. Ich entfernte mich vom Fenster und wühlte in meiner Hosentasche, um den Wohnungsschlüssel herauszuholen. Wenn ich mir merkte, wie das Mehrfamilienhaus aussah, sollte ich doch irgendwie zurückfinden.

Entschlossen verließ ich das Wohnzimmer, in dem eine große schwarze Couch, ein Couchtisch und ein Bücherregal stand. Ich betrat den leeren Flur und schaute zu Boden, da diese grauen Marmorfliesen echt schön waren. In meinem alten Zimmer war der Boden bloß aus hässlichem Beton, der weiß angestrichen wurde. Ich ging auf die dunkelgraue Wohnungstür zu und öffnete diese. Zögerlich setzte ich einen Schritt nach dem anderen und schloß die Wohnungstür hinter mir. An der gegenüberliegenden Wand wurde eine große blaue Fünf gemalt, um uns wahrscheinlich mitzuteilen, dass wir im fünften Stock sind. Es gab sogar einen Aufzug!

Neugierig stellte ich mich vor diesen und drückte den Knopf, der auf dem silbernen Metallrand des Aufzugs installiert wurde. Dieser fing zu leuchten, nachdem ich ihn berührte. Mehrere Sekunden wartete ich geduldig, bis sich die Türen öffneten und erschrak mich etwas, als ich mich im Spiegel sah. Wieso hatten sie Spiegel in einem Aufzug? Im Internat hatten wir kaum Spiegel, weil es keine Rolle spielte, wie wir aussahen. Wir trugen alle die selbe weiße Kleidung und mussten uns für niemanden hübsch machen. Jedoch wurden wir darüber aufgeklärt, dass das Aussehen auf der Erde eine große Rolle spielte. Das war im Moment auch egal. Ich stellte mich in den Aufzug und mied es in den Spiegel zu sehen, weil ich es komisch fand, mich selbst betrachten zu können. Ich drückte den Knopf mit der Null und die Türen schlossen sich daraufhin. Nervös musterte ich jeden Winkel in dieser Blechbox und bekam fast einen Herzinfarkt als ein lautes Klicken ertönte und der Aufzug sich bewegte.

Augenblicklich hielt ich mich an den Stangen hinter mir fest und hoffte inständig, dass er nicht abstürzte. Die Fahrt ging nicht lang, aber das war mir schon genug. Ich musste mich mit dem Blechteil auf jeden Fall noch anfreunden. Mit eiligen Schritten ging ich aus dem Aufzug und blieb erstarrt stehen, weil ein älterer Herr an den Briefkästen stand, die rechts an der grauen Wand hingen. Sollte ich ihn begrüßen? In der selben Sekunde drehte sich der ältere Mann zu mir um und lächelte mich an. Automatisch lächelte ich auch und begrüßte ihn freundlich.

"Oh, was sind Sie denn für ein hübscher Kerl? Auch noch so freundlich und Muskeln haben Sie auch. Haben Sie ihre feste Freundin besucht?", machte er mir Komplimente, was mich etwas aus der Bahn warf, aber ich behielt mein Lächeln auf dem Gesicht.

Guardian | JikookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt