Kapitel 11

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♠Neo♠

"Und Damon macht das sicher nichts aus?", frage ich Eric, der sich lasziv an mich drückt und um mich herum zur Bar sieht.

"Nein, ganz und gar nicht, er zwinkert mir sogar zu. Pauls Gesicht hingegen gleicht einer Zitrone, ich wette mit dir, würdest du ihn anlecken, wäre er sauer", kichernd tanzt er wieder vor mir her.

Ich weiß nicht, wie es dazu gekommen ist, aber ich habe Eric kurz nachdem er eingetroffen ist, von Paul und meinen Gefühlen erzählt. Eric ist eine Person, die dir sofort ein vertrauensvolles Gefühl gibt. Jemand, mit dem man über alles reden kann, der einem zuhört und einem zur Not auch die Leviten liest, sollte man etwas angestellt haben. Er scheut sich nicht davor, seine Meinung zu sagen.

Natürlich habe ich in meiner Heimat Freunde, aber diese "Beziehungen" sind eher oberflächlich gehalten. Ich bin Highschool Lehrer mit Leib und Seele und liebe es, meine Schüler mitzureißen. Ich unterrichte mit Humor, sehe viele Dinge lockerer und versuche, Neugier zu erwecken. Meine Schüler sehen mich daher eher als Kumpel, obwohl ich auch streng sein kann und sie maßregle, wenn nötig. Viele meiner Freunde hingegen halten mich deshalb für kindisch. Doch kann ich mit gutem Gewissen behaupten, dass meine Schüler mich mögen und respektieren und dass ich ein gesundes Maß zwischen Lehrer und Freund vertrete.

Also wenn ich jemanden auserwählen dürfte, mein sehr guter Freund zu werden, dann wäre es definitiv Eric.

"Ich glaube er ist eifersüchtig."

Eric reißt mich aus meinen Gedanken und dieses mal drehe ich mich auch zur Theke um und sehe nach Paul.

Ich glaube, er hat recht. Wie süß ist das denn bitte? Paul scheint tatsächlich eifersüchtig zu sein.

Dann heißt das ja eigentlich, dass er auch etwas für mich fühlt, oder nicht?

Doch ich schätze, diese Gefühle kratzen nur an der Oberfläche. Soweit ich es verstanden habe, war er ja heftig in diesen Soldat verknallt, oder ist es vielleicht noch immer, auch wenn der hetero ist und eine Freundin hat. Ob Paul mir mal die ganze Geschichte erzählen wird?

Die Frage ist ja, ob wir überhaupt noch miteinander so reden werden wie gestern. Ich meine, was ist wenn Paul sich entschieden hat und mich nicht kennenlernen will? Es bleiben ja nur zwei Möglichkeiten, nachdem das Thema 'Überfall' abgehakt ist. Entweder behält er den Abstand bei, oder er will mich genauso kennenlernen und kommt endlich einen Schritt auf mich zu.

Ich hoffe aber er entscheidet sich bald, denn ich bin nicht mehr lange hier, dann muss ich auch schon wieder nach Hause.

Gott, es ist hier drin so heiß. Total überhitzt vom Tanzen fächel ich mir ein wenig Luft zu und sehe Eric an.

"Wollen wir etwas trinken?"; frage ich ihn, was er mit einem heftigen Nicken bejaht. Also gehen wir zur Bar. Doch zu meiner Enttäuschung muss ich feststellen, dass Paul nicht mehr an seinem Platz sitzt. Sehr schade.

Mein Blick wandert erneut zu Eric, der sich hinter die Theke zu Damon gewagt hat und ihn gerade ausgiebig küsst. Ich beobachte sie ein wenig, bevor ich mich dann doch abwende, um ihnen ein wenig Privatsphäre zu lassen. Soweit man in einem Club hinter der Bar überhaupt eine hat. Sie passen so toll zusammen und ihr Anblick versetzt meinem Herzen einen tiefen Stich. Ich möchte auch so etwas haben. Eine Beziehung mit jemandem, der einen so respektiert und akzeptiert wie die drei, Damon, Eric und Leon, es tun. Mit jemandem, der einen bedingungslos liebt und für immer....nein streicht das für immer, nicht jede Beziehung ist für ewig ausgelegt. So naiv bin ich dann doch nicht, so zu denken.

Trotzdem möchte ich das, was die drei haben und mir würde auch Einer reichen.

Damon beobachtet mich ungeniert aus dem Augenwinkel, schiebt seinen Freund dann vor sich und legt seine Arme um Erics Bauch.

"Ihr wolltet doch sicher etwas trinken, oder irre ich mich?", neckt er uns. Eric legt seinen Kopf in den Nacken und blinzelt Damon von unten herauf an.

"Paul war ziemlich angefressen", erklärt Damon schmunzelnd, schiebt Eric an die Seite und beginnt damit, uns Drinks zu mixen.

"Aber wieso?", fragt ihn Eric, geht um die Theke herum und setzt sich neben mich, auf einen der Barhocker.

Ich kann sehen wie Damons Schultern zucken als er zu lachen beginnt.

"Ich denke er steht auf Neo."

"Wie kommst du darauf?" Auf meine Frage hin sieht er mich nachdenklich an.

"Als ich von ihm wissen wollte, ob alles in Ordnung sei, knurrte er mich mit einem "Ja klar" an und verlangte einen neuen Whiskey. Die darauffolgenden Blicke waren allerdings mehr als eindeutig. Nachdem er das Glas geleert hatte, brummte er etwas Unverständliches vor sich hin, stand auf und ist gegangen."

Kann das sein? Steht er auf mich? Aber wieso kommt er dann nicht auf mich zu?

Diese Frage und noch viele mehr stelle ich mir noch den ganzen Abend.

Als es Zeit ist zu gehen, verabschiede ich mich von Eric und Damon und verlasse den Club.

Morgen früh möchte ich auf den städtischen Krämermarkt und schauen, was ich so Einheimisches finde. Deko oder so. Ich steh auf so Zeug.

***

Der Ausflug durch die Stadt war wundervoll. Der Krämermarkt war gut besucht und hatte Stände von wirklich fast allem, was es gibt. Backwaren, Schmuck, Kleidung, sogar Erics Firma hatte einen Stand, wo Küchenartikel verkauft wurden.

Wirklich fündig für mich selbst wurde ich leider nicht. Doch das ist nicht schlimm, denn als ich im Gardener war, eine Gärtnerei mit besonderen Blumen, fand ich eine kleine Aufmerksamkeit für Paul.

Vor Ort wurden Mini Reagenzgläser präpariert, so dass eine kleine, wirklich kleine Blume, fast so klein wie ein Reiskorn, darin vakuumiert wird. Also im Prinzip eine Blume, die nie welkt und die man dann als Kette um den Hals tragen kann. Ich fand diese Idee so wundervoll, dass ich für Paul eine habe herstellen lassen. Mit einer roten Rose darin.

Danach war ich noch in einer Schokoladenfabrik und sah zu, wie sie Schokolade herstellen. Sehr interessant. Und auch von dort habe ich Paul etwas mitgebracht.

Jetzt halte ich das lederne Band fest in der einen und die Folie mit der Schokolade in der anderen Hand und gehe festen Schrittes auf Pauls Arbeitsplatz zu.

"Hola mi amigo Pablo, heute hatte ich einen wundervollen Tag. Ich habe dir von meiner Tour etwas mitgebracht, sieh mal."

Ich lege die Tüte mit der Schokolade auf den Tresen und die Kette drapiere ich darüber.

Ungläubig sieht Paul mich an und schüttelt den Kopf.

"Ich möchte nichts geschenkt bekommen, danke trotzdem", sagt er und dreht sich weg, um hinter sich irgendwas aufzuräumen. Ich merke, dass er das nur tut, um mich nicht ansehen zu müssen.

Irgendwie weiß ich das erste Mal in meinem Leben nicht, wie ich reagieren soll. Soll ich die Geschenke nehmen und gehen, oder soll ich ohne sie verschwinden? Enttäuscht entscheide ich mich für das Letzte und drehe mich vom Tresen weg, ohne die Sachen an mich zu nehmen.

"Das ist okay, da ich es aber für dich und niemand anderen gekauft habe, lasse ich es einfach hier liegen", erkläre ich entschlossen und hoffe, er nimmt sie an sich, wenn ich nicht mehr in Sichtweite bin.

Doch ich kann nicht verhindern, ein wenig verletzt zu sein. Sein Verhalten entspricht gleich ganzen zehn Schritten nach hinten statt einem nach vorne. Und somit bin ich mir sicher, dass er mich nicht richtig kennenlernen will.

Schade eigentlich.  

Resort de la Pheya 14 - NeoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt