Warnung:
- Narben
- Tod
- BrandNarben zierten meinen Körper. Überall konnte man sie finden. Ich wusste nicht, ob es eine Stelle an meinem Körper gab, an der ich keine Narbe hatte. So genau wollte ich es aber auch gar nicht wissen. Ich betrachtete meinen Körper eigentlich nicht und wenn, dann nur sehr ungern. Sonderlich schön war er nicht. Jede dieser Narben erzählte eine Geschichte und das war es auch, was sie so besonders machte, allerdings hätte ich auf jede davon verzichten können. Obwohl... eine davon nicht. Sie erinnerte mich an etwas, oder besser gesagt, jemanden. Das wollte ich nun doch nicht verlieren. Durch diese Narbe wurde ich nämlich erst, wer ich heute bin.
Doch vielleicht sollte ich weiter vorne anfangen. Solange ich mich erinnern kann, trage ich diese elendigen Kennzeichen schon auf meiner Haut. Lange Zeit wusste ich nicht, woher sie kamen oder wer sie mir zugefügt hatte. Zumindest so lange, bis meine Zieheltern starben und ich zu meinen richtigen Eltern zurückkehren musste. Da erfuhr ich erst die Wahrheit. Ob ich sie wissen wollte, oder nicht. Ich erfuhr sie unweigerlich. Denn ich musste bei ihnen leben. Und das unterschied sich doch sehr stark von dem Leben eines normalen Menschen. Ohne Narben. Lange hielt ich das aber nicht aus, denn es machte mich wahnsinnig. Also floh ich. Hin zu einer Familie hoffentlich weit genug entfernt von den Menschen, die sich meine Eltern nannten.
Doch so sehr ich auch versuchte, meine leiblichen Eltern zu vergessen: Es war mir nicht möglich. Sie hatten mir etwas erzählt, das mein Leben unweigerlich auf den Kopf stellen sollte. Sie waren „Wächter" gewesen. Wovon konnte ich bloß erahnen, gesagt hatten sie es nie. Doch nicht nur das. Angeblich hatte der Sensenmann mir diese Narben im Säuglingsalter zugefügt und mir somit die Chance auf ein normales Leben genommen. Aber warum?! Warum wollte er mich damals töten?! Er hatte mir Qualen zugefügt, die niemand sonst verstehen konnte. Tage und nächtelang habe ich vor Schmerzen wach gelegen, da jede einzelne Narbe gebrannt hat. Bis auf die Eine, die mir Kraft gegeben hatte. Das Kreuz, umwoben von Spinnenweben, hatte mein Patenonkel mir eingeritzt, um mir Kraft und Hoffnung zu schenken. Er wusste scheinbar, was in Zukunft auf mich zukommen sollte. Vermutlich war er Wahrsager oder sowas. Nur wegen dieser Narbe lebe ich noch. Sie machte mich zu dem, was ich bin. Ein Kämpfer. Ein Kämpfer, der den Sensenmann bezwingen wollte und ihm jeden Schmerz und jede Wunde ebenfalls zurückzuzahlen. Diese Narbe war einer der wenigen Gründe, weshalb ich diesen Anschlag auf mein Leben damals überlebt hatte. Und die wollte ich nun doch nicht loswerden.
Doch nicht nur Schmerzen und Kraft konnten mir die Narben zufügen und geben. Schlimmer noch. Durch sie konnte ich quasi sehen. Immer wenn ein bestimmter Mensch starb, musste ich es mit eigenen Augen ansehen und den Tod verfolgen. Außerdem spürte ich regelmäßig Empfindungen, die ich mir nicht erklären konnte.
Als ich noch bei meinen Zieheltern gewohnt hatte, war meine Ausrede bei meinen Mitschülern, dass unser Haus in Flammen stand und wir glücklicherweise daraus gerettet wurden. Bei meinen Zieheltern stimmte das nämlich tatsächlich. Sie steckten fest, als das Haus, in dem sie sich befanden, zu brennen begonnen hat. Zu dem Zeitpunkt haben sie „bewacht", doch das schützte sie auch nicht. Daher war es mir möglich, diese Ausrede ebenfalls zu verwenden. Niemand wusste, dass ich nicht dort war. Bei meinen leiblichen Eltern benötigte ich keine Ausrede, denn in der Zeit ging ich nicht zur Schule. Jetzt wohnte ich auf einem Bauernhof und ging wieder zur Schule. Doch hier konnte ich die Ausrede mit dem Brand nicht verwenden. Lange Zeit hatte ich überlegt, was ich nehmen sollte, um nicht die Wahrheit erzählen zu müssen und alle anderen in Gefahr zu bringen. Also erzählte ich, dass ich ein Rehkitz retten wollte, als wir die Felder abgemäht hatten und der Fahrer des Mähdreschers sowohl das Rehjunge als auch mich übersehen hatte und ich nicht schnell genug im Ausweichen war. Er hat mich voll getroffen und dabei bin ich angeblich unter die Klingen gekommen. Ich wusste nicht, ob mir diese Ausrede auch nur ansatzweise abgekauft wurde, doch immerhin war es nicht die Wahrheit.
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Baby Gays' Darktober [2022]
FanfictionBei diesem Buch handelt es sich um ein Halloween-Projekt von Baby Gays für Baby Gays. Bis zum 31.Oktober veröffentlichen wir regelmäßig einen One-Shot oder Zweiteiler, die aus Prompts zum Thema Halloween verfasst wurden. Insgesamt warten 11 Kurzgesc...