Kapitel 17

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Jimins Sicht:

Dieser dumme Vollidiot. Ich dachte, dass ich seine Gefühle verletzt hatte und fühlte mich die ganze Zeit schlecht, während er sich irgendeine Frau klärte und sich gestern eine schöne Nacht mit ihr machte. Ich war so sauer auf mich, weil ich mir diese Blöße gegeben hatte und mich bei ihm entschuldigte, während in seiner Wohnung eine hübsche Frau herumsprang. Die Situation war einfach nur peinlich. Selbst am nächsten Morgen regte ich mich darüber auf und konnte kein Auge zudrücken, weil ich so aufgebracht war. Seit dem dieser komische Kerl in mein Leben trat, ging alles drunter und drüber.

Genervt saß ich im Schneidersitz auf der Couch und schlürfte an meiner Kaffeetasse, während ich missbillig das weiße Regal anstarrte, welches auf dem Boden lag. Ich war einfach zu müde, um mich darum zu kümmern. Wieso musste das Ding auch runterfallen? Nein, das Regal konnte nichts dafür. Er hätte einfach seine blöde Klappe halten sollen! Genau, das war es. Er trug die Schuld an unserem Streit und trieb mich dazu, so gemeine Dinge zu sagen!

"Ich stehe in deiner Schuld, Jeongguk. Falls du jemals Hilfe brauchst, kannst du gerne bei mir vorbeikommen. Ich empfange dich mit offenen Armen", hörte ich plötzlich eine weibliche Stimme aus dem Treppenhaus und sah in den Flur.

Einen kurzen Moment blieb ich auf meinem Platz sitzen, jedoch führte mich die Neugier zu meiner Wohnungstür. Wenn Leute im Treppenhaus miteinander sprachen, hörte man alles in seiner eigener Wohnung. Anfangs nervte es mich. In diesem Fall war es ein reiner Vorteil. Ich presste mein Ohr an das Holz und kam mir etwas erbärmlich vor, meinen Nachbarn auszuspionieren. Aber was für eine Wahl hatte ich denn? Dieser komische Kerl verfolgte mich die letzten Tage. Ich musste für meine eigene Sicherheit herausfinden, was der Typ für Probleme hatte!

"Du stehst nicht in meiner Schuld. Wenn ich dir nicht geholfen hätte, dann wäre es jemand anderes gewesen", sagte Jeongguk in einem merkwürdigen Ton.

"Nein, meine Nachbarn haben unsere regelmäßigen Streitereien gehört und meine ganzen blauen Flecke gesehen... und ignorierten es einfach. Heutzutage denken die Menschen nicht daran, anderen zu helfen, weil sie selbst keine Probleme haben wollen", erwiderte die Frau verbittert.

Ein mulmiges Gefühl breitete sich in meinem Magen aus und ich entfernte mich langsam von der Tür. Anscheinend hatte Jeongguk doch keine schöne Nacht mit ihr gehabt. Mir schoss die Röte ins Gesicht und ich versteckte es hinter meinen Händen. Wieso musste ich auch direkt irgendwelche Schlüsse ziehen? Das machte die gestrigen Geschehnisse noch peinlicher als vorher! Aber woher sollte ich wissen, dass er der Frau bloß geholfen hatte? Immer hin sah er ziemlich gut aus und wurde von allen Seiten angestarrt. Ich dachte, dass er sich dem bewusst war und für sich nutzte. Ich sollte aufhören, so viel zu denken! Das brachte mich nur in Schwierigkeiten.

Damals schimpfte Eomma ständig mit mir, weil ich mir zu schnell irgendetwas zusammenreimte, bevor ich meinen Mitmenschen die Chance geben konnte, sich rechtzufertigen. Wenn sie hier wäre, hätte sie mir ganz bestimmt auf den Hinterkopf gehauen und mich getadelt. Frustriert schleppte ich mich zurück ins Wohnzimmer und setzte mich zurück auf die Couch. Mir wurde in diesen wenigen Sekunden unbeschreiblich warm und ich war sicherlich so rot wie eine Tomate. Hoffentlich kam Jeongguk auf die Idee, mich für heute in Ruhe zu lassen. Sein dummes Gelaber mit Schützlingen und Wächtern stieg mir wirklich zu Kopf. Kein gesunder Mensch kam auf so eine abgefuckte Scheiße. Menschen, die dazu beauftragt und ausgebildet wurden, andere zu schützen? Er wollte wohl Bodyguard auf magische Art spielen. Wächter... Leben wir in einem verdammten Märchen?

"Unfassbar", schüttelte ich den Kopf und war schon wieder so wütend.

Als wäre es nicht genug gewesen, dass mein Kopf mit diesem Punk gefüllt war, klopfte jemand an meiner Tür. Ich war mir ziemlich sicher, wer da vor meiner Tür stand und überlegte dreimal, ob ich diese öffnen wollte. Jedoch interessierte es mich zu sehr, was er zu sagen hatte. Darum ging ich wieder zur Tür und öffnete diese schwungvoll. Wie erwartet stand der Punk im Flur, jedoch starrte er mich so ernst an, dass mir die Spucke im Hals stecken blieb. Eigentlich nahm ich mir vor ihn wie eine Katze anzufauchen, aber nun traute ich mich nicht. Meine Augen wanderten über seinen Körper und ich musste hart schlucken. Er trug eine enge dunkelgraue Jeans und ein eng anliegendes schwarzes Shirt, sodass ich seinen trainierten Oberkörper darunter erkennen konnte.

"Hallo, du dramatischer Vollidiot. Du hast eine ziemlich interessante Szene vor meiner Wohnungstür abgezogen. Ich weiß zwar nicht, wieso du auf einmal so wütend auf mich wurdest, obwohl du dich bei mir entschuldigt hast, aber ich wollte eins klarstellen. In deiner Welt ist es vielleicht üblich, dass andere Typen Frauen und Männer für ihre Gelüste ausnutzen und wie Müll wegschmeißen. Aber ich gehöre nicht dazu und werde es auch niemals. Das verstößt gegen meine Prinzipien. Ich würde dich darum bitten, das in deinen Schädel zu bekommen", zischte er mir ins Gesicht und wirkte ziemlich angespannt.

"Bist du mit dem falschen Fuß aufgestanden, oder so? Soll ich mich etwa dafür entschuldigen, weil ich dachte, dass du mit ihr geschlafen hast?", erwiderte ich patzig und verschränkte die Arme vor der Brust.

"Vielleicht bin ich das. Was auch immer-...", murmelte er zu sich selbst und wollte weitersprechen, jedoch unterbrach ich ihn.

"Ich werde mich nicht bei dir entschuldigen. Ich habe rein gar nichts falsch getan. Habe ich dir nicht sogar einen schönen Abend gewünscht?", sagte ich ihm und legte zum Ende hin meinen Kopf etwas schräg, während ein schiefes Grinsen meine Lippen umspielte.

Jeongguk presste die Zähne zusammen und sah mir mit seinen dunklen Augen tief in meine eigenen. In ihnen loderten Wut und Frustration und das brachte mich noch mehr zum Lächeln. Mich amüsierte es ziemlich, ihn auf die Palme zu bringen. Er kam mir einen Schritt näher und sah auf mich herab, weil ich kleiner als er war. Ich baute mich vor ihm auf, um ihm klar zu machen, dass ich mich nicht von ihm einschüchtern ließ.

Für mehrere Sekunden starrte er mich an, bevor er den Kopf schüttelte und sich von mir abwandte. Mein Lächeln verschwand und ich sah seinen Hinterkopf an. Seine schwarzen Stiefel schienen neu zu sein, da sie auf den hellbraunen Marmorfliesen quietschten, als er in die Richtung zu Herr Jungs Wohnungstür lief. Sein Rücken war ziemlich breit, aber seine Taille war schmal. Er kratzte sich in diesem Moment den Hinterkopf und sein Bizeps und seine Rückenmuskeln kamen mehr zur Geltung. Gott hatte wohl wirklich seine Favoriten. Naja, abgesehen von seinen komischen Wahnvorstellungen war Jeongguk ein guter Fang.

Auf einmal drehte er sich wieder zu mir und schaute mich so niedergeschlagen und traurig an. Meine Augen weiteten sich ein Stück und in meiner Brust fühlte es sich so schwer an.

"Du bist ein Arschloch, Jimin. Ich habe heute irgendwie absolut keinen Nerv mich von dir fertigmachen zu lassen. Wahrscheinlich bleibst du heute Zuhause, oder?", sagte er auf einmal und machte ein paar Schritte auf mich zu.

"Ja. Ich bleibe Zuhause", brachte ich hervor und er nickte daraufhin.

"Gut, dann gehe ich zurück in meine Wohnung", lächelte er gezwungen.

Darauf beugte er sich runter und hob einen großen blauen Werkzeugkasten vom Boden auf, der an der Wand gelehnt hatte, sodass ich ihn leicht übersehen konnte. Hatte er vor mein Regal zu reparieren? Bei der Erkenntnis fühlte ich mich noch beschissener als vorher und am liebsten hätte ich ihn am Arm festgehalten, um ihn vom Gehen abzuhalten. Doch das tat ich nicht. Ich war zu feige und ließ ihn einfach die Treppen hochgehen.

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Guardian | JikookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt