Die Erdbeeren entwickeln Mordgelüste

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„Na wen haben wir denn da? Einen neuen Freund gefunden, Jackson?", fragte das dicke Mädchen in Tarnjacke, das Harry auf den Boden geschubst hatte. 

„Lass ihn in Ruhe, Clarisse, nicht jeder möchte was mit dir zu tun haben", sagte Percy, doch anstatt Harry aufzuhelfen, starrte er das Mädchen nur feindselig an. Sie erinnerte Harry ganz stark an Dudley. Doch irgendetwas an ihr sagte Harry, dass er bei diesem Mädchen besser aufpassen musste: sie schien Dudley geistig definitiv überlegen.

„Das ist Clarisse, Tochter des Ares", stellte Percy sie genervt vor.

„Wie ist dein Name, Neuer?", fragte Clarisse abfällig, als Harry sich aufrappelte.

„Harry, Sohn des James", gab Harry zurück. Wenn sich alle hier so komisch vorstellten, tat er das eben auch.

„Große Klappe, he? Passt ja zu dir, Jackson."

„Wenigstens habe ich etwas interessantes zu sagen.", erwiderte Percy.

„Du erinnerst mich an meinen Cousin Dudley.", sagte Harry zu Clarisse, „Der ist auch groß, fett und haut anderen gerne eine rein. Hat damit geendet, dass ihm ein Schweineschwänzchen gewachsen ist."

Clarisse schnaubte. Percy sah Harry nachdenklich an. „Vielleicht bist du ein Sohn von Circe", mutmaßte er, „Die verwandelt auch gerne Männer in Schweine."

„Von wem?", fragte Harry verwirrt. Was hatten die nur alle mit ihrem Sohn von soundso?

„Nicht so wichtig. Komm, überlassen wir dieses Stück Dreck sich selbst", sagte Percy und ging an Clarisse vorbei, ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen. Harry beeilte sich, ihm zu folgen.

„Ist die immer so drauf?", fragte er Percy, als sie außer Hörweite waren.

„Clarisse? Besser, du gehst ihr aus dem Weg. Sie ist Meisterin darin, Streit anzufangen."

Das bewies wieder einmal, dass Harry hingegen Meister im sich-in-Schwierigkeiten-bringen war, denn er hatte sich ja bereits mit Clarisse angelegt, und wenn es stimmte, was Percy sagte, dann würde sie ihn nicht so einfach davonkommen lassen.

Percy führte Harry herum, zeigte ihm das Volleyballfeld, die Schwertkampfarena und das Amphitheater.

„Ist das Lava? Echte Lava?", fragte Harry, als sie bei einer Kletterwand ankamen. 

„Was denkst du denn?", fragte Percy grinsend, „Erhöht die Herausforderung. Sonst wäre es doch langweilig."

Und Harry dachte immer, Hogwarts hätte mangelnde Sicherheitsvorkehrungen...

Schließlich kamen sie zu den riesigen Erdbeerfeldern, wo Jungs mit haarigen Beinen und Hörnern auf Flöten spielten. 

Harry sah ihnen fasziniert zu, bis er plötzlich ein Ziehen an seinem Hosenbein spürte. Als er hinunterblickte, sah er, wie eine Erdbeerranke begann, sein Bein emporzuklettern, seine Schuhe am Boden zu verankern und sich immer enger zog, sodass sie sich schmerzhaft in Harrys Fleisch bohrte.

„Aah! Ist das auch so eine Teufelsschlinge, oder was?", rief er panisch, „Die hatten wir vor zwei Jahren an der Schule, und das Teil hätte Ron fast umgebracht!"

Zu Abwechslung war es nun Percy, der verwirrt aussah. „Äh, nein, das sind Erdbeeren. Grover, hilf uns mal!" Er winkte einem der behaarten Jungs, der daraufhin zu ihnen herübertrabte, und Harry konnte sehen, dass er Hufe hatte, wie eine Ziege. Der Junge betrachtete Harrys Problem, setzte dann seine Flöte an und spielte eine etwas quietschige Melodie. Die Erdbeeren brauchten ziemlich lange, bis sie sich beruhigt hatten und Harry wieder freiließen, und der Flötenjunge war ganz außer Atem.

„Was hat er gemacht, Percy, dass sie so wütend wurden?", fragte er, als wären die Erdbeeren vernunftbegabte Wesen. 

Harry wollte gerade sagen, er hätte gar nichts gemacht, doch Percy kam ihm zuvor. „Keine Ahnung, nichts Ungewöhnliches. Aus irgendeinem Grund scheinen die Erdbeeren ihn nicht zu mögen."

Das war in der Tat unpraktisch, denn von Erdbeerpflanzen wimmelte es hier im Camp nur so. Sicherheitshalber entfernte sich Harry einige Schritte von den Feldern und beschloss, zukünftig Mindestabstand zu halten.

„Das ist übrigens Grover, mein bester Freund", stellte Percy den Ziegenjungen vor. Grover meckerte zur Bestätigung. Vielleicht war er der Sohn der Ziege? Harry beschloss, lieber nicht nachzufragen, er hatte sich für heute schon genug Feinde gemacht.

„Ich bin Harry", sagte Harry zum gefühlt tausendsten Mal an diesem Tag.

„Ich hatte früher nie so richtige Freunde, aber dann kam Grover", erklärte Percy, als sie weitergingen. 

Harry nickte, die Geschichte kam ihm bekannt vor. „Ich auch nicht, aber dann habe ich Ron kennen gelernt. Er ist der beste Kumpel, den man sich vorstellen kann. Zusammen haben wir es sogar mit einem Nest voller Riesenspinnen aufgenommen, obwohl er wahnsinnige Angst vor Spinnen hat."

„Ach ja? Hast du generell schon viele Monster besiegt?", fragte Percy ehrlich interessiert.

„Naja, geht so. Vor kurzem habe ich einen Basilisken erlegt, und einen Troll haben wir auch schon k.o. gehauen. Außerdem habe ich gegen ein mordlustiges Tagebuch gekämpft – und gewonnen! und meinen Lehrer habe ich auch schon besiegt. Er hatte zwei Gesichter und war total übergeschnappt."

Percy nickte eifrig. „Das kenne ich! Ich habe auch schon meine Mathelehrerin auf dem Gewissen. Und gegen Tante Em, den falschen Chihuahua und den Minotaurus habe ich auch schon gekämpft. Als ich im Kindergarten war, habe ich mal eine Schlange mit bloßen Händen erwürgt!"

„Ich kann mit Schlangen reden", fiel Harry ein, „Und ich hab mal eine auf meinen Cousin Dudley gehetzt!"

„Der, mit dem Schweineschwänzchen?"

Harry nickte.

„Letztens waren wir in der Unterwelt, und dort bin ich Zerberus begegnet", erzählte Percy, „Du weißt schon, dem riesigen, dreiköpfigen Hund!"

„Ach, du meinst Fluffy?", fragte Harry, „Ja, der ist das Haustier von meinem Freund. Wir haben letztes Jahr ein Konzert für ihn gegeben."

„Hades ist dein Freund?", fragte Percy verwirrt und verwirrte damit auch Harry. Da er schon wieder keine Ahnung hatte, von wem Percy redete, wechselte er einfach das Thema.

„Jedenfalls, letztes Jahr wurde ich im verbotenen Wald von einem einhornmordenden Unding überfallen, aber ein Zentaur hat mich gerettet"

Percy schnappte entsetzt nach Luft. „Das ist furchtbar! Niemand darf Pferden etwas tun! Oh, da fällt mir ein, willst du die Pegasi sehen?"

Sie unterbrachen ihren Egowettkampf und schauten sich die Ställe an. „Das ist Blackjack", stellte Percy einen schwarzen Pegasushengst vor. Blackjack wieherte. „Nein, du hattest schon genug Zuckerwürfel", antwortete Percy.

„Du redest mit ihm?", fragte Harry überrascht. Er konnte zwar mit Schlangen reden, aber von Leuten, die mit Pferden reden konnten, hatte er noch nicht gehört.

„Klar", sagte Percy, „Mein Dad hat die Pferde erschaffen"

Das bezweifelte Harry ernsthaft, aber er hielt es für klug, das für sich zu behalten.

Harry Potter und das Camp voller HalbgötterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt