Der Vizegraf und das Gänslein (Anthony Bridgerton FF)

Der Streit um den Trampel

Lord Anthony sprach nicht mehr mit mir. Und glaubet mir, ich versuchte schon ständig, dass er mit mir nur über das Wetter spreche oder er mich wenigstens anschaue würde.
Ich werde mich nun damit abfinden, nein ich muss mich damit jetzt abfinden.

"Was ein herrliches Wetter" eröffne ich den Nachmittag mit Benedict.
Er schlendert neben mir her durch den Park.
Für den heutigen Abend ist spontan eine Feier im Park geplant und bevor diese beginnt, gehen wir durch den Park. Hinter uns Lady Danbury und Lady Bridgerton und zwischen uns Eloise mit Sir John Piéer. Sir Piéer scheint sehr angetan von Miss Eloise, ganz im Gegenteil zu ihr, die eher so aussieht, als würde seinen einen Plan schmieden schnellstmöglich zu fliehen.

"Was halten Sie davon?" Benedict schaut mich erwartungsvoll an, doch ich hatte nicht zugehört, also antworte ich einfach "ja, fantastisch..."
Zum Glück wiederholt er sich nochmal "also dann werden wir den ersten Tanz zusammen absolvieren."
Gut, dass lässt sich vereinbaren.
Lady Bridgerton ruft uns vom Ende der Reihe nochmal zusammen "Miss Alicia, Sie und Ihren Vater... Und noch ein paar andere Gäste.... Sind heute Abend noch eingeladen bei Lady Danbury für ein nettes Beisammensein nach den öffentlichen Festivitäten."

Mit einem "Vielen Dank" verneige ich mich in Richtung von Lady Danbury.
Die nickt mir zu "ich freue mich, Sie als Juwel dort heute begrüßen zu dürfen!"
Ich lächle ihr freundlich zu und gemeinsam gehen wir weiter zur Veranstaltung. Auf unserem Weg wartet schon mein Vater auf uns und flüstert mir zu "mit wem wirst du heut' zu erst tanzen? Darauf werden heute alle schauen."
"Warum werden darauf alle schauen? Ich werde mit Sir Benedict den ersten Tanz haben."dränge ich.
Vater überlegt "gut, gut. Es ist nunmal so, dass dieser Tanz heute normalerweise den anderen heiratswilligen symbolisiert, dass einer selbst eine mögliche Partie gefunden hat. Danach gehen die letzten Versuche hervor und dann in wenigen Wochen endet schon die Saison. Wenn man jetzt in der kommenden Wochen keine weiteren findet, muss man sich entscheiden, den jenigen zu heiraten oder auf die nächste Saison zu warten."
Das ist natürlich sehr beruhigend. In einer Woche muss ich mich entscheiden Benedict zu heiraten? Nein dass muss ich nicht entscheiden. Es wird das beste für mich sein und auch für ihn, oder?

Die Musik beginnt und Benedict führt mich zur Tanzfläche. Nicht nur weil er ein Bridgerton ist, der zweite in der Folge um genau zu sein, sondern auch weil ich das diesjährige Juwel bin, liegen die Blicke nicht nur auf den reizenden Damen und Herren neben uns, sondern ein großer Anteil schaut zu uns. In der Ecke sehe ich Sir Anthony mit einer jungen Dame stehen. Bei jeder Drehung versuche ich wieder hinzuschauen. Wer ist dieses Weib? Ist sie ein Fräulein unserer gleichens oder ist sie nur eine Bedienstete. Wäre es fernab, wo doch Eloise auch für einen Bürgerlichen Gefühle hat, dass der Lord gleiche Gelüste verspürt? Alicia, konzentrier dich auf dem Tanz, konzentrier dich auf Benedict. Doch wo schaut Sir Benedict hin? Ich folge seinem Blick. Ja schaut er auch zu Anthony hinüber? Denkt er vielleicht das gleiche, was ich denke?
Nach dem Tanz nicken wir uns höflich zu und gehen danach mit etwas Abstand zu unseren Familien. Auch Miss Daphne ist noch immer da. Sie zieht mich etwas zur Seite "ist alles in Ordnung bei Ihnen beiden... Soll ich mit meinem Bruder reden?"
Könnte sie auch mit Sir Anthony reden?
"Alles in bester Ordnung" versichere ich ihr. Und schaue nochmal rüber zu der Stelle, wo eben noch Sir Anthony und die Dame standen.
Ich blicke mich in Raum um, damit ich sie wiederfinde, vergebens.

Nach einigen Canapes und schmierigen Gesprächen mit Männern wie Mister Fourtan, der mir viel zu viel, ja einen ganzen Roman über seine Leberflecken erzählte, war mein Hunger auch schon vergangen. Getanzt habe ich nicht mehr, auch weil ich Benedict nicht mehr wieder fand.
Lady Bridgerton und Lady Basset nehmen mich in den Arm und führen mich mit sich zu Lady Danburys Anwesen. Dort waren durch die Fenster einige Leute zu sehen, vielleicht so 15 oder 20, unteranderem Benedict, der sich ungeduldig hin und her wendet. 

"Sir Benedict, suchen Sie etwas?" Gehe ich nun, etwas defensiv an die Sache heran.
"Entschuldigen Sie, Miss Carlisleham, ich bin gleich wieder für Sie da." Er geht schnurrstracks an mir vorbei und sein Atem riecht nach starkem Alkohol. Ich drehe mich um und schaue, ob mich jemand beobachtet. Als ich das verneinen kann, gehe ich bedacht hinter Benedict her. Er läuft nur zum Badezimmer. Nein Stopp, er geht woanders hin. Eine Besenkammer? Kann das sein?
"Was tust du nur da?" Schreit Benedict auf.
Ein lallen kommt zurück. Jemand der sehr betrunken scheint "du nimmst mir meine Liebe weg und ich dir deine!" Gluckst die Person und lacht dreckig und laut auf.
"Ich habe dich vorher gefragt. Hättest du ein Interesse an ihr gehabt, wäre ich nie so weit gegangen." Entgegnet Benedict.
Redet er wohl gerade über das Gespräch, was ich eines Tages im Garten belauscht habe?
Benedict fährt fort "Sophie, wie... Wie kannst du nur?"
Eine Frau ist dabei? Eine Frau, ihr Name ist sicherlich Sophie prustet los "Wie ich nur kann? Was gibst du dich mit dieser Dame ab? Du liebst sie doch gar nicht, sei ehrlich!"
Ich spähe um die Türecke und sehe Anthony "Simon hat es mir geraten. Ich soll mir eine andere suchen. Meine Gedanken frei bekommen. Mutter hat es wie immer..." Er gluckst kurz vom Alkohol und lächelt dann schief," ja Mutter und Daphne haben es Mal wieder rausgefunden. Um Simon hat mir geraten, dass Unanständigkeiten mit einer anderen Dame gut wären. Sie liebt dich und du liebst sie nicht, du Trottel nutzt sie nur aus. Da lässt sich jetzt gar nichts mehr machen" er gestikuliert wild und schreit Benedict an.
Dieser schreit wieder zurück "du Narr! Miss Alicia und ich sind Freunde! Wir beide dachten, es sei besser für uns. Du hast alles kaputt gemacht! Wärst du einfach Mal ehrlich gewesen, anstatt deinen dummen Stolz zu wahren. Was ist aus dir geworden. Willst die Ehre einer Frau beflecken? So weit treibt dich die Liebe?"
Plötzlich stürmt jemand an mir vorbei. Es ist Lady Basset. Wie lange stand sie wohl schon neben mir. Daphne beginnt ebenfalls zu schreien "ihr Dummköpfe! Was fällt euch ein? Miss Sophie, bitte verschwinden Sie. Und Anthony, was? Das hat Simon zu dir gesagt? Nicht etwa nur, dass du Ablenkung finden sollst."
Anthony nimmt seine Hände um sich zu bekräftigen "nein, er meinte eine Frau."
Daphne ist fast sprachlos und schluckt "dann meinte er sicher ein Lustfräulein und keine angesehene Dame. Hättest du mich nur ein Mal gefragt. Ich wusste, dass Miss Carlisleham ein Auge auf dich geworfen hat. Und nun schau sie dir an. Angeekelt von deinerselbst. Denkst du, sie könnte dich so lieben? Benedict hat Recht! Du hast es ruiniert!"
Benedict war zunächst geschockt mich im Türrahmen zu sehen, nickt dann aber zustimmend "Wärst du einfach..."
Daphne unterbricht ihn abermals "du solltest schon recht nicht anfangen. Miss Carlisleham ist es durch den ganzen Druck, die Tragödie mit ihrer Familie kaum zu verübeln, dass sie Sicherheit sucht, aber du? Du nutzt das Schamlos aus, ihre Gutmütigkeit. Damit du dich nicht um eine Dame kümmern musst. Weiterhin deinen Spaß haben kannst. Stimmt es? Liebst eine andere und versuchst Miss Alicia in eine Ehe zu drängen, die dir Vorteile bringt."
Ich Stelle mich ihr in den Weg "nein so ist es nicht, Lady Basset, ich wollte es auch. Damit ich Sicherheit habe. Damit ich einen wahren Freund an meiner Seite habe und niemand der mich hasst. Ich wusste worauf ich mich einlasse."
Benedict schaut etwas beruhigter nach meinem Kommentar.
Anthony kommt einen Schritt auf mich zu und schaut mir tief, aber etwas schielend in die Augen "du... Du hast gefühle für mich?"
"Ich habe doch alles für deine Aufmerksamkeit versucht. Tu nicht so, als hättest du es übersehen!" Nun kommen mir die Tränen und ich stampfe wütend und verschränke meine Arme vor meinem Körper.
Er sammelt sich "ich dachte, du wolltest nur wegen meinem Bruder ein enges Verhältnis zu mir. Ich ...ich konnte einfach nicht. Dich zu sehen mit ihm, es zerriss mich. Ich wollte es so schnell wie möglich hinter mir haben. Ich wollte dass ihr schnell weg seid, dass ich dich vergessen kann. Aber sei gewisse. Kein Ort dieser Welt wäre weit genug weg, um dich zu vergessen. Ich müsste mich einsperren. Habe gehofft Miss Beckett könne mich ablenken von meinem Schmerz. Aber nichts. Ich kann nichtmal eine Sekunde nicht an diese wundervollen strahlenden Augen denken. Nicht an dieses schöne lächeln, wenn ich wieder etwas dummes sage. Nicht einen Moment, ohne deinen Mut zu schätzen zu wissen. Denkst du mein Bruder ist auf die Idee mit dem Pferd gekommen? Nein das war ich. Ich wollte, dass du es hast, damit du nicht auf die Kutsche angewiesen bist und ich hoffte dass ihr dann schnell in den Flitterwochen seid und nicht mehr hier, bei mir. Denn jede Sekunde in der ich dich mit ihm sehen muss, ist ein Stich tief in mein Herz. "

Mein Atem ruckelt und mir wird schwindelig"du bist betrunken. Würdest du mich wirklich lieben, hättest du es mir auch so sagen können. Würdest du mich lieben, hättest du die Frauen nicht beglückt, sondern mich umworben. Anstatt hast du mich ignoriert und mich verachtet!"
Ich renne los. Einfach los. Weg. Ich muss hier raus.