,,Wo ist das Baby? Lasst mich durch, ich bin die Tante, ich habe ein Recht, meine Nichte zu sehen!"
Eine große schlanke blonde Frau im weißen Tülloberteil rennt mit klackernden Absätzen über den Flur des Krankenhauses. Sie bleibt vor einem Raum stehen, schaut sich suchend um, bevor sie mit einem breiten Lächeln einem jungen Mann um den Hals fällt, der noch total zerzaust um die Haare aussieht. Lächelnd richtet sie die Frisur ihres Zwillings, damit dieser seinem Kind keinen Schrecken einjagen wird. Offenbar ist er sich mehrfach durch die braune Mähne mit den Händen gefahren, bevor sie eingetroffen ist. Mit leicht missbilligendem Ausdruck lässt er sich ihre Tat gefallen, denn Kraft für einen Protest hat er keine mehr.
,,Ich freue mich so sehr für dich, Bruderherz. Ich dachte schon, dass sie die Richtige ist, als du sie mir auf der Gala vorgestellt hast."
Roxan klopft dem jungen Mann auf die Schulter, während sich auf seinem Gesicht ein extrem breites Grinsen verfestigt hat. Die letzten Stunden waren anstrengend, da sie aus Wehen und einem Durcheinander aus Hebammen und anderen Entscheidungen bestanden. Trotzdem würde er sie als die besten Momente seines Lebens bezeichnen. Besonders da sowohl seine Freundin, als auch sein Kind gesund sind. Nun wartet noch die Hochzeit, wenn sie dazu bereit ist auf die kleine Familie, damit alles wirklich perfekt ist.
,,Kann ich die Kleine jetzt endlich sehen? Ich platze vor Neugierde, Rojan."
,,Sie schlafen gerade beide. Wir müssen ihnen diese Ruhe gönnen. Außerdem wäre Rayan sauer, wenn du sie vor ihm zu Gesicht bekommen würdest."
,,Ach, der soll sich nicht so anstellen."
,,Er bemerkt ja nicht, wenn wir schon einen Blick hineinwerfen..."
Die Zwillinge grinsen sich an, immerhin haben sie sich bereits im Sandkasten gegen ihren älteren Bruder verbündet, wenn es hart auf hart kam. Gemeinsam treten sie an die geschlossene Zimmertür, um diese dann einen kleinen Spalt breit zu öffnen. Man kann nicht viel sehen, ein kleines Kinderbett in der Ecke und auf dem großen Bett liegt eine junge Frau mit stark zerzausten Haaren, die in ihren Armen eine kleine Gestalt hält. Sie blickt schweigend auf und winkt den Vater und dessen Schwester herein.
,,Du solltest dich wirklich ausruhen."
,,Ich kann aber nicht aufhören, sie anzuschauen. Sie ist wunderschön und hat deine Augen."
,,Das kann sein, aber die Nase hat sie von mir, nicht wahr meine Kleine?"
Roxan hat sich über das Bett gebeugt und in das kleine Gesicht geschaut. Sie strahlt über das ganze Gesicht.
,,Ich soll euch übrigens von Vivan auch herzlichen Glückwunsch ausrichten. Es tut ihm leid, dass er heute arbeiten muss und nicht hier sein kann."
,,Dankeschön, aber jetzt solltet ihr Beide wirklich schlafen."
Rojan legt seine Tochter behutsam in ihr Bettchen und gibt Opal dann einen Kuss auf die Stirn, ehe er zusammen mit seiner Schwester das Zimmer verlässt. Auf dem Flur lassen sich die Geschwister grinsend auf die Stühle direkt neben dem Zimmer sinken und sind für die nächsten Momente in glückliches Schweigen gehüllt.