Kapitel 10

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Als wir auf das Schulgelände fuhren und schließlich aus dem Wagen ausstiegen, klammerte ich mich sofort panisch an Eliah fest. Hier waren einfach so viele Menschen! Ich zuckte etwas zusammen, als meine empfindliche Nase mit den vielen verschiedenen Gerüchen überrollt wurde. Eliah nahm beruhigend meine Hand, die sich immer fester in seinen Arm bohrte.
„Schon gut, wir bleiben kurz stehen, dann kannst du dich daran gewöhnen.", wie er es gesagt hatte, blieb er stehen und ich presste mich noch etwas näher an ihn.
Ich versuchte langsam zu atmen, damit die Gerüche nicht die Überhand übernahmen, doch ich wollte mich einfach nicht daran gewöhnen. Jiro flankierte mich von der anderen Seite, beide Jungen warteten geduldig, bis sich mein Atem wieder beruhigt hatte. Erst als ich das okay gab bewegten wir uns uns auf das große Gebäude zu. Ich war wirklich froh, dass ich Jiro und Eliah bei mir hatte, denn sie gaben mir die Sicherheit die ich brauchte, um nicht den Verstand zu verlieren.
Als wir den Klassenraum erreichten rahmten mich die beiden zwischen sich ein. Neugierig betrachteten mich die andern Schülerinen und Schüler.
„Hey, bist du neu hier?", ein Mädchen zog sich einen Stuhl zu unserm Tisch und setzte sich zu uns.
Ihr breites Grinsen und ihre anscheinend recht offene Art ließen sie sofort sympathisch wirken, sodass ich meine Scheu tatsächlich ein wenig vergaß.
„Ja. Naja eigentlich ein Jahr unter euch, aber ich heute einfach nur zum gucken da.", erklärte ich schließlich.
Da ich ein Jahr jüngere war als Jiro und Eliah müsste ich eigentlich eine Klasse unter ihnen besuchen, aber das würde ich wohl erst dann machen, wenn ich mich hier sicher fühlte. Zur Schule gehen wollte ich aber auf jeden Fall, das hatte ich mir schon immer gewünsch. Dort konnte ich Kontakte knüpfen und vielleicht sogar ein paar Freunde finden. So wie ich mich jedoch kannte, würde dies lange dauern, denn ich wusste immer nicht, wie ich mit anderen Menschen umgehen sollte. Das war eines der Dinge, die ich während meiner Kindheit nicht wirklich gelernt hatte und eine doch recht wichtige Eigenschaft.
„Jonah bleibt erst einmal etwas bei uns, solange bis er sich eingelebt hat und sich sicher genug fühlt, in eine neue Umgebung zu wechseln.", erklärte Eliah, als er meinen etwas verzweifelten Blick bemerkte.
„Aha. Naja, ich freu mich auf die Zeit, die du hier bist.", das Mädchen lächelte mich an und ich lächelte zurück.
Ein paar Minuten später betrat ein Mann von mittlerem Alter denRaum, unter seinem Arm klemmte ein Stapel Zettel, der dazu führte, dass sowohl Jiro als auch Eliah das Gesicht verzogen.
„Die Arbeit.", murmelte Jiro.
„Oh Mist, das wird doch nichts.", grummelte Eliah.
Als ich mich etwas in der Klasse umsah, fiel mir auf, dass auch viele andere eher besorgt oder abgeschreckt aussahen.
„War es nicht so gut?", wollte ich deswegen wissen.
„Das ist eine Untertreibung. Das war die schlechteste Arbeit, die ich in meinem Leben geschrieben habe. Wenn das keine fünf wird, dann weiß ich auch nicht.", Eliah seufzte und betrachtete den Lehrre, der sich nun mit strengem Gesichtsausdruck aufmachte, um die Arbeiten zu verteilen.
„Da kann ich dir nur zustimmen. Das war echt eine Katastrophe.", jammerte Jiro.
Ich konnte mir ein kleines Lachen nicht verkneifen, denn ich wusste nicht, wie sich so etwas anfühlen musste. Ich hatte noch nie in meinem Leben eine ARbeit oder einen test geschrieben. Natürlich hatte ich Prüfungen belegen müssen, aber die waren meist im Thema Kampfkunst oder ähnlichem. Ich hatte nie wirklich lernen müssen, um dann das Gelernte auf einen Zettel zu schrieben. Das war auch der Grund, wieso ich die Angst, die Jiro und Eliah ganz offenbar empfanden, nicht nachvollziehen konnte. Als der Lehrer zu unserem Tisch kam, griff Eliah unter dem Tisch nach meiner Hand und beruhigend rückte ich zu. Jiro neben mir kaute nervös auf seiner Unterlippe.
„Wer bist du denn?", verwundert starrte der Lehrer mich an.
„Jonah Sir. Ich bin zum Gucken hier.", erklärte ich hastig.
„Okay, solange du meinen Unterricht nicht störst ist das für mich in Ordnung.", der Lehrer nickte, dann reichte er Eliah und Jiro ihre Arbeiten.
Beide hatten einen gequälten Gesichtsausdruck, als sie die letzte Seite aufschlugen.
„Und?", fragte Jiro.
„Fünf plus. Du?"
„Glatte fünf."
„Zeigt mal.", ohne weiter darüber nachzudenken, zog ich die Arbeiten der beiden zu mir herüber. Ich war wirklich neugierig zu erfahren, was den beiden so Probleme bereitet hatte. Es stellte sich heraus, dass es sich bei der Arbeit um eine Mathearbeit handelte. Und als ich sie mir ansah, musste ich zugeben, dass ich maßlos überfordert war. Mindestens die Hälfte der Sachen hatte ich noch nie gesehen, geschweige denn von ihnen gehört, weswegen ich beide Zettel nach einem kurzen Blick wieder zu ihren Besitzern zurückschob.
„Du verstehst es auch nicht oder?", Eliah, der immer noch meine Hand hielt, nahm seine Arbeit mit einem Lächeln entgegen und ließ sie sofort in seinem Rucksack verschwinden.
„Nein, nicht mal im Ansatz.", ich schüttelte den Kopf.
„Wie schön, dann sind wir damit schon zu dritt.", grinste Jiro..
Auch er hatte seine Arbeit bereits weggelegt und ich war mir sicher, dass die beiden sie so schnell nicht wieder herausholen würden.
Nun wandte ich meinen Blick gespannt nach vorn, wo der Lehrer bereits begann, etwas an die Tafel zu schreiben. Ich war wirklich neugierig darauf, was man hier so lernte, jedoch war mir noch nicht ganz klar, wofür man das später brauchen sollte, denn das meiste ergab in meinen Augen einfach gar keinen Sinn. Aber wer weiß, vielleicht braucht man es ja doch irgendwann einmal.

You're safe in my armes (BoyxBoy) (Abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt