Cheerleading

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-Kapitel Eins-

Es ist Dienstagnachmittag und ich komme aus der Turnhalle der Schule. Noch immer in meiner Cheerleader Uniform trete ich den Heimweg an. Ich hasse es. Ich hasse dieses blöde Outfit, ich hasse es mit Pompons tanzend durch die Halle zu hüpfen und ein Spiel anzufeuern, welches mich nicht interessiert. Ich hasse es die Träume meiner Mutter erfüllen zu müssen, anstatt an meine Eigenen zu denken. Meine Mutter war selbst im Cheerleading Team, hat es jedoch nie weit damit gebracht. Als ihre einzige Tochter wünscht sie sich, dass ich in ihre Fußstapfen trete und große Karriere mache. Verstehen, dass ich das nicht will, tut sie jedoch nicht.

Nachdenklich laufe ich zu meinem Auto und fische die Schlüssel aus meinem Rucksack. Ich kann Schritte hinter mir hören, die ich jedoch nicht genau zuordnen kann. Also drehe ich mich um und sehe Jason vor mir stehen. „Hey Ellie, ich habe euch trainieren sehen. Wo ich dich so gesehen habe, freue ich mich gleich noch mehr auf das Spiel. Vielleicht kommst du danach mal endlich mit ans Haus am See" uh... ich passe. „Danke Jason, ich denke jedoch eher nicht". Andauernd macht er das. Er denkt, weil er beliebt ist, dass er sich nehmen kann, wen er will. Bei mir ist er da jedoch an der falschen Adresse. Er widert mich nur an. Wenn er sich nicht bald von mir fernhält, werde ich noch durchdrehen. Er starrt mich an, doch ich halte seinem Blick stand. Beleidigt dreht er sich auf der Ferse um und verschwindet. Endlich.

Ich steige in mein Auto und lege eine meiner liebsten Kassetten ein. Heute soll es Grateful Dead sein. Ich fahre nachhause, in Gedanken und meine Musik gefangen, verpasse ich beinahe meine Haustür bremse jedoch noch rechtzeitig. Ein kurzer Blick in den Spiegel und zweimal ein und ausatmen später steige ich aus meinem Auto und laufe zum Haus. Noch einmal tief einatmen, bevor ich wieder so tun muss als hätte ich ein großartiges Training gehabt, damit es mom gut geht. Als erstes lege ich meine Schlüssel und meinen Rucksack ab, ziehe die Schuhe aus und begebe mich in die Küche. Mom steht bereits am Tresen und bereitet unser Abendessen zu. Genau erkennen, was es gibt, kann ich nicht, fragen möchte ich jedoch auch nicht.

Auf dem Stuhl am Esstisch sitzt Dustin, vertieft über seinen Büchern. Ich unterbreche das Schweigen als ich hereinkomme und „da bin ich wieder" rufe. Mom schaut auf und lächelt mich an „na wie war das Training mein Schatz?" ich wusste, dass diese Frage kommen würde. „sehr gut, wir machen großartige Fortschritte". Ich sehe aus dem Augenwinkel wie Dustin mich missmutig anschaut. Er hat leicht reden. Er muss nicht dauernd der Erwartungshaltung unserer Mutter entsprechen. Ich ignoriere seinen Blick und setze mich auf den Stuhl neben ihn.

Wir essen zu Abend, Dustin erzählt von einem Projekt aus der Schule und mom von ihrem Tag auf der Arbeit. Ich höre zu, sage jedoch nicht viel. Großen Hunger habe ich ebenfalls nicht. Mom schaut mich besorgt an „du hast kaum etwas gegessen. Geht es dir nicht gut?" „nein mom, alles in Ordnung. Ich bin nur müde. Ist es in Ordnung, wenn ich aufstehe?" antworte ich ihr. „Natürlich darfst du aufstehen das Training war bestimmt anstrengend, ruhe dich ein wenig aus". Ja das Training war anstrengend. Die ganze Zeit so zu tun als würde es mir Spaß machen jedoch noch viel mehr. Keine 15 Minuten später klopft es an meiner Zimmertür. Ich rufe nur „herein" und sehe Dustins Kopf hereinschauen „was ist?" frage ich. Nun kommt Dustin ganz rein und schließt leise die Tür. „Ellie so kann es doch nicht weiter gehen. Sag mom doch endlich, dass du unglücklich bist und aus dem Team raus willst" manchmal frage ich mich ernsthaft, ob er auch einmal zwei Schritte weiterdenkt „Dustin tu nicht so, als ob die Sache so leicht wäre. Du weißt genau wie ich, dass mom immer wollte, dass ich in ihre Fußstapfen trete. Sie wäre unglaublich enttäuscht von mir, wenn ich aus dem Team aussteige". „Es ist doch egal was mom will. Wenn sie wüsste, wie unglücklich du bist, würde sie vielleicht einsehen, warum du aufhören willst" „lass gut sein Dustin" auf so ein Gespräch habe ich nun wirklich keine Lust. Er setzt sich zu mir aufs Bett und sieht mich an. Dann lehnt er sich zu mir für eine Umarmung, die ich gerne annehme. Wir streiten uns wie es Geschwister nun mal tun, doch sind wir mindestens genauso sehr füreinander da, wenn wir uns brauchen. Wann ist mein kleiner Bruder nur so groß geworden?

Als ich das nächste Mal auf die Uhr schaue ist es bereits halb 12. Mist, ich muss dringend schlafen, morgen wird ein langer Tag für mich. Nach der Schule habe ich noch eine Schicht mit Steve und Robin. Also schalte ich das Licht aus und schaffe es verhältnismäßig schnell einzuschlafen.

Schon seit ein paar Jahren habe ich starke Probleme damit einzuschlafen und durchzuschlafen. Immer wieder werde ich nachts von Alpträumen geweckt und finde kaum Ruhe. Letztendlich habe ich mich doch daran gewöhnt. Als Elf nach Hawkins kam und all das Chaos begann, wurden meine Alpträume noch schlimmer. Darüber reden möchte ich jedoch nicht. Alle kämpfen stark mit dem, was uns zugestoßen ist. Es wird Zeit für uns, zu versuchen unser Leben so normal wie es nur geht weiterzuführen.

Deeply in loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt