Kapitel 1

1.3K 7 0
                                    

Mein Telefon vibrierte auf dem Tisch. Schnell sprang ich von der Couch auf und hechtete zu ihm. Ich nahm es in die Hände und drehte den Bildschirm so, dass ich ihn sehen konnte. Ein Gefühl der Enttäuschung machte sich in meiner Magengrube breit. Kraftlos sank ich mit dem Handy in der Hand auf das Sofa zurück und nahm den Anruf entgegen.

"Hey Süße, wie gehts dir? Hat sich der Bänker schon bei dir gemeldet?"

"Hey Mel", sagte ich. Ich liebte meine beste Freundin, aber gerade war sie mir keine grosse Hilfe. " Mir gehts gut." Ich verstellte meine Stimme ein wenig. Jedoch kannte mich Melissa zu gut.

"Hey was ist den los", bemerkte sie meinen Gemütszustand. "Die haben mich immer noch nicht angerufen. Ich drehe bald durch."

"Ach Mensch Jane, mach dir keinen Kopf, die rufen schon noch an. Du bist das beste was ihnen passieren kann, und das weißt du auch. Du hast dir nicht um sonst den Arsch abgerackert. Denke positiv."

Ich musste lächeln. Melissa wusste immer ganz genau, wie sie mich aufmuntern konnte.

"Komm ich lad dich heute zum Abendessen ein, was hältst du davon?"

"Na gut, wenn es sein muss", gab ich mich geschlagen.

"Easy, dann hol ich dich um sieben ab. Kuss, bis dann." Sie legte auf und gab mir keine Chance ihr zu antworten. Aber so war sie halt, ein kleiner Wirbelsturm, der alles umwarf, was ihm im Weg stand und dabei einen Duft von Blumen in der Gegend verteilte.

Ich konnte mich bis jetzt noch nicht dazu aufraffen meine unaufgeräumte Wohnung zu verlassen, aber irgendwann musste ich schließlich hinaus. Fünf Tage waren jetzt seit meiner Dossier Abgabe vergangen und sie hatten mich immer noch nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Eigentlich hätte ich mich auch bei anderen Firmen bewerben müssen, aber ich wollte nur bei der besten arbeiten. Ich hatte so viele Opfer gebracht, war auf keinen Partys, trank keinen Alkohol, hatte Geburtstage und Hochzeiten verpasst. Und wofür das ganze? Um die Beste an der Uni zu werden und um jetzt ohne irgendeinen Job da zu stehen. 

Perfekt

Hör auf dich in Selbstmitleid zu suhlen. Scheiße nochmal, ich wusste das ich damit aufhören musste, aber manchmal brauchte ich das einfach.

Ich stand auf, verließ das Wohnzimmer und lief in mein Bad. Meine Wohnung war nur klein, sie hatte ein Schlafzimmer, ein Wohnzimmer mit Durchgang zur Küche und ein abgetrenntes Badezimmer, aber dafür sehr gemütlich. Hier fühlte ich mich sicher.

Ein Blick in den Spiegel genügte, und ich erschrak vor mir selbst. Meine dunklen Haare, die mir normalerweise bis zum Po reichten, sahen aus wie ein Vogelnest. Ich hätte schwören können kleine Vogeleier und Äste darin zu finden. Ich beugte mich vorne über und band sie zu einem unordentlichen Dutt. 

In einem fleckigen beigen Kapuzenpulli und einer schwarzen Jogginghose, mit dazu passenden pinken, flauschigen Flipflops verließ ich meine Wohnung. Ich brauchte ganz ganz dringend einen frischen Kaffee und Pancakes. Mein Frühstück, das jetzt wohl eher ein brunch als ein Frühstück war, würde ich in meinem Lieblingscafé holen. Es befand sich ca. zehn Minuten von meiner Wohnung entfernt, und da ich in einem ein Kilometer Umkreis, eigentlich eh niemanden kannte, lief ich in meinem gemütlichen Outfit die Straße entlang. 

Kaum war ich angekommen, entdeckte mich die Kellnerin, und winkte mir freundlich zu.

"Hey Jane, das übliche?"

"Hallo Monika, ja bitte, ich warte hier", sagte ich zu der Bedienung und setzte mich an einen Tisch neben der Theke. 

Ich war hier Stammgast und bestellte immer das gleiche. Deshalb hatte sie meine Bestellung auch vorgezogen. Ich musste hier niemals warten. Das war ein Vorteil, wenn man sich mit der Besitzerin gut gestellt hatte. Monika war ein freundlicher und guter Mensch. Um die anderen Gäste nicht zu vergraulen, hatte sie extra nach Jenny, einer Praktikantin, gerufen. Nun stand die Cheffin mit der kleinen Jenny hinter dem Tresen und bereiteten die Bestellungen vor.

Monika reichte mir meinen heißen Karamelmacciato mit Zimt auf dem Milchschaum und die Pancakes die in Ahornsirup getränkt waren.

"Das macht dann 19.90£", sagte sie zu mir, herzlich lächelnd.

"Danke meine Liebe, mach 30." verschwörerisch zwinkerte ich ihr zu. Sie holte das Kartenlesegerät und ich bezahlte. Ich konnte sehen, wie sie sich über das Trinkgeld freute. Ich war ihr gegenüber immer eher spendabel aufgelegt, denn sie rettete meine Tage oft. Manchmal konnte ich bei ihr auch auf Rechnung kaufen und alles erst am Schluss der Woche bezahlen. Es war mir wichtig, dass wir ein so gutes Verhältnis hatten.

Ich drehte mich um und wollte gerade durch die Tür laufen, als mir jemand nachrief. Zumindest dachte ich das ich gemeint war, weil sonst niemand durch den Ausgang des Cafés ging.

"Bleiben sie bitte stehen!" 

Erschrocken drehte ich mich um. Meine schreckgeweiterten Augen wurden noch grösser, als ich realisierte, wer mir da gerade nachgerufen hatte.

Benjamin Jakob.

Ich sah kurz an mir herunter und realisierte, wie ich aussah.

Fuck

Das Spiel mit dem FeuerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt