12. Verrat (POV Tsuki)

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"Er hat mich also angelogen..", resignierte Yams. Sein Blick wanderte vom Brief zu mir. "Er hat dir also in seinem Brief an dich doch noch alles gestanden. Ich wusste, es war zu schön um wahr zu sein." Er zuckte mit den Schultern. "Was soll er mir gestanden haben?", hackte ich nach. "Ist das dein Ernst?! Soll ich das jetzt wirklich nochmal ausführen?", schrie er entsetzt. Ich hatte keine Ahnung was er mit ' gestanden' gemeint hatte, aber das wusste Yams anscheinend nicht. "Ja, ich bitte darum.", antwortete ich mit hochgezogener Augenbraue. "Dein scheiß Enrst? Ich soll ernsthaft wiederholen, dass ich ihm erzählt habe, ich hätte Bilder davon, wie du ihn gebumst hast, die ich dann verwendet habe um ihn zu erpressen, dass er ja niemandem erzählt, dass Kageyama ihn fast vergewaltigt hätte und dass er sich von dir fern hält. Willst du das nochmal hören?", schrie er. "Oder willst du hören, wie ich jedem in der Schule erzählt habe, dass er leicht zu haben wäre, damit er sich endlich aus meinem Leben verpisst und ich dich endlich für mich haben kann? Aber nein, er kann ja nicht heimlich, still und leise gehen. Er muss dir ja alles gestehen. Wenn ich ihn in die Finger bekomme, werde ich dafür sorgen, dass er es bereuen wird, sich auf dich eingelassen zu haben. Wie konnte sich dieser Vollidiot nur in dich verlieben? Du gehörst zu mir und zu niemand anderem!!" Mir blieb der Mund offen stehen.Verlieben?... Hinata war in mich verliebt?... Wieso ist mir das nicht aufgefallen?... Vielleicht hätte ich... Nun trat wieder Wut an die Oberfläche. Ich ballte meine Hände zu Fäuste, um meinem besten Freund nicht die Fresse zu polieren. "Du hast es gewusst?", fragte ich fassungslos. "Du hast gewusst, dass er in mich verliebt war?" Meine Stimme wurde lauter. "Du siehst zu, wie mein Herz gebrochen wird, obwohl du genau weißt, dass derjenige, der dafür verantwortlich ist, es mir bricht?" Ich begann zu schreien. "Nein, DU BIST DERJENIGE, DER DAFÜR SORGT, DASS ER ES MIR BRICHT!!!!" Jetzt war ich in Rage. Ich drehte mich ruckartig von Yams weg, zog mit der rechten Faust aus und schlug mit aller Kraft in die Bank. Ich zerbrach dabei zwei Holzplanken. Dann drehte ich mich wieder zu ihm um. "DU LÄSST ZU, DASS DER DRECKSKÖNIG IHN FAST VERGEWALTIGT UND VERTUSCHT ES AUCH NOCH?!" Mittlerweile traten mir Tränen in die Augen. Aus Wut wurde Schmerz, nicht nur meiner, sondern auch der von Sho. "UND DANN FÄLLT DIR NICHT BESSERES EIN, ALS IHM DIE SCHULD ZU GEBEN, IHM, DER NICHTS GETAN HAT, ALS SICH ZU VERLIEBEN? IHM, DER SCHON GENUG DURCHGEMACHT HATTE? IHM, der mir alles bedeutet hat..." Meine Stimme brach. Tränen rannen über mein Gesicht. "Aber... Ich sollte derjenige sein, der dir alles bedeutet.", brachte Yams vor. "Ich war immer an deiner Seite, ich habe dich so akzeptiert, wie du bist. Er kennt dich nicht halb so gut wie ich...", protestierte Yams. "Du hast keine Ahnung..", antwortete ich leise und reichte Yams meinen Brief von Sho. Er hatte gewusst, dass er an diesem Abend eigentlich nur eine Spielfigur für mich war und das ich ihm etwas untergemischt hatte. Aber er nahm es mir nicht böse. Yams las den Brief und begann zu weinen. "Er hat sein Wort gehalten...", stammelte er leise. "Ja, das hat er. Egal was du oder dieses Arschloch von Kageyama ihm angetan habt, er hat euch nicht verraten. Er weiß, dass du mein bester Freund bist und das mich diese Information innerlich getötet hätte. Also hat er alles still und heimlich ertragen." Da wurde es mir klar. Was er alles für mich ertragen hat... Und ich?.. Ich hatte nach einer kleinen Auseinandersetzung aufgegeben... Mir halten die Worte unseres Streits noch in den Ohren. "Geh doch zu deinem heißgeliebten König"... Oh nein... Was hatte ich an diesem Tag nur zu ihm gesagt... Ich war wütend gewesen... Aber das er die Woche zuvor fast... Woher hätte ich das Wissen sollen?... Ich ertrug meine Gedanken nicht mehr und sackte ihn mich zusammen. Es war einfach zuviel. Yams wollte zu mir eilen, aber ich hielt nur eine Hand hoch. Ich konnte seine Berührung und auch seinen Trost nicht ertragen. Es war zuviel passiert. Und ich hatte keine Möglichkeit, es wieder gut zu machen. Ich atmete einmal tief durch um mich zu sammeln, stand wieder auf und sah Yams an. Es wirkte, als hätte er verstanden, was er angerichtet hatte, denn er ließ Kopf und Schultern hängen. "Was geschehen ist, ist geschehen.", sagte ich zu ihm und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Er hob seinen Kopf. "Du verzeihst mir?", fragte er ungläubig. "Noch nicht. Du musst dir dein Vertrauen mir gegenüber erst wieder verdienen, aber ich gebe dir noch eine Chance." Ich hatte nichts mehr zu verlieren. Er war leider einer der Wenigen, die mich gut kannten. "Danke!", weinte er und umarmte mich. Ich ließ ihn gewähren, ohne die Umarmung zu erwidern. "Aber der Drecksack Kageyama wird mir nicht davon kommen.", sagte ich bedrohlich. "Bitte, lass ihn in Ruhe. Er weiß, dass er Scheiße gebaut hat. Er bereut es schon so lange.... Bitte, lass ihn einfach in Ruhe.", flehte Yams. "Ich denk darüber nach.", gab ich nur als Antwort zurück. "Ich werde jetzt heimgehen. Das solltest du auch tun, Yams.", sagte ich, während ich meine Tasche vom Boden aufhob und den Brief von Sho darin verstaute. "Ok"

So trennten sich unsere Wege. Eigentlich wollte ich wieder in die Boxhalle gehen, konnte aber keine Kraft dafür aufbringen. Es war zuviel an diesem Nachmittag ans Licht gekommen. Zuhause angekommen ging ich geradewegs in mein Zimmer und warf meinen Rucksack in die Ecke. Ich warf mich aufs Bett und begann, alles nochmal zu durchdenken. Er hat mich also garnicht verarscht... Er wollte mich an dem Tag, an dem wir gestritten hatten, auch garnicht außen vor lassen... Sondern nur beschützen... Aber ich hätte doch ihn beschützen sollen... Wie soll ich das wieder gut machen?... Wie kann ich ihn erreichen?... HANDY!!... Ich sprang auf, rannte zu meinem Rucksack und zog mein Handy raus. Zu meinem Entsetzten war der Akku leer, also musste ich es vorher laden. Die fünf Minuten, die es brauchte um wieder an zugehen, fühlten sich wie Stunden an. Als es endlich wieder an war, begann es wie verrückt zu piepsen. Ich hatte zwanzig Benachrichtigungen im Gruppenchat des Volleyballclubs und drei von Yams.

Es tut mir so unglaublich leid, was passiert ist.

Wenn ich es irgendwie wieder gut machen kann, sag es mir

Bitte Tsuki, lass mich dir helfen

Ich ignorierte ihn. Er hatte schon genug getan. Ich suchte im Gruppenchat die Nummer von Sho, aber er war schon ausgetreten, weshalb ich sie nicht mehr speichern konnte. Für gewöhnlich schrieb ich nichts in diesen Chat, denn er war grundsätzlich, dank Tanaka und Noya, ein totales Chaos. Aber dieses Mal brauchte ich die Hilfe aller.

Hat jemand von euch die Nummer von Sho?

WAS??? Tsuki schreibt im Chat??

Das ich das noch erlebe...

Nein, ich hab sie nicht mehr

Ich hab sie, ich hab auch versucht ihm zu schreiben, er antwortet nicht

Kannst du sie mir schicken?

Klar, aber wie gesagt, er antwortet nicht

Trotzdem, danke Suga

Schau in deine PM

Ich öffnete den privaten Chat mit Suga. Er hatte sie mir bereits geschickt. Ich speicherte sie gleich mit dem Synonym 'Mandarine' ab.

Warum brauchst du sie?

Ich hab sie nicht gespeichert gehabt

Na und, er ist ja nicht mehr da

Ich muss ihn aber unbedingt erreichen, Suga

Warum? Was ist passiert?

Es ist zuviel passiert, als dass ich es dir schreiben könnte
Aber danke nochmal

Ich ignorierte alle weiteren Nachrichten. Ich öffnete den privaten Chat mit Sho und begann zu tippen

Ich weiß, du willst niemandem antworten, und das ist auch ok so. Aber ich muss dir antworten und zwar auf deinen Brief. Es ist für mich in Ordnung, dass du mir nicht sagen kannst, was geschehen ist, ich weiß es jetzt. Yams hat es mir erzählt. Er hat keine Fotos mehr von uns beiden. Er hat sie bereits gelöscht, nachdem du getan hast, was er dir gesagt hatte. Ich finde es wunderbar, dass du mich beschützt hast, aber es wäre eigentlich meine Aufgabe gewesen, dich zu beschützen, denn das macht nunmal der Stärkere. Ich wollte mich noch einmal dafür entschuldigen, dass ich dir ein Aphrodisiakum eingeflösst hatte, und dir deine Jungfräulichkeit auf einer schäbigen Toilette in einem verranzten Club geraubt habe. Hätte ich gewusst, dass du noch Jungfrau bist, wäre es wahrscheinlich garnicht soweit gekommen. Ich danke dir dafür, dass du diesen Moment mit mir genossen hast, denn er war auch für mich etwas Besonderes. Es ist auch überaus lieb von dir, dass du willst, dass ich glücklich bin. Aber wie soll ich ohne dich glücklich sein? Ich soll mein Leben leben, aber wie, wenn du mein Herz mitgenommen hast? Ich werde hier, in Japan, auf dich und mein Herz warten. Und wenn es das Letzte ist, was ich tue. Also bitte, komm so bald wie möglich wieder zu mir zurück, damit wir von vorne beginnen können.
Dein Kei

Mein Finger schwebte über der Senden-Taste. Ich wusste nicht, ob er es lesen, geschweigeden ob er antworten würde, aber ich musste es versuchen. Ich schickte mein Geständnis mit rasendem Herz ab. Und musste warten.

Das Böse, aus dem Träume gemacht sindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt