Kapitel 3

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Nach einem Kampf mit meiner Schwester ums Badezimmer, beschließe ich, meine Zähne in der Küche zu putzen. Ich verstehe einfach nicht, wie man in der Früh so lange im Bad brauchen kann, wenn man doch eh den ganzen Tag nur zu Hause ist und sich nicht hübsch machen muss.

Als ich fertig bin, nehme ich die Hundeleine vom Haken an der Garderobe und gehe eine Runde mit Max spazieren. Außer mir hat selten jemand Zeit, sich mit ihm zu beschäftigen, denn Mum und Dad sind in ihrem Beruf so eingespannt und Mia hat nie Bock dazu. Manchmal nehme ich Max mit zu Lissa, denn sie hat eine Labradorhündin namens Lilly. Max und Lilly sind beste Freunde, aber da ich mich mit Lissa gestritten habe, werden diese Besuche wohl ausfallen.

Die Luft im Wald ist angenehm frisch, auch wenn um diese Zeit im Sommer auch früh schon sehr warm ist. Die Sonne malt goldene Sprenkel auf den von Tannennadeln übersäten Waldboden. Nachdem Max und ich eine Viertelstunde gejoggt sind, lasse ich in von der Leine, damit er sich in dem nahen Bach ein wenig abkühlen kann. Danach spazieren wir wieder gemütlich nach Hause, wo ich Max im Garten herumsausen lasse und mich auf schnellstem Weg in mein Zimmer mache, um zu überprüfen, ob Jannik sich schon gemeldet hat. Aber leider habe ich keinen Anruf in Abwesenheit. Ein wenig traurig rede ich mir ein, dass sich Jannik schon melden wird, wenn er nach Hause kommt. Andererseits: Gibt es eine Garantie dafür? Wer weiß, vielleicht will er nichts mit mir zu tun haben?

Ohne wirklich zu realisieren, was ich da tue, habe ich schon Lissas Nummer gewählt und auf den grünen Button geklickt. Mein Herz klopft mir bis zum Hals und mir ist schlecht, aber ich muss mich einfach mit ihr aussprechen, sonst zerfrisst mich das noch innerlich. Ich vermisse sie unglaublich, denn normalerweise wäre ich jetzt bei ihr oder sie bei mir und wir würden irgendwas machen, was Freundinnen halt so tun, wenn sie zusammen sind. Mach dem dritten Klingeln geht sie ran und ich wundere mich, dass sie überhaupt abhebt. "Hi.", meldet sie sich abwesend und ohne jegliche Emotion in der Stimme. Ich atme einmal tief ein und wieder aus. Da muss ich jetzt durch! "Hi, ich... äh... wollte mich entschuldigen, dass ich gestern so ausgerastet bin. Ich war einfach so wütend auf Laura und auch auf dich. Aber am meisten auf mich selbst, weil ich so eifersüchtig bin. Es tut mir so unglaublich leid, aber ich hatte Angst, dass Laura dich mir wegnimmt. Du bist meine beste Freundin und ich will dich nicht verlieren. Du fehlst mir. Ich weiß nicht, was ich mit der Zeit anfangen soll, die ich habe und mir fehlen deine Witze und dein Lachen. Ich weiß, es klingt kitschig, aber ohne dich fehlt ein Teil von mir. Es tut mir so leid, dass ich dich angeschrien habe und so vorwurfsvoll war. Bitte verzeih mir!", flehe ich. Eine Weile ist es still in der Leitung und ich habe schon Angst, dass Lissa aufgelegt hat, doch dann ertönt ihre leise Stimme. "Eli, du fehlst mir auch und ich nehme deine Entschuldigung an. Laura wollte die ganze Zeit etwas mit mir unternehmen und ich konnte auch nicht einfach Nein sagen. Es hat auch wirklich Spaß gemacht, aber nicht so viel wie mit dir. Ich vermisse dich auch!" Mein Herz macht vor Erleichterung einen Sprung und es fühlt sich an, als würde jemand ein schweres Gewicht von meinen Schultern nehmen. Wir verabreden uns für morgen bei mir, damit wir uns auch live aussprechen können.

Endlich ist alles geklärt. Auch wenn es nicht einmal vierundzwanzig Stunden waren, seit denen Lissa und ich uns gestritten haben, hat es sich wie eine Ewigkeit angefühlt und ich bin so unglaublich froh, dass wir das jetzt aus der Welt räumen konnten.

Mit einem Buch lege ich mich draußen im Garten in die Wiese, kann mich aber nicht wirklich auf den Roman konzentrieren. Auch wenn ich das Gespräch mit Lissa hinter mich gebracht habe, wartet noch ein nicht weniger wichtiges Telefonat auf mich. Wann wird Jannik sich melden? Ich kann es kaum erwarten und bin total nervös. Obwohl ich ihn kaum kenne, kann ich nicht bestreiten, dass ich die ganze Zeit an ihn denke. Ich ertappe mich sogar dabei, wie ich darüber nachdenke, wie sehr ich mich freuen würde, wenn er mich auch mögen würde. Und der Altersunterschied? Ich bin erst fünfzehn, Jannik schätze ich auf achtzehn. Aber so schlimm ist es doch gar nicht, oder? Mum und Dad zum Beispiel haben fast zehn Jahre Altersunterschied. Es ist verrückt, dass ich über einen fremden Jungen nachdenke, den ich genau einmal gesehen habe. Ich weiß nicht, was mich geritten hat, neben ihm sitzenzubleiben, auch wenn ich froh darüber bin, dass ich nicht weggelaufen bin. Ob ich verrückt bin? Definitiv.

                                       ☆☆☆☆☆

Nach dem Mittagessen, bei dem wir nur zu dritt sind, weil Dad arbeiten muss, eile ich in mein Zimmer. Puma schläft ausnahmsweise einmal nicht, sondern spielt mit einer Stoffmaus. Ich setze mich auf mein Bett und schnappe mir das Handy. Und tatsächlich: Ein Anruf in Abwesenheit!
Mit klopfendem Herzen rufe ich zurück. "Hallo?", ertönt es in der Leitung. Bei dem Klang seiner Stimme setzt mein Herz einen Schlag aus. Auch wenn ich versuche, ruhig zu bleiben, kann ich das Zittern meiner Stimme bei den nächsten Worten nicht unterdrücken. "Jannik? Hi, ich bin's, Elisa."
"Hi, tut mir leid, dass ich erst jetzt zurückrufe, aber ich hatte Fußballtraining.", entschuldigt er sich. "Das macht nichts.", versichere ich ihm, obwohl ich den ganzen Vormittag im Kreis gerannt bin.
"Was ich dich fragen wollte...", beginne ich zögernd. "Hättest du Lust, dich mal mit mir zu treffen? Ich meine, wir haben uns erst gestern kennengelernt, aber irgendwie... naja... Ich würde mich echt freuen, wenn wir uns wiedersehen würden.".
"Klar hätte ich Lust! Wann denn? Und vor allem: Wo?", will Jannik wissen. "Wie wäre es übermorgen im Schwimmbad?", schlage ich vor. "Klingt gut! Ich freue mich!", meint Jannik. "Ich mich auch! Na dann... Ciao!", verabschiede ich mich. "Ciao!", sagt er noch, dann legt er auf. Mein Herz macht einen Satz. Ich habe eine Verabredung mit Jannik. Ist das jetzt sowas wie ein Date? Im Schwimmbad? Ich weiß nicht. Den restlichen Tag verbringe ich damit, mir das Treffen auszumalen. Am Abend falle ich todmüde ins Bett und schlafe das erste Mal seit Ewigkeiten wieder richtig gut.

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