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,,Ich kann nicht glauben, dass du so viel Geld besitzt, dass du zwei Karten für dieses Event kaufen kannst."

Zum wiederholten Male schaut sie mich ganz begeistert an, ehe sie wieder zur Messehalle schaut. Heute trägt sie eine schwarze Stoffhose, die mir einen sehr schönen Anblick bietet, als sie sich händeklatschend auf die Gebäude zu bewegt, in denen heute Oldtimer ausgestellt werden sollen. Die weiße Bluse mit den ab den Ellbogen weiten Ärmeln schmiegt sich eng an ihren Oberkörper und passt farblich gut zu meinem weißen Hemd. Grinsend schließe ich die Lücke zwischen uns wieder. Nachdem wir die Kontrolle passiert haben, überrascht mich die junge Frau. Sie greift nach meiner Hand und drückt sich ein Stück an meine Seite.

,,Ich zahle dir das Geld auf jeden Fall zurück für die Karte."

,,Das kannst du wollen, doch ich werde es nicht zulassen. Ich habe diese Karten geschenkt bekommen."

,,Wie kannst du soetwas geschenkt bekommen?"

,,Ich bin mit dem Veranstalter gut befreundet. Wir kennen uns seit Grundschule."

Daraufhin bleibt sie stehen und starrt mich mit wortwörtlich offenem Mund an. Bevor wir uns wegen diesem Thema noch verlieren, ziehe ich Opal weiter in die noch relativ leere Halle. Kurz nach dieser sanften Geste ist meine Begleitung wieder in ihrem Element. Komplett begeistert zieht sie mich zu einer orangenen Ente, die unweit von uns auf einem niedrigen Podest ausgestellt wird.

,,Schau dir das an! Sie sieht aus wie neu!"

Ihre Hand löst sich nun doch aus meiner Eigenen, als sie sich an den Rand des Podestes stellt und sich so weit darüber lehnt, dass sie gerade noch ihre Balance hält. Schmunzelnd beobachte ich den Besitzer, der die Welle ihrer Begeisterung sicherlich gespürt haben muss und sich nun mit entschlossenen Schritten nähert. Nach anfänglicher Zurückhaltung entwickelt sich schnell ein intensives Gespräch zwischen ihnen, bei dem Opal nicht nur mich, sondern auch den alten Besitzer mit immer mehr technischem Wissen über das Ausstellungsstück beeindrucken kann. Nach einer Diskussion über die Sitzbezüge der Neuwagen schafft es der Renter ihr einen weiteren Kindheitstraum zu erfüllen. Er betätigt einen Knopf, der die Sicherheitssysteme ausschaltet, und erlaubt ihr anschließend, auf dem Beifahrersitz Platz zu nehmen. Er selbst lässt sich, mit für seine gebrechliche Statur erstaunlich fließenden Bewegungen, hinter dem Steuer nieder. Der Mann lässt die Ente zu Leben erwachen. Sie funktioniert noch einwandfrei, was seiner guten Pflege und der Leidenschaft für diesen Wagen gedankt werden kann, immerhin fährt er sie noch regelmäßig. Kurz habe ich die Befürchtung, dass die junge Frau in Ohnmacht fällt, dann aber ertönt ihr glückloches Lachen durch. Immer mehr Besucher versammeln sich bei der Ente und beobachten das Geschehen und als Opal breit grinsend neben dem Besitzer wieder auf dem Boden steht, ist ihre Euphorie regelrecht mit Händen zu greifen. Sie wird nicht müde, sich bei dem Mann zu bedanken, schüttelt mehrfach seine Hand und erwärmt damit nicht nur seine Seele.

,,Willst du dir noch andere Objekte anschauen?"

,,Du hast Recht. Es gibt hier wohl noch viel zu entdecken... Ich danke Ihnen wirklich und wünsche Ihrer Frau noch viel Erfolg mit dem Lavendel. Bleiben Sie gesund und nochmals tausend Dank."

Nur langsam kann sie sich von dem Mann und seiner Ente verabschieden, nur um dann mit ähnlicher Begeisterung immer wieder spannende Ausstellungsstücke zu entdecken.

RojanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt