VIII

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Hongjoongs pov. - Zeit: Ankunft

Es war unglaublich. Der Jubel, der meine Knie erzittern ließ. Die lauten Rufe. Der Wind, der meine Haut entlang schlug. Seidenweich. Die starke Briese und die frische Luft, die ich in meine Nase, durch meine gesamten Atemwege zog.

Es war die Luft, die ich nahm als ich zum ersten Mal in meinem Leben soziale Anerkennung bekam. Als Pirat war ich immer ein Außenseiter und nie mehr als eine Art Söldner, als ein Verbrecher.

Doch nun hallten die Schreie - nein, Rufe waren es - durch meine Ohren.

"Hongjoong, Hongjoong, Hongjoong"
Rhythmisch. Rhythmisch wiederholten sie meinen Namen

…und…

"Seonghwa, Seonghwa, Seonghwa"
Der Name meines Geliebten.

Sie hallten wie ein Echo durch meinen Kopf, fraßen sich in meine Gedanken, brannten sich in mein Gedächtnis. Würde ich selbst hundert werden - welches ich jedoch bezweifelte, denn immer stellte ich mir vor früh von Erden zu gehen -  würde ich diesen Moment niemals vergessen. Die Details, das unregelmäßige Heben meiner Brust. Die Art wie mein Inneres zitterte ebenfalls nicht...

Etwas Schöneres hätte ich mir nicht vorstellen können. All die erfreuten Gesichter als sie mich und Seonghwa sahen. Auch mich schienen sie zu mögen, anders als ich dachte.

Der Beweis ergab sich mir als mir eine Frau weinend in meine Arme fiel sobald ich den ersten Schritt über die Planke auf Land trat. Vorsichtig sank ich mit ihr runter, denn sie zog mich mit auf den rauen kieseligen Boden.

Dabei tröstete sie so gut es ging, klopfte ihr auf den Rücken.
Die immensen Gefühle der Verzweiflung, dieses Leid, welches sie spürte, vieles davon musste ich selber im Verlauf meines Lebens kosten. Deshalb verstand ich sie auch so.

Die Melancholie allerdings war schön. Den Schmerz, den die hatten durchleben müssen. Der Kummer. Auch ich verspürte ihn bei unserem Aufeinandertreffen.

"Hongjoong." Von Hinten zog mich jemand zu sich, als ich aufgestanden war, gerade auf die ältere Dame mit meinen Vorstellungen und Hoffnungen einredete.

Sofort drehte ich mich um, die Hand auf meiner Schulter kam mir zugleich fremd als auch bekannt vor. Schmal waren die Finger, jedoch kürzer als die meines Verlobten.

Mein Kopf schnellte dahin. "Schön dich zu sehen." Mit Tränen in den Augen wurde ich angesehen, glasig war die weiße Hornhaut ihrerseits, eine Träne bahnte sich im Verlauf einiger Sekunde von ihrem Tränensack zu ihrem Kiefer.

"Noona..." Meine Augen wurden ebenfalls unerwartet feucht als ich sie in meine Arme schloss und ganz hoch in die Lüfte hob, bevor ich sie wieder an mich drückte. Luftig war ihr Rock, flog mit meiner Bewegung mit.

Frei wie ein Vogel sollte sie sein...
Das sollten wir sein. Anmutig, friedlich, wie eine Taube und rein mit unseren Taten, obwohl unendlich viel Blut schon an meinen Händen klebte.

Die schmale Silhouette, die ich schon immer an ihr kannte, war doch nicht mehr so gesund wie letztes Mal. Wieder zu wenig, hatte sie an sich. So wie in unserer Jugend. Schlechte Erinnerungen erzeugte es.
Ich atmete tief durch.

Ihre zierliche Handgelenke legten sich um meinen Nacken und sie lächelte mich freudig an, doch irgendetwas war passiert.

"Noona, was ist falsch?"

"Ich bin stolz auf dich." 
Sie spielte mit meinen Haaren herum.

Sie waren lang, lagen geflochten auf meiner rechten Schulter. Seonghwa hatte sie geflochten. Seonghwa.

Mit wahrhaftigen Herzaugen erblickte ich, bezaubert, meinen Herren. Doch genauso wie ich war er zu dem Zeitpunkt beschäftigt.

"Stolz...", wiederholte ich.
Sie strudelte mir durch das helle Haar, doch es war wirklich dunkler geworden. Meinen Zopf löste sie. Die Haare fielen in mein Gesicht.

Es bedeutete mir viel.
Diese Worte zu hören.

Erneut umarmten wir uns.
"Natürlich...", sagte sie.

"Viel hast du erreicht, mein Bruder."

Es traf einen wunden Punkt in mir, weshalb sich meine Stimmung legte.

"Liebster.", schmunzelte der Ältere als er zu uns kam, klopfte auf meine Schulter, legte seine Hand aus Gewohnheit an meine Taille. Zufrieden blickte er meine Schwester an.

"Seonghwa das ist meine Schwester. Noona, das ist mein Versprochener.", verkündete ich zurückhaltend.

Beide schüttelten zufrieden Hände, meine Schwester zwinkerte mir verspielt zu. Gute Wahl, wahrhaftig.

Doch ehe ich mich versah hörte ich Gemurmel um uns.

"Versprochener?"
Große Empörung gab es. Das Getuschel war laut, doch anders als erwartet gaben die Leute sich dieser Vorstellung geschlagen. Viele waren sogar erfreut.

"Glückwunsch."
Eine Hand reichte mir jemand.

Höflich schüttelte ich sie, küsste sie dann, "Ich danke Ihnen sehr."

Dann kam noch einer und noch einer, bis ich und Seonghwa eben der Menschenmenge entfliehen konnten.

Doch unser Junge, er stach mit ins Auge. Goldjunge und ein Mädchen.

"Ach du Heilige." Seine Augen waren geweitet, aufgeregt schlug er mir gegen die Brust, gegen die seines Liebsten. Begeisterung übermannte meinen Körper ebenfalls. Es war Liebe auf dem ersten Blick bei ihnen.

"Schau.", gab ich erfreut von mir zeigte auf das junge Paar, welches sich hielt.

An seiner Spucke verschluckte er sich.
"Ich... kann es nicht fassen.."

"Das ist die Adelige."
Gerührt machte er sich auf den Weg zu ihnen. Mein Sohn hatte seine Geliebte gefunden. Nur unser Segen fehlte hierbei.

Wir sprachen kleine Worte, verspürten, jedoch Großes.

Langsam taumelten wir wieder weg. Nachdenklich als Folge des Gesprächs.





Seonghwa pov.

Wir gingen unseren Weg.
Das Schwarz der Nachte legte sich über den Himmel, spannte eine Schicht über das vorherige Blau.

Kühle wehte die Küste entlang. Viel Sprachen wir mit den loyalen Soldaten, bedankten uns bei ihnen. Auf die Knie gingen wir vor ihnen, küssten Ihre Hände und das vor den meisten. Verlegenheit legte sich über ihre Gesichter, ein Hauch von Rot. Doch dies müsste geschehen.

Auf meine Knie ging ich vor jedem, stand auf, verbeugte mich, griff nach ihrer Hand und küsste ihren Handrücken. Einige Schläge bekam ich auf den Kopf, wurde an meinem Arm hoch gezogen, damit ich es nicht tat. Doch sie verdienten es geehrt zu werden.

Mehr als wir.

Denn wir waren nicht hier. Wir waren kaum etwas. Wir hatten nicht so gekämpft wie sie.

Nichts getan im Vergleich. Glücklicherweise wurden kaum welche von ihnen, von unseren Brüdern und Beschützern verletzt.

"Prinz, bitte nicht."
An meinem Arm wurde ich gegriffen. Ein empörtes Gesicht sah mir entgegen.

"Nenne mich nicht Prinz. Ich bin Park Seonghwa. Es ist mir eine Ehre die kennenzulernen, Leutnant.", erwiderte ich und hielt seine Hand fest.

Tief verbeugte ich mich und bekam ein Klopfen auf den Rücken.

Joong neben mir wurde etwas lockerer. Er witzelte mit den Soldaten, war jedoch nicht respektlos, nur auf seine eigene Weise charmant.

"[…] Viel habe ich getan und viel erlebt. Viel habe ich gewollt und viel für dieses Ziel erlernt. Doch schlussendlich wart ihr ehrenvolle Soldaten, die die zu unseren Helden geworden sind. Ich danke ihnen mit der vollen Pracht meines Herzens und verspreche ihnen jegliche Macht, die mir erliegt nur zum Wohl unseres Volkes zu handeln."

"Wir sind ihnen dankbar. Ohne Sie hätten wir den Mut nicht gefasst. Verziehen haben wir ihre Gräueltaten, haben Verständnis in diesen rauen Phasen für Sie gefunden."

Die zwei Männer blickten sich an, fielen sich gegenseitig in die Arme.

𝔓𝔦𝔯𝔞𝔱𝔢 𝔎𝔦𝔫𝔤 ♔ ˢᵉᵒⁿᵍʲᵒᵒⁿᵍWo Geschichten leben. Entdecke jetzt