.34 - Der Messerstich

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„Bu-lut?", ging ich unsicher ans Telefon.

„Asli, bist du nicht zu Hause? Ich bin vor deiner Haustür", kam mir seine Stimme entgegen. Das Beben meines Herzens wurde gleich langsamer. „Ich-", sammelte ich mich kurz ein und ließ einen tiefen Atemzug durch meine Lunge hinaus.

„Ich bin auf dem Weg, komme jetzt nach Hause", klärte ich ihn auf. „Dein Auto steht doch auf dem Parkplatz", nahm ich seine Bemerkung am Ende des anderen Apparates wahr.

„Ja. Ähm, ich habe die Bahn genommen."

„Ist alles in Ordnung? Deine Stimme klingt komisch", bemerkte er anschließend. 

„Ja, nein, ach Bulut ich erzähle es dir einfach gleich, wenn ich da bin, okay?"

„Okay", hörte ich ihn sagen. „Dann bis gleich, bye bye."

Ohne auf ihn zu warten, legte ich auf und atmete erleichtert aus. Yigit zog mich näher an sich ran und setzte einen sanften, beruhigenden Kuss an meiner Halsbeuge ab. 

„Soll ich dich begleiten?", fragte er und den Sarkasmus in seiner Stimme konnte ich ziemlich gut heraushören. 

„Gerne, ich bin sehr scharf auf einen gewaltfreien Männerkampf."

„Du musst es ihm schnellstmöglich erzählen Asli, sonst tue ich das."

„Wieso bist du so in Eile damit?"

„Er muss wissen, dass du mir gehörst, nur mir", betonte er noch mal und strich mit seinem Daumen über meine Wange. 

„Ich gehöre keinem", provozierte ich ihn und zog langsam die Route.

„Meine Ohren haben da gerade etwas gehört oder dein Mund hat eine sinnwidrige Aussage verlassen", meinte der hinter meinem Rücken. Ich hatte es geschafft über den anderen Sitz rüber zu klettern, aber Yigit hielt mich an meinem Oberarm fest. „Asli", hauchte er wieder ganz delikat meinen Namen. „Ja?"

„Wenn er weg ist, würde ich gerne mit dir reden."

Mit mir reden? Aber worüber denn?

„Okay, ich rufe dich dann an."

„Wieso blockierst du die Leitung, wenn du über meinen Balkon klettern kannst?", versuchte er zu scherzen, aber nur er lachte herzlich und bekam meine tödlichen Blicke zu spüren. 

„Bis später, Arschloch."

„Nein, das heißt, dein persönliches Mr. Arschloch. Kriege ich denn keinen Abschiedskuss?" Seine Augen leuchteten auf und sein zaghaftes Lächeln erreichte auch mein Inneres.

„Nein, Bulut wartet schon. Bye, bye, mein persönliches Mr. Arschloch."

Mit meinem rechten Fuß erreichte ich wieder den Beton und blickte ein letztes Mal nach hinten, nur um sicher gehen zu können, dass er nicht hinter mir aus dem Auto ausgestiegen war.

Bulut wartete geduldig vor meiner Haustür und strich mit seinem Daumen und Zeigefinger über seinen Dreitagebart, der sein Äußeres männlicher wirken ließ. 

„Asli", begrüßte er mich, nach der kurzen Entdeckung von mir. Er kam auf mich zu und umarmte mich, bis er an mir schnüffelte. „Wieso riechst du so komisch?", fragte er neugierig und musterte mich an. ‚Yigit', tauschte ich in meinen Gedanken aus.

„Rieche ich denn komisch?", kam ich ihm mit einer gegen gestellten Frage an.

„Ja, du hast so einen männlichen Duft an dir", stellte er richtig fest. 

„Vielleicht liegt es daran, dass ich in einer überfüllten Bahn war."

„Kann sein, wohl die logischste und die einzige Erklärung."

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