Kapitel 5

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♠Neo♠

Oh ich freue mich. Heute, zwei Tage nach dem Rettungsschwimmerkurs und der Begegnung mit Paul im Mitternachtskino, treffe ich mich mit Aaron und seinem Mann im Café.

Doch vorher habe ich mich dazu entschlossen bei dem kleinen Tennisturnier mitzumachen, welches heute Vormittag stattfindet.

Die App, die mir Paul empfohlen hat ist wirklich genial. Sie zeigt einem auch Veranstaltungen an, egal ob sportliche oder andere und ich konnte mich sogar in der App für das Turnier anmelden.

Ich habe schon im Zimmer meine Tennisklamotten angezogen und mache mich gerade auf den Weg zum Tennisplatz.

Zuhause spiele ich auch Tennis, oder Squash. Mag ich beides. Da Dad mir von mehreren Tennisplätzen und sogar einem großen Turnierplatz im Resort berichtet hatte, habe ich vorsorglich meinen Schläger und die Kleidung mit eingepackt.

Als ich in der Lobby ankomme, sehe ich Paul wie er mitten in einem Gespräch mit einem älteren Mann steckt. Trotzdem lasse ich es mir nicht nehmen ihn zu grüßen, denn die letzten beiden Tage habe ich ihn auch nur von weitem zu sehen bekommen, weil er immer mit irgendwas oder irgendwem beschäftigt war. Wirklich schade.

"Hola mi amigo Pablo, ich wünsche einen schönen Tag", rufe ich, hebe meine Hand zum Gruß und mache dann einen Schlenker um das Hotel zu verlassen.

Am Tennisplatz angekommen ist es schon ziemlich voll dort. Unterschiedliche Altersklassen und Geschlechter wuseln hin und her. Tauschen die Übungsplätze um vor dem Turnier noch etwas zu trainieren, oder sich warm zu spielen.

Fasziniert sehe ich dem Treiben zu. Ich habe in den letzten Tagen festgestellt, dass das Resort wie eine richtige, kleine, freundliche Stadt ist. Bestätigung fand ich dann in der Galerie, auf der Webseite des Resorts. Die Bilder dort zeigen, wie nach Thanksgiving die Wege geschmückt werden, oder die Hotelfassade bunt beleuchtet wird, und auch Bäume, Parkbanken und sogar der See nicht davor verschont bleibt, was aber wunderschön aussieht.

Ich habe Bilder von Grillfesten, Jubiläen oder Geburtstagen gesehen. Und auf den Bildern wirkte es zumindest immer voll und harmonisch. Zusätzlich habe ich die letzten Tage auch bemerkt, wie sie füreinander einstehen und sich gegenseitig helfen.

Ich liebe diese Atmosphäre hier.

Fehlt nur noch eine eigene Schule.

Nein, das wäre übertrieben. In Windington gibt es ja eine und auch in den umliegenden Städten, die alle nicht so schwer zu erreichen sind.

"Spielen sie auch?"

Eine freundliche Stimme unterbricht meine Gedanken und ich drehe mich ein wenig, um den Mann neben mir anzusehen.

"Bitte?"

"Ob sie auch spielen. Ich beobachte sie nun schon eine Weile, wie sie einfach nur hier stehen und beobachten."

Der Mann schiebt sich seinen Tennisschläger unter den Arm, zieht einen seiner Handschuhe aus und streckt mir die Hand entgegen.

"Ich bin Eric", stellt er sich mir vor.

Ich nehme seine Hand in meine, doch kaum haben wir sie kurz geschüttelt, zieht er sie wieder zurück und putzt sie an seiner Hose ab.

"Mucho gusto. Soy Neo."

Mit hochgezogener Augenbraue beobachte ich seine Aktion.

Er packt seine Hand wieder in den Handschuh und sieht mich entschuldigend an.

"Ähm, das ist nichts persönliches. Bitte verzeih mir. Ich habe so eine kleine, klitzekleine Phobie", erklärt er und lacht verschmitzt.

"Oh, okay. No es de nada. Das macht nichts."

Ich lächle zurück und setze einen Schritt nach vorne, um langsam mal zur Anmeldung zu gehen. Eric hält mit mir Schritt.

"Bist du Gast hier?", frage ich ihn neugierig.

"Ich war mal einer. Vor Jahren. Mein Partner arbeitet hier und ist der Ziehsohn von einer der Chefinnen. So gehöre ich mehr oder weniger zum Inventar."

"Das ist toll. Es muss schön sein, hier zu leben und zu arbeiten", schwärme ich und halte beim Tisch mit dem Schild mit "Turnierteilnehmer bitte hier melden" an.

"Naja, also genau genommen wohnen wir über der Bar meines anderen Partners. Ach besser gesagt unserer Bar. Damon, also mein Freund der hier zusätzlich arbeitet, mein anderer Freund Leon und ich besitzen eine Bar in der Stadt. Leon kümmert sich die meiste Zeit um sie, da wir anderen beiden ja noch nebenher arbeiten", erzählt er fröhlich und man merkt wie sehr er seine Männer liebt. Mich faszinieren polyamoröse Beziehungen, oder Triaden, sehr. Nur ich selbst bin nicht offen dafür. Ich möchte mich lieber ganz auf den Einen konzentrieren, wenn ich ihn finde.

"Naja, genug gequatscht. Es war nett dich kennenzulernen Neo und ich wünsche dir ein gutes Spiel."

Was für ein Wirbelwind. Kaum hatte er sich verabschiedet, schon ist er im Getümmel verschwunden.

Nachdem ich mich endlich bei der Turnierleitung vorgestellt und in die Anwesenheitsliste eingetragen habe, ergattere ich noch einen Platz, um ein wenig zu trainieren bevor ich dran bin.

Am Ende waren wir dreißig Teilnehmer und das Turnier ging bis zum späten Nachmittag. Ich belegte Platz vier, mit dem ich höchst zufrieden bin, denn damit habe ich im Traum nicht gerechnet.

Eric ist auf dem zweiten Platz, gleich nach diesem arroganten eingebildeten Schmalztyp, der mich irgendwann zwischen unseren Spielen angebaggert hatte. Ich fand es eigentlich ganz lustig, denn er dachte wirklich dass er mich um den Finger wickeln kann. Aber so leicht zu bekommen wie er dachte, bin dann auch wieder nicht. Außerdem habe ich ein Ziel vor Augen und das heißt Paul und ist super sexy.

Gerade will ich den Tennisplatz verlassen, denn ich bin sowieso schon etwas spät dran zu meiner Verabredung mit Aaron und Jamie, da hält mich Eric auf.

"Hey Neo. Glückwunsch zu Platz vier, gut gespielt", jubelt er, breitet die Arme für eine Umarmung aus, doch zieht sie gleich wieder zurück an seinen Körper.

Entschuldigend senkt er den Kopf, doch ich nehme einen kleinen Zipfel seines Shirts zwischen zwei Finger und zupfe daran.

"Esta bien. Es ist in Ordnung Eric. Alles ist okay", versichere ich ihm, denn ich akzeptiere wie er ist und verurteile ihn deswegen ganz sicher nicht.

Sein tausend Watt Strahlen erhellt sein ganzes Gesicht und er nickt.

"Dir auch Glückwunsch, das waren beeindruckende Spiele die du da abgeliefert hast. Echt krass. Schade dass dieser Lackaffe dann letztendlich das Finale gewonnen hat. Ich hab es dir so gegönnt."

Lächelnd zieht er die Schultern hoch.

"Egal welchen Platz ich habe, es war ein schönes Turnier", antwortet er sichtlich zufrieden und ich nicke zustimmend.

"Da hast du recht. Ich muss dann leider los. Ich hab noch eine Verabredung. Ich werde aber auf jeden Fall mal im Club vorbeischauen, das habe ich, seit ich hier bin, nämlich noch gar nicht getan."

"Ja mach das. Wenn Damon arbeitet soll er mir einfach Bescheid geben wenn du da bist, dann komme ich dazu und leiste dir Gesellschaft. Wenn du das willst."

"Klar, gerne. Also dann, adiós, bis bald", verabschiede ich mich winkend und jogge zurück ins Hotel, um noch schnell unter die Dusche zu springen.

Doch als ich dort ankomme, erlebe ich etwas, mit dem ich nicht gerechnet habe.

Paul läuft einem Soldaten im Foyer entgegen. In seinen Augen schimmert es verräterisch feucht, dennoch lächelt er über das ganze Gesicht, bevor er sich in die Arme des Mannes schmeißt.

Es ist ein schönes Bild. Es lässt mich lächeln. Schön, dass Paul jemanden an seiner Seite hat.

Da habe ich mich wohl geirrt, als ich dachte, er sei single. Nein, eigentlich habe ich gar nichts gedacht, sondern wie immer nach Gefühl gehandelt. Egal.  

Resort de la Pheya 14 - NeoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt