9. Mädelsabend (POV Shoyo)

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Ich war so von meinen Gedanken abgelenkt, dass ich weder einen einzigen Ball schlagen konnte, noch sonst irgendwas hinbekam. Ich fiel drei Mal über meine eigenen Beine. Beim vierten Mal setzte mich Trainer Ukai auf die Bank. Ich sah zu Boden, bemerkte aber die fragenden Blicke des Teams. Ich hatte doch versrpochen, dass meine Beziehung nicht meine Leistung beeinträchtigen wird... Nicht einmal das einfachste Versprechen kann ich halten... Meine Augen füllten sich mit Tränen. Hitoka setzte sich neben mich und legte eine Hand auf meine ineinander verschlungenen Finger. "Sho? Komm, wir gehen kurz in den Clubraum." Sie erhob sich, nahm meine Hand und zog mich aus der Sporthalle. Ich folgte ihr blind. Dort angekommen schloss sie die Tür hinter uns ab. Da brach ich in Tränen aus. "Wieso kann ich nicht mal dieses kleine scheiß Versprechen halten? Was kann ich überhaupt? Ich fühle mich so nutzlos, so verloren!" Nichts hielt meine Emotionen zurück. Yachi lief zu mir und nahm mich in die Arme. Ich weinte bis zur völligen Erschöpfung. Irgendwann versiegten meine Tränen und mit ihnen auch meine Energie. Zwei schlaflose Nächte in Folge verlangten nun ihren Tribut und ich schlief mit dem Kopf auf Yachi's Schoß ein, während sie mir beruhigend mit den Fingern durchs Haar fuhr.

Ich wachte in einem völlig leeren Clubraum auf. Irgendjemand hatte mir einen Pullover als Kissen unter den Kopf und eine Jacke als Decke über mich gelegt. Ich sah mich nochmal kurz um und rollte mich dann zu einer Kugel zusammen. Noch nie konnte ich meine Emotionen gut vor anderen verstecken, aber dieses Mal war es besonders schlimm. In mir herrschte Chaos und ich konnte es weder bekämpfen, noch zügeln. Die Tür ging auf und Suga kam herein. "Endlich bist du wach. Ich hab mir schon Sorgen gemacht.", sagte er sanft und mit einem mütterlichen Lächeln im Gesicht. Bei diesem Anblick stiegen wieder Tränen in mir auf. "Kein Grund zur Sorge, Sho, Tsukki hat uns erzählt, was passiert ist. Ich weiß also über alles Bescheid." Ich sprang auf und warf mich auf Suga. Er öffnete seine Arme und fing mich auf. Er umarmte mich und strich mir dabei über den Rücken. "Es tut mir so Leid, Suga... I-Ich hatte d-doch versrpochen, dass i-ich das Team nicht h-hängen lasse.", schluchzte ich. Ich spürte, wie er den Kopf schüttelte. "Ich habe mir schon gedacht, dass es so enden wird, wenn ihr zwei euch jemals trennt. Aber ich hätte nie gedacht, dass ihr euch so leicht trennen würdet.", sagte er leise. Wir blieben einige Minuten so sitzen, bis ich mich wieder beruhigt hatte. "Was soll ich machen?", fragte ich Suga verzweifelt. "Hinata, das kann ich dir nicht beantworten. Es kommt ganz darauf an, wie deine Gefühle sind.", antwortete er ehrlich. Mir brach wieder das Herz. "Und bis du das weißt, konzentrier dich auf die Schule und auf Volleyball." Ich nickte zustimmend. "Achja, ich hab den Lehrern Bescheid gegeben, dass du heute nicht am Unterricht teilnehmen wirst, und da jetzt dann Zeit fürs Nachmittagstraining ist, kannst du gleich hier mit mir warten.", grinste Suga. "Lass uns in die Halle gehen. Bitte. Dort kannst du mir zu spielen und ich bekomm den Kopf vielleicht frei." Er nickte zustimmend und wir erhoben uns. Ich setzte ein Lächeln auf. Suga spielte mir bis zum Eintreffen der Anderen zu. Diese gesellten sich schweigend zu uns und so begannen wir zu trainieren. Das Training verlief ereignislos. Ich konnte zwar nicht alle Pässe von Kags schlagen, aber mehr als noch in der Früh.

Am nächsten Morgen wachte ich ausgeruhter aus. Der Schlaf in der Schule plus eine durchgeschlafene Nacht zuhause hatten wahre Wunder gewirkt. Ich wollte zwar immer noch nicht in die Schule, war aber emotional stabiler. Das Morgentraining verlief gut, doch als ich dann Richtung Schulgebäude zur ersten Unterrichtsstunde ging, wurde mir mulmig. Ich wollte den drei Mädchen nicht über den Weg laufen und ihnen sagen, dass sie gewonnen hatten, aber das Schicksal meinte es nicht gut mit mir. Vor meinem Klassenzimmer warteten sie auf mich. "Na sieh mal einer an, wer da endlich auftaucht, unsere kleine Shoya." Sie hatten begonnen, mich wie ein Mädchen zu benennen und zu behandeln. "Es gibt für euch keinen Grund mehr, mir aufzulauern. Tsukishima und ich haben uns getrennt, also könnt ihr Yachi jetzt in Ruhe lassen.", sagte ich bestimmt. In meiner Stimme war ein leichtes Zittern zu hören, welches auch die Mädchen bemerkt haben müssen. "Aber, aber, Prinzessin. Du meinst wirklich, dass ist der Grund? Da liegst du ein bisschen falsch.", widersprach eine grinsend. Mein Herz sank mir in den Magen. "Wir haben dir was mitgebracht, da du ja jetzt in den Club der Mädchen gehörst.", grinste die Dritte und zog einen Schulrock hervor. Meine Augen weiteten sich vor Schock. "Ohja, du hast richtig geraten. Den wirst du heute Nachmittag anziehen, und wenn nicht, weißt du ja, was passiert." Sie drückten mir den Rock in die Hand und verschwanden gackernd. Ich sah auf meine Hände und wusste nicht, was ich tun sollte. "Du wirst den nicht anziehen.", erklang es hinter mir. Ich drehte mich ruckartig um und versteckte dabei den Rock hinter meinem Rücken, was völlig sinnlos war. Shimizu sah mich mit hochgezogener Augenbraue an. "Hitoka wird nichts passieren, keine Sorge. Yams und Kags wissen Bescheid und passen auf sie auf." Sie streckte mir die Hand entgegen. "Gib ihn mir." Ich sah sie ängstlich an. "Aber wenn nicht, und ihr geschieht doch etwas...", setzte ich an, aber Shimizu schnalzte nur mit ihrer Zunge. So wie Moony es immer tut... Ich gab ihr den Rock. "Und auch du musst keine Angst mehr vor ihnen haben, ich erledige das." Damit machte sie auf dem Absatz kehrt und war verschwunden, bevor ich etwas sagen konnte. Das war das letzte Mal, dass ich die drei Mädels gesehen hatte, aber ich wusste, dass bald die ganze Schule wissen würde, das Tsukki und ich uns getrennt hatten, denn es waren die Drei, die allen erzählt hatten, das wir zusammen waren. Na toll... Soviel zum Thema, wir halten uns bedeckt...

Der nächste Monat verlief schleppend. Ich konnte mich nicht so auf Volleyball konzentrieren, wie ich es gern getan hätte und ich schien dabei nicht der Einzige zu sein. Mein Blick schweifte immer wieder zu Tsukki rüber, der sich von allen, bis auf Yams und überraschenderweise Kags, zurückgezogen hatte. Seine Blöcke waren nicht halb so effizient wie sonst und auch seine Annahmen und Aufschläge waren teilweise eine Katastrophe. Mir wurde das Herz jedes Mal schwer, wenn ich ihn ansah und mein Verlangen nach ihm immer größer. Ich wollte zu ihm laufen, ihn in die Arme nehmen und ihm sagen, dass sich die Mädchen mich ausgesucht hatten, weil ich nunmal homosexuell war und nicht wegen ihm. Ich wollte ihn in den Arm nehmen, auf die Knie fallen und ihn um Verzeihung bitten, ihn um eine letzte Chance anflehen, aber ich tat es nicht. Zu meinem großen Glück waren keine Prüfungen und auch keine wichtigen Spiele. Eines Tages, kurz vor den Winterferien, kam Suga zu mir mit einem besorgten Blick. "Bei dir alles in Ordnung?" "Es geht so. Ich gebe mir echt Mühe, aber das Chaos in mir wird nicht leiser und ich kann mich nur sehr schwer konzentrieren.", ich schnaubte. "Es ist, als würde ich meine ganze Energie dafür verwenden, aufzustehen und mich zu bewegen. Wird es irgendwann besser? Ich weiß nämlich langsam nicht mehr, was ich noch machen soll." Ich hatte das schon zuvor Kyoko und Hitoka erzählt, aber auch die konnten mir nicht helfen. Meine letzte Hoffnung war also Suga. "Wie wärs, wenn du dir jetzt erstmal etwas Zeit für dich nimmst. Fahr mit den Mädels auf ein Wellness-Wochenende, entspannt euch mal richtig, weit weg von Gefühlen und Chaos. Was hälst du davon? Wir haben nächste Woche Ferien, da lässt sich bestimmt was machen.", schlug er vor. Wegfahren?... Die Idee klang nicht schlecht. "Danke Suga. Ich rede mit den Mädels, ob sie Lust haben." "Das sind Mädchen, auf sowas haben die immer Lust.", zwinkerte er. Ich lächelte ihn dankend an und erzählte den Mädels von Suag's Vorschlag und die beiden waren begeistert. Sie würden sich um alles kümmern und begannen noch während des Trainings, Pläne zu schmieden und auf ihren Handy's nach Orten zu suchen, sehr zum Missfallen von Noya und Tanaka.

Nach dem Nachmittagstraining trafen sich die Mädels mit mir, um unser Wochenende zu planen. "Wegen der Kosten, mach dir keine Sorgen Sho, dass ist geregelt.", antwortete Hitoak grinsend, als ich die Mädels auf die Preise aufmerksam gemacht hatte. "Und du brauchst garnicht zu fragen wie.", schob sie hinterher, als ich gerade Luft holen wollte. Wir sahen uns die Zugverbindungen an und machten dann einen Treffpunkt und eine Uhrzeit aus. Da ich weiter weg wohnte, planten wir, dass ich direkt zum Hotel fahre und die Mädels dann dort treffen würde, was ich eigentlich nicht wollte. Ich begann mich trotzdem auf die kleine Auszeit zu freuen. So verging der Rest der Woche wie im Flug. Am Freitag gab mir Kyoko einen Umschlag mit der Reservierungsnummer, der Zimmernummer und einer Fahrkarte. Ich ging heim und packte meine Sachen. Geplant waren vier Tage in einem Wellnesshotel mit heißen Quellen. Ich packte also meinen Rucksack, schlachtete mein Sparschwein, um Natsu was mit zubringen. Am Samstag Morgen fuhr mich meine Mutter zum Bahnhof. Sie hatte mir überraschenderweise erlaubt zu fahren und hatte mir sogar noch etwas Geld mitgegeben. Ich stieg in den Zug, winkte meiner Mutter und Natsu noch einmal zu und setzte dann meine Kopfhörer auf. Ich genoss die Fahrt. An meiner Ankunftshaltestelle stieg ich gut gelaunt aus und fuhr mit dem Shuttelbus zum Hotel. Dort checkte ich ein und ging auf mein Zimmer, während ich Yachi und Shimizu schrieb, dass ich angekommen war und wo sie denn waren. Ich schloss die Zimmertür auf und ging hinein. Dann erstarrte ich. Am Doppelbett stand Tsukki, mit dem Rücken zu mir gedreht. Mein Rucksack glitt mir von der Schulter. Das Geräusch ließ ihn aufsehen und unsere Blicke trafen sich. Wir starrten uns beide mit offenem Mund an, als mein Handy den Ton einer eingegangenen Nachricht von sich gab. Ich sah auf den Bildschirm.

Viel Spaß euch beiden und bringt uns was mit! Gruß Shimizu ;-D <3

Eine kleine Geschichte über die LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt