Kapitel 11

7 1 0
                                    

Zwei Wochen später

In den letzten zwei Wochen war ich weitere drei Male auf dem Hof und ich bin sogar schon ein paar Runden im Schritt geritten, auf Alice' Lipizzanerstute Luna. Alice ist wirklich total sympathisch und lustig und inzwischen sind wir sogar schon so etwas wie beste Freundinnen. Natürlich vergesse ich Lissa deswegen nicht, sie war sogar schon einmal mit am Hof und ich war in den letzten zwei Wochen viermal bei ihr zu Hause. Mit der Amselhof-Clique verstehe ich mich super, ich bin ja nun selbst ein Teil davon. Trotz allem ist mir auch Thomas mittlerweile sehr sympathisch geworden. Aber meine Beziehung zu Jannik ist irgenwie abgekühlt. Man sieht ihm an, dass es ihm nicht so recht passt, dass ich so viel Zeit am Amselhof verbringe. Er ist viel verschlossener und öfter schlecht gelaunt. Noch vor ein paar Wochen musste ich jedesmal verliebt lächeln, wenn ich auch nur an ihn dachte. Jetzt ist eher das Gegenteil der Fall. Und egal wie oft ich versucht habe, mit ihm darüber zu reden, er blockt mich immer ab und verschließt sich nur noch mehr. Mittlerweile habe ich es aufgegeben, mit ihm über sein derzeitiges Verhalten reden zu wollen.

Aber trotz allem gibt es auch zwei gute Nachrichten.
Erstens: Wir haben uns eine Wohnung angesehen, in die ich einziehen werde, sobald ich sechzehn bin. Und das ist eigentlich auch schon der zweite Punkt: Ich habe morgen Geburtstag und werde diesen auf dem Amselhof verbringen. Natürlich hätte ich auch sagen können, ich verzichte Jannik zuliebe darauf, aber da er mir nicht die Chance gibt, mit ihm zu reden, würde ich es unfair finden, meinen Geburtstag nicht zu feiern, wie ich will, nur weil er gerade nicht mit seinem Ego zurechtkommt. Und ja, ich weiß, dass das egoistisch meinerseits ist.

Die Wohnung ist nur fünfzehn Minuten vom Amselhof und weniger als eine halbe Stunde von Jannik entfernt.
Mum war gleich Feuer und Flamme und Dad konnte ich schließlich damit überzeugen, dass ich schon sehr erwachsen und damit auch vernünftig und selbstständig bin. Puma muss leider in der Villa bleiben, weil ich ihn nicht aus seiner gewohnten Umgebung reißen will und Katzen da ja sehr sensibel sind. Der Umzug ist schon komplett durchgeplant und ich freue mich, in den nächsten Tagen in meine Wohnung einzuziehen (Mum und Dad unterstützen mich aber noch finanziell, bis ich mein eigenes Geld verdiene).

Kaum öffne ich die Autotür, erklingt auch schon Happy Birthday. Sogar die Zicken-Clique singt mit. Tränen treten in meine Augen. Schade, dass Lissa heute keine Zeit hatte. Sie hat sich so oft entschuldigt und mir versprochen, dass wir nachfeiern. Jannik bemüht sich, glücklich auszusehen. Ich rechne es ihm hoch an. Wie gesagt, unsere Beziehung hat sehr unter den letzten Wochen gelitten.
"Happy Birthday!", quietscht Alice und umarmt mich fest. "Willkommen im Club der Sechzehnjährigen!"
Einer nach dem anderen gratuliert mir, außer Viki, Vanessa und Felix. Die verziehen sich, sobald das Lied aus ist. Aber es ist ja schon mal ein Fortschritt, dass sie überhaupt mitgesungen haben.

"Und jetzt bekommst du das Geschenk, es ließ sich aber leider nicht einpacken.", erklärt Jannik. "Ich hab doch gesagt, ich möchte nicht, dass ihr mir etwas schenkt!", protestiere ich verzweifelt. "Ach, jetzt halt doch den Mund und warte ab. Du wirst dich sowas von freuen!", schimpft Alice und verbindet mir die Augen. Vorsichtig legt sie meine linke Hand auf Janniks Schulter und die rechte auf ihre. So gehen wir los, die ganze Belegschaft folgt uns und ich bin schon richtig aufgeregt. Zuerst ist der Untergrund noch hart, Kopfsteinpflaster, dann ist er weich, Gras. Es wird ein bisschen kühler, wir müssen in der Nähe des Waldes sein. Eine Tür wird knarzend geöffnet, ich rieche Heu und Pferd. "So, du darfst die Augenbinde jetzt abnehmen!", drängt Alice aufgeregt. Jannik streift mir die Augenbinde ab und was ich jetzt sehe, kann ich kaum glauben.

"Wow! Das... gehört sie jetzt etwa mir? Oh Gott, das ist... das ist der Wahnsinn!", hauche ich und breche in Freudentränen aus. Alice streicht mir über den Rücken, während mein Freund einfach nur danebensteht und mir beim Heulen zusieht, auch wenn es nur vor Freude ist.
"Darf ich vorstellen?", beginnt Alice. "Das ist Finni, eine achtjährige Haflingerstute. Ihre neue Besitzerin heißt Elisa Winkler. Bei dem Kauf wurden wir von Liz unterstützt. Zusätzlich zu dem Pferd gibt es auch noch Sattel, Zaumzeug, Halfter und Führstrick, Putzkasten, natürlich vollständig ausgestattet, Abschwitzdecke und alles, was du als frischgebackene Pferdebesitzerin noch so brauchst. Untergebracht ist Finni in der Paddockbox zwischen Luna und Sternchen. Du bekommst gratis Reitstunden bei Jess und die Boxenmiete ist für die ersten zwei Monate auch schon bezahlt. Natürlich haben wir deine Eltern eingeweiht und ihre Zustimmung bekommen. Alle haben zu deinem Geschenk dazugezahlt, mit Ausnahme der Zicken-Clique natürlich, obwohl Viki glaube ich sogar fünfzig Euro beigesteuert hat. Und wie wir gehört haben, ziehst du in eine Wohnung, eine Viertelstunde von hier entfernt. Also ist alles perfekt und du bist schnell bei deinem Pferd, wenn etwas passieren sollte oder du einfach das Bedürfnis nach einer Kuscheleinheit mit deinem Vierbeiner hast. Das kann gar kein Zufall sein." Alice grinst und muss nach solch einem Redeschwall erst einmal tief durchatmen.

Everything ChangedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt