.35 - Die Show

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„Asli, Asli", summte jemand. „Asli, wir müssen jetzt zur Probe, steh doch auf."

Mit einem festen Ruckeln wurde ich in die reale Welt eingelenkt.

„Cemre?!"

„Asli?"

„Cemre, wo bin ich?"

„Wir sind in der Bibliothek Asli und du schläfst seit einer halben Stunde auf diesem Sofa."

„Habe ich geschlafen? Warte, warte, dann war das alles nur ein Traum?"

„Wie, was meinst du Asli? Wasch am besten zuerst dein Gesicht aus, du bist noch nicht wach."

Ich saß reglos auf dem Sofa, im Lerncafé der Unibibliothek und das Handy war in meiner Hand fest umschlossen.

Entlastet von der Sorge, erleichtert von dem Traum, eher gesagt, der einem Alptraum glich, richtete ich mich etwas beruhigt auf und lief ohne meine Sachen auf die Toilette zu. Einige Schweißperlen hatten sich an meiner Schläfe gebildet, so intensiv war der Traum gewesen. So tiefgründig, sodass es mir eine reale Wirkung verschaffte.

Meine Sorge wuchs, aber nein, ich konnte nicht. Ich hatte Angst, nicht vor Cemres Reaktion, eher von Buluts Reaktion. Immer wieder wälzte ich mich mit Fragen. Mit unbeantworteten Fragen, auf die kein Mensch eine Antwort gab.

Die Probe lief flüssig, bis auf die Stellen, wo ich geistesabwesend war und aus dem Konzept hinaustrat.

Yigit kontrollierte mich, zeichnete meine Konturen nach und bemerkte den unausgesprochenen Druck in mir.

„Asli, möchtest du mir etwas erzählen?"

„Nein, lass uns weiterproben."

Er absolvierte seine Rolle mehr als gut. Er ließ sich in die Rolle einwickeln und ließ die Rolle des Benedickts für einen Moment wieder beleben.

Nach der Probe zog er mich rasch an meinem Handgelenk zu seinem Auto. „Yigit! Einer wird uns noch ertappen. Was soll das?", krächzte ich atemlos.

Als er bemerkte, dass ich nicht weiterlief, sondern mich weigerte, drehte er sich um, atmete einmal tief ein und hob mich in seine Arme hoch.

„Yigit!", rief ich seinen Namen aus. Er lächelte mich unschuldig an und trat aus dem Gebäude aus.

Er öffnete die Beifahrertür, legte mich sanft rein und schnallte mich sogar ab. Ich seufzte laut.

„Ich mag keine Versteckspiele und außerdem, war das deine Strafe", sagte er, nachdem auch er sich angeschnallt hatte und den Motor einschaltete.

„Eine Strafe? Für was das denn?", fragte ich erschrocken nach und zwickte ihn an seinen Bizeps, während er das Auto lenkte. Kurz zuckte er zusammen und warf mir einen giftigen Blick zu.

„Du bist scharf auf Ärger, stimmt's? Na, dafür, was du gestern Nacht angerichtet hast."

„Was hatte ich denn angerichtet?", fragte ich ihn und begann dabei zu lachen.

„Wie du siehst, klärt sich das von sich selbst. Lacht die auch noch, obwohl sie schuldig ist."

Er nahm nicht den gewöhnlichen Weg zu uns Heim, sondern fuhr eine andere Strecke, die ich nicht kannte.

„Hey, wohin führst du mich? Wir haben in drei Tagen die Generalprobe!"

Yigit schaltete den Musikplayer höher und schlug im Takt zur Musik auf das Lenkrad.

„Erleben wir unseren Yigit heute wieder auf  der arroganten Tour?"

„Meine Hochnäsigkeit lässt grüßen. Außerdem korrigiere ich dich, das heißt dein Yigit. Denn ich gehöre keiner anderen Person."

Nicht ohne dichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt