Einmal vor langer Zeit, da lebte in einem großen Königreich eine Prinzessin. Jeder sah sie als wunderschön und perfekt, da sie alle mit ihrem Lächeln und ihrem Lachen verzauberte. Sobald sie einen auch nur ansah, schien der Tag noch heller, die Farben noch kräftiger zu wirken. So kam es, dass jeder die Prinzessin vergötterte und anbetete. Leider machte sich das auch der König zunutze, der bei weitem nicht so rein im Herzen war wie seine Tochter. Mit ihrem Lächeln brachte er andere Könige dazu sich ihm zu unterwerfen und regierte bald mit eiserner Hand über das gesamte Land. Er ließ sich von den Juwelieren die schönsten Schmuckstücke bringen, von den Schmieden die besten Waffen fertigen und von den Schneidern sagenhafte Gewänder aus Samt und Seide nähen. Doch egal wie viele wundervolle Sachen er auch an sich riss, seine Gier konnte nicht gesättigt werden. Langsam aber sicher brachte er das eigene Königreich zum Zerfall.
Die Prinzessin war schon lange unglücklich gewesen. Jeder Blick aus dem Fenster zeigte ihr was sie angerichtet hatte, auch wenn man nun wirklich nicht ihr die Schuld zuschreiben konnte, da sie zu alledem gezwungen worden war. Mit jedem Tag wurde sie trauriger und ihr Lächeln immer glanzloser und blasser. Dem König entging diese Veränderung nicht, war ihm doch aufgefallen, dass die Untertanen nun nicht mehr so stark unter dem Einfluss des Lächelns der Prinzessin standen. Als eines Tages ihm das erste Mal seit seine Tochter geboren war, widersprochen wurde, war es um seinen Verstand geschehen. Er fluchte und tobte, drohte damit das Königreich endgültig dem Untergang zu überlassen. Die Untertanen stellten sich ihrem König entgegen. In der Nacht als das Schloss gestürmt wurde, nutzte die Prinzessin die Chance und floh. Sie wollte weit, weit weg, wo niemand sie kannte und sie schwor sich nie wieder in ihrem Leben zu Lächeln, war alles was es bisher angerichtet hatte, nichts weiter als ein Fluch gewesen.
Die Jahre vergingen. Das Königreich brach auseinander und die rechtmäßigen Könige bestiegen wieder ihre Throne, nur der im Schloss des einstigen Tyrannen blieb leer. Das Gesicht der Prinzessin zeichnete seither nur ein Ausdruck von Missmut, ihre Lippen waren zusammengekniffen als würden unsichtbare Fäden sie vernäht haben. Sie lebte allein im Wald, ihre Gesellschaft die vielen Tiere um sie herum. Jeder Tag verging wie der andere, eintönig und gleich. Die Prinzessin war froh, dass niemand nach ihr suchte, oder sollte es doch jemand tun, dass derjenige sie nicht fand.
Eines frühen Morgens jedoch stand die Prinzessin nichts ahnend am Fluss und wusch ihre Kleider, als sie plötzlich hinter sich Schritte hörte. Erschrocken drehte sie sich um und fand sich einem jungen Mann, etwa in ihrem Alter gegenüber, der sie überrascht aber freundlich anlächelte.
„Entschuldigung, ich hätte nicht gedacht, dass ich jemanden hier draußen finden würde. Ich bin vom Weg abgekommen-" Er brach ab, als ihn die Erkenntnis traf mit wem er da redete, woraufhin der Gesichtsausdruck der Prinzessin noch düsterer wurde.
„D-du bist die verschwundene Prinzessin. Die Prinzessin mit dem bezaubernden-" - „Sei still!", unterbrach ihn das Mädchen harsch. „Diese Prinzessin gibt es nicht mehr, niemand wird sie je wieder Lächeln sehen. Jetzt gibt es nur noch mich."
Ihre traurigen Augen verrieten dem jungen Mann einiges und er schien zu begreifen was eine, nun ehemalige, Prinzessin so weit abseits tat. Entschuldigend lächelte er sie an.
„Verzeiht.", sagte er. „Ich werde Euch in Ruhe lassen, ich suche nur das Dorf am Silberfluss."
Die Frau deutete nach Westen, wo nach einigen Meilen der Wald enden würde. Der junge Mann warf ihr einen dankbaren und gleichzeitig charmanten Blick zu, bevor er sich in die Richtung wandte in die sie gezeigt hatte.
„Auf Wiedersehen.", sagte die Frau schnell und ließ ihn mit verwundertem Blick stehen.Nun hätte die Geschichte der Prinzessin, die nicht mehr lächeln wollte, enden können. Jedoch kehrte der junge Mann nach einigen Wochen zurück, in der Hoffnung die Frau nochmals zu sehen, sollte sie gewillt sein ihn willkommen zu heißen. Ihre Miene mochte missmutig und abweisend sein, tief in ihrem Herzen wünschte sie sich jedoch jemanden mit dem sie einfach nur befreundet sein konnte. Ihre Furcht von anderen erkannt zu werden, hielt sie davon ab in die Gesellschaft zurückzukehren und so verharrte sie, tief im Wald, vor anderen verborgen.
Die Monate zogen ins Land und immer wieder trafen sich die beiden. Der junge Mann, so erfuhr sie, war Händler für seltene Kleinode und Schmuckstücke, weswegen er meist unterwegs war. Seine Art war warm und herzlich, besonders wenn er von den vielen Orten erzählte, die er bereits besucht hatte. Da die Frau früher nie das Schloss verlassen durfte, hörte sie jeder Geschichte, die er erzählte gespannt zu. Sie hingegen erzählte ihm Geschichten, die sie sich ausdachte, wenn sie im Wald die Einsamkeit überkam. So ging es eine lange Zeit.Eines Tages jedoch passierte etwas. Der junge Mann, der über die Zeit ihr erster, wirklicher Freund geworden war, der nicht verpflichtet war ihr zu dienen, erzählte gerade von einem Ereignis in einer Taverne, welche er so urkomisch beschrieb, dass die Frau nicht anders konnte als zu lächeln und leise zu lachen. Im nächsten Augenblick schlug sie sich schon die Hände vor den Mund, doch es war bereits zu spät. Sie sah den Schleier, der sich über den Blick des Mannes legte, das was allen passierte wenn sie sie lächeln sah. Für mehrere Momente schien er vollkommen verträumt zu sein, dann war der Bann zum Glück jedoch wieder gebrochen.
„Du solltest solche Geschichten nicht mehr erzählen.", erklärte sie mit monotoner Stimme und stand auf. Sie wandte sich dem Fluss zu und betrachtete verbittert ihr hübsches Gesicht. Nur Sekunden später stellte sich der Mann neben sie und sah ebenfalls auf die Spiegelung im Wasser.
„Tut mir leid.", sagte er mit ehrlicher Anteilnahme. „Aber du siehst tagein tagaus so unglücklich aus, dass ich es beinahe nicht aushalte. Niemand sollte sich so fühlen."
Dies brachte die Prinzessin wieder zum Lächeln, bevor sie es verhindern konnte, auch wenn es eher traurig aussah. Innerlich bereitete sie sich schon darauf vor, dass ihr Freund beginnen würde sie anzuschmachten und anzusehen als wäre sie ein übergöttliches Wesen, doch... nichts geschah.
Verwundert blickten sich die beiden über die Wasserspiegelung an. Zaghaft lächelte sie wieder. Wieder nichts. Ein Grinsen breitete sich auf dem Gesicht ihres Freundes aus.
„Scheint als könnte ich doch weiterhin meine Geschichten erzählen.", meinte er keck und die Frau lächelte noch mehr.
„Ja.", antwortete sie erleichtert und überglücklich.
Seitdem verging kein Tag an dem der Fluss nicht einmal still stand um das bezaubernde Lächeln der ehemaligen Prinzessin einzufangen.
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Inktober 2022 (but I write)
Короткий рассказEine etwas abgewandelte Form des Inktobers, denn ich werde nicht zeichnen, sondern schreiben! Warum? Weil ich keine Zeit zum Zeichnen habe :D. Enjoy!