Sacrifice

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Warnung:
- Tod/Mord

Seo Changbin PoV:

„Hey, was machst du da?" Sichtlich erschrocken stecke ich mir schnell meine Schmerztabletten zwischen die Lippen und spüle diese mit einem großen Schluck Wasser meinen Rachen hinunter. „Hm? Gar nichts. Außer Wasser trinken, wie du siehst." Nach einem kurzen Räuspern nippe ich erneut demonstrierend an meinem Glas, woraufhin mich meine Mutter mit hochgezogenen Augenbrauen skeptisch mustert. Ich weiß schon ganz genau, was ich mir jetzt wieder von ihr anhören muss. Sie tut jedes Mal so, als wüsste ich das alles noch nicht.

„Deine Kopfschmerzen kommen daher, dass-" „Das ich meine letzte Aufgabe noch nicht erfüllt habe, ja ja", unterbreche ich sie augenverdrehend und stelle mein Glas Wasser neben mir auf der Küchentheke ab. Ich schiebe diesen Moment nun schon knapp ein Jahr vor mir her, doch ich befürchte, lange wird mein Körper das nicht mehr aushalten. Diese verfluchten Hörner wollen endlich rauskommen, doch solange ich meine Aufgaben nicht vollendet habe, wird dies nicht geschehen können.

„Du kleiner Bengel, vielleicht solltest du endlich aufhören dich mit diesem Menschling zu vergnügen. Du weißt genau, dass wir dich nur aus einem ganz bestimmten Grund in die Menschenwelt gelassen haben. Dir bleibt nicht mehr viel Zeit. Dein Geburtstag ist bereits in zwei Wochen." Dieser vorwurfsvolle Blick ihrerseits wird mich auch nicht umstimmen können. „Ihr wisst genau, dass ich das nie wollte." Es ist ganz alleine meine Entscheidung, was ich tue oder lasse. Auch wenn es mich das Leben kosten kann.

„Du bist wirklich weich geworden. Wenn du so weitermachst, stirbst du. Und entweder du tust bald deine Pflicht oder wir sorgen dafür. Also tu' es, bevor dem Jungen etwas Schlimmes widerfährt." Das ist doch jetzt nicht ihr Ernst. „Das könnt ihr nicht!-" Doch noch bevor ich ihr etwas entgegenbringen kann, ist sie auch schon wieder verschwunden. Ich hasse es so sehr, wenn sie das tut. Ich habe mir nicht ausgesucht, in diese Dämonenfamilie hineingeboren zu werden. Viel lieber würde ich wie ein normaler Mensch in der anderen Welt leben. Ich müsste keine Dinge tun, die mir oder anderen schaden würden.

Und ja, vielleicht bin ich seinetwegen weich geworden, doch was ist so schlimm daran? Lieber sterbe ich an den Hörnern, die sich allmählich in meinem Kopf ausbreiten, als dass ihm etwas zustößt. Nur leider befürchte ich, dass meine Eltern nicht damit zögern werden, ihre Drohung in die Tat umzusetzen. Also entweder tue ich es und es ist weniger qualvoll für ihn oder meine Eltern quälen ihn solange, bis ich schließlich nachgebe, um ihn zu erlösen. Denn leider besteht meine letzte Aufgabe daraus, meinen engsten Freund mit dem Tod zu hintergehen.

Ich muss also die Person, die mir am meisten am Herzen liegt und weit mehr als nur ein enger Freund für mich ist, hintergehen. Jemanden töten zu müssen, den man eigentlich vor allem Übel bewahren will, tut mehr als nur weh. Es frisst einen von innen auf. Es tut mehr weh, als ein Gegenstand, der sich allmählich durch dein Gehirn windet. Doch was habe ich nun noch für eine Wahl? Ihn leiden lassen?

Schweren Herzens entleere ich mein Glas im Abfluss und schließe daraufhin für einen Moment meine Augen, bevor ein altbekanntes Gefühl meinen Körper durchströmt. So oft ich mich auch schon in die Menschenwelt begeben habe, es wird dennoch immer ein eigenartiges Gefühl bleiben. Und eigentlich möchte ich auch nicht, dass es normal für mich wird. Denn jedes Mal, wenn ich die Menschenwelt betrete, treffe ich ihn. Mein Ein und Alles. Ich wünschte nur, mir würde etwas mehr Zeit bleiben, um die richtige Entscheidung treffen zu können. Wie ich es auch drehe und wende, es ist und bleibt ihm gegenüber unfair. Und das hat er nicht verdient. Ich komme mit diesem Schmerz irgendwie zurecht, aber er...

„Na du, Felix." „Na du, mein Teufelchen?" Etwas überrascht, aber mit einem breiten Grinsen auf den Lippen erhebt Felix sich schnell von seinem Schreibtisch und kommt zu mir hinüber gelaufen, weshalb ich mir selber kein Schmunzeln verkneifen kann. Er ist wie mein ganz persönlicher Sonnenschein. Ich kann einfach nicht anders. „Wie oft denn noch? Ich bin kein Teufel", erwidere ich gespielt beleidigt und stupse kurz seine Nase an. Er ist so süß. Wann auch immer ich ihm in die Augen sehe, vergeht mein Schmerz für einen Moment.

Baby Gays' Darktober [2022]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt