Das Bett war lange nicht so bequem wie mein eigenes. Einschlafen viel mir schwer, schließlich musste ich die ganzen Eindrücke des Tages erst einmal verarbeiten. Das Licht in unserem Zimmer hatten wir die Nacht über angelassen, in der Angst, wieder entführt zu werden, obwohl es keinen Sinn ergab, es beruhigte uns trotzdem ein wenig. Wieder wurden wir zum Frühstück von der Klingel erschrocken und hetzten uns ins Auditoriengebäude. Mein Anzug saß immer noch so gut wie gestern. Ich hatte mir noch eine Trainingsjacke übergeworfen, da die Flure über Nacht alle kalt geworden waren. Draußen herrschte tiefer Nebel. Er umhüllte den Campus und machte mir ein wenig Angst. Als wir im Speisesaal ankamen, suchte ich mir mit Belinda einen schönen Platz zum Frühstücken. Ganz in der Ecke war ein kleiner runder Tisch, nur für zwei Personen. Dort setzten wir uns hin. Dann bedienten wir uns an dem riesigen Frühstücksangebot. Es gab Omelett, Salate und Fleisch, es kam mir eher vor, als wäre es ein riesiges Festmahl. Der Staat hatte Geld, das sah man.
Plötzlich fiel mir ein, dass ich M. Rodd doch etwas fragen wollte. „Wer wurde nun von der Welle getroffen?", fragte ich mich, „Wie kann eine Pflanze so viel bewirken?" Ich wusste, ich müsse noch eine Weile warten, bis ich antworten erhalten würde, ich wollte mich aber nicht gedulden. Ich fand, dass ich das Recht hatte, alles zu erfahren, so früh wie möglich. Das wäre wohl das Mindeste gewesen. Wir wurden nach dem Frühstück ins Auditorium gerufen, wir sollten uns die Rede von Travis Eclenbourgh anhören. Natürlich stand er nicht in Person vor uns, sondern ein Hologramm seines Körpers leuchtete kühlblau auf der Bühne. Er redete von Oregano und verschiedenen Seren, die er bereits in der Vergangenheit versucht hatte anzuwenden, alles vergeblich. Origanum sollte jetzt alles ändern.
Es kam mir vor, als würde ein neues homöopathisches Mittel auf den Markt gebracht worden sein, dass kaum geprüft war. Unsere Mission war Hoffnung. Wir sollten einem Fremden vertrauen, dass das, was wir tun werden die Welt retten wird, dass wir es überleben und, dass Riley nicht mehr lebt. Wir konnten nur glauben, wir konnten nur hoffen. Es wunderte mich, dass wir nicht ehrenwert genug waren, um Eclenbourgh in Person anzutreffen, er schien mir feige zu sein, ängstlich und geheimnisvoll. Was ich über ihn wusste gleich dem Inhalt einer Erbse und es machte mich unsagbar wütend. Er machte mir Angst.Nach dem Frühstück gingen Belinda, Maya und ich zur Bibliothek. Wie jeder normale andere Raum auch, war sie sehr modern, total weiß und sauber. Bei mir zu Hause war es immer hölzern eingerichtet, manchmal lag Staub auf den Schränken, es war nun mal normal.
Belinda und ich wollten mehr über die Geschichte der Welle herausfinden und da man dem Internet schon nicht trauen konnte hofften wir, dass man Büchern vertrauen kann.
Die Bibliothek glich einem Labyrinth aus hellen Regalen, in denen gepflegte Bücher standen. Sie war bis ins kleinste Detail sortiert, nach Buchstaben. Ich suchte nach dem Abteil BL. Als wird dort angelangten reihten sich unzählige Bücher mit blauen Covern aneinander. Die Titel der Bücher lauteten zum Beispiel „Die blaue Welle-Wie sie unsere Welt spaltete" oder „George Riley-Held oder Monstrum?" Sie alle wirkten wie unglaubwürdige Geschichten. Wir liefen weiter und an einem Buch blieb ich hängen. „Die blaue Welle ist nichts Neues" Es weckte mein Interesse. Die Bibliothek war still. Durch die gedämmten Wände wurden laute Geräusche sofort geschluckt. Ich zog das Buch aus dem Regal und sah mir das Cover an. Anders als die anderen hatte es keine Satellitenaufnahmen von der blauen Welle aufgedruckt bekommen, es war orange. Ein orangener Streifen, wie die Lichtgeschwindigkeit zog sich über das Cover. Was hatte dieser orangene Streifen mit der blauen Welle zu tun? Ich drehte das Buch um, wollte den Klappentext lesen und der erste Satz, den ich las, verschlug mir die Sprache.
Das rote Ultimatum ist aggressiver, es wird unsere Welt zerbrechen lassen, es wird sie in Stücke reißen und sie zu einem unlösbaren Puzzle formen.
„Belinda, sieh dir das an!", sagte ich erschrocken von den Zeilen. Ich las den Klappentext nicht weiter, ich wollte das Buch in Ruhe lesen. Ich lieh mir das Buch aus und verstaute es in unserem Zimmer unter meinem Bett. Mir wurde nun immer klarer, dass das Mysterium um die blaue Welle größer zu sein scheint als vermutet. Ich versprach mir eines: Ich muss allein auf die Lösung kommen, sonst werde ich die Welt höchstwahrscheinlich nicht retten, sondern nur noch mehr zersplittern.Mister Rodd sagte uns, wir sollen unsere Sachen anfangen zu packen, wir würden bald aufbrechen. „Was jetzt schon, wir haben doch noch gar nichts gelernt!", sagte Jonathan, der Junge, der auch schon im Auditorium komische Fragen gestellt hatte. Mittlerweile kannte man alle Namen der Klasse, ich meine der Mission, und wusste sie alle zu schätzen. Viele Tage waren schon vergangen, aber nicht genug, um uns an die Front zu stellen und Origanum auszulösen. Dafür wussten wir zu wenig, wenn das nicht auch das Ziel war.
Ich machte mir unsagbare Sorgen, ob diese Mission gut ist oder nur gut aussehen soll. Ich musste mehr über das rote Ultimatum erfahren und wissen, wie es in Bezug zur blauen Welle steht. Nach dem Satz, den ich gelesen hatte wollte ich nicht, dass dieser Streifen unsere Welt endgültig auseinanderreißt.
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ORIGANUM- Die blaue Welle (pausiert)
Teen FictionVor acht Jahren geschah das Unmögliche. Niemand hatte erwartet, dass George Riley sein Werk wirklich vollendet und niemand hat gedacht oder auch nur ein kleinen wenig erwartet, dass es dieses Ausmaß nehmen würde. Ich habe diese Bilder noch sicher im...