Die Suche nach der Heilung

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Sicht von Kagome:

Eisig peitschte der Wind in mein Gesicht. Die Nachtluft war wirklich alles andere als angenehm.
»Es ist zu kalt für Rin«, stellte ich fest. Sesshoumaru nickte zustimmend, reduzierte seine Geschwindigkeit und wartete auf Ah Uhn.
Er streifte sich seinen Mokomoko ab und legte den weißen Pelz über unseren Schützling.
Jaken zog das Fell zurecht, sodass die junge Frau ordentlich ein gemurmelt war.
»Wir sollten uns beeilen!«
Kaum hatte er den Satz ausgesprochen, drehte er sich wieder um.
»Halt!«
Ich umarmte meinen Mann, sah in das flüssige Gold seiner Augen.
»Ich sollte den Platz mit Rin tauschen«, beschloss ich, »Du bist schneller in der Luft und kannst sie somit zeitnah nach Hause bringen. Ich werde mit Ah Uhn und Jaken nachkommen.«
Meinem Gefährten gefiel der Vorschlag nicht. Aber persönliche Belange oder Gefühle spielten hier gerade keine Rolle. Hier ging es um Rin's Leben.
»Was ist, wenn ihr wieder angegriffen werdet?«
Nun verzog ich bockig mein Gesicht. Das er glaubte, mir würden ein paar Verfolger gefährlich werden, grenzte schon fast an einer Beleidigung.
»Damit werde ich schon zurechtkommen. Alles ist besser, als wenn Ah Uhn wieder angegriffen wird und dieses Mal Rin von seinem Rücken fällt!«
Ein mächtigeres Argument gab es nicht. Sesshoumaru nickte schwach, drehte sich wieder zum Reitdrachen um und setzte mich ab.
»Einverstanden. Aber beeilt euch!«
Danach nahm er Rin mitsamt Mokomoko-sama auf seine Arme.
»Pass auf sie auf!«, bat ich und veränderte meine Position.
Daraufhin verwandelte sich Sesshoumaru in seine gewohnte Leuchtkugel und diese sauste mit einer unmenschlichen Geschwindigkeit Richtung Westen davon.
Ich sah ihnen noch einen Moment nach, bis ich das Schluchzen von Jaken hörte.
»Was ist, wenn Rin das nicht überlebt?«, jammerte er.
Ich strich ihm tröstend über die Arme.
»Sie wird das schaffen! Sesshoumaru wird schnell im Schloss ankommen und unsere Heiler sind die Besten«, beruhigte ich den Kappa.
Jaken drehte sich zu mir um. Die wässrigen Augen berührten mein Herz.
»Ich will nicht, dass einem von euch etwas passiert!«
Ich lächelte schwach.
»Das wird es nicht kleiner Freund«, erwiderte ich mit brüchiger Stimme.
Ah Uhn brummte und setzte sich gleichzeitig in Bewegung.
»Wir werden das schaffen!«
Ob meine zwei Begleiter die Bemerkung gehört hatten? Ich war mir unsicher. Irgendwie versuchte ich mich einfach selbst zu ermutigen. Die Hoffnung starb doch bekanntlich zuletzt!
So flogen wir durch die Nacht, bis wir den Westen erreichten.



Ah Uhn kam noch nicht auf dem Boden auf, da sprang ich schon von seinem Rücken. Geschmeidig landeten meine Füße auf dem Boden des Innenhofes.
Sofort bemerkte mich eine Angestellte, die für den Stall zuständig war.
»Lady Kagome-sama, Ihr seid zurück!«
»Ja. Kannst du mir sagen, wo mein Mann zu finden ist?«
Die Youkaidame nickte und zeigte in Richtung Haupthaus.
»Er ist im Gemach der Hime, MyLady«, antwortete sie mir. Die Sorge schien ihr regelrecht ins Gesicht geschrieben.
»Habt vielen Dank.«
Nach diesen Worten rannte ich förmlich durch die langen Flure. Ich pfiff gerade auf irgendwelche Regeln. Ich wollte nur noch nach Rin sehen.
Am Ziel angekommen schob ich die schwere Tür beiseite und mich empfing der Geruch verschiedenster Heilkräuter und Blut. Ein ungutes Zeichen.
»Rin!«, rief ich. Jetzt wurde ich panisch. Ihr Duft signalisierte alles andere als Gesundheit.
Sesshoumaru stand am Kopf des Bettes und beobachtete die Ärzte genau. Würden sie jetzt einen Fehler machen, dann wären sie ihren Job los.
Meine Beine trugen mich zu ihr hin und ich kniete neben ihr auf den Boden.
»Wie geht es ihr?«, fragte ich. Vor Aufregung klang ich lauter als ursprünglich geplant.
Der Mediziner schüttelte nur seinen Kopf und sah mich mittleidig an.
»Es sieht nicht gut aus«, stellte er fest.
Das versetzte mir einen Stich direkt ins Herz.
»Es ist ein uns unbekanntes Lähmungsgift. Wir haben keine Mittel dagegen. Selbst wenn es uns gelingt, die Substanz zu extrahieren, werden wir nicht die gesamte Menge entfernen können. Und solange nur ein winziger Bestandteil erhalten bleibt, wird die Hime des Hauses nicht erwachen.«
Ich korrigierte meine Gedanken davor. Es war kein Stich mehr. Es kam mir vor, als hätte man mir direkt ins Gesicht geschlagen!
»Wir müssen doch etwas tun!«, schrie ich nun.
Eine Panikattacke überkam mich. Ich zitterte und sah mein Mädchen an.
»Sesshoumaru, kannst du etwas mit deinem Gift machen?«
Mein Mann sah in meine Augen und schwieg. Ich kannte die Antwort bereits. Das hier schien doch ein ganz schrecklicher Albtraum zu sein!
Nervös strich ich mir Strähnen aus dem Gesicht.
»Es muss irgendetwas geben! Bringt mir all unsere Heilkräuter und Schriften!«, brüllte ich die Anderen an. Ich wusste, sie traf keine Schuld, aber mein Kopf fuhr gerade Achterbahn.
Ich verlor die Kontrolle über mein Handeln. Noch etwas länger und ich würde platzen vor Verzweiflung.
»Bleib ruhig Kagome!«, knurrte Sesshoumaru.
Ich schüttelte meinen Kopf. Wie sollte ich das tun? Gab es dafür eine Anleitung? Ich hatte die ganze Zeit gehofft...
Sesshoumaru war doch Meister des Giftes, produzierte seine eigene Waffe und nun? Selbst er war nicht in der Lage ihr zu helfen? Sollte sie sterben?
»Sie wird weiterhin im zwanghaften Schlaf verbleiben. Das Einzige was wir tun können ist, dass wir sie am Leben erhalten. Aber lange Zeit haben wir nicht«, erklärte uns der Arzt.
Das wollte ich nicht hören! Böse funkelte ich ihn an. Er kannte mich und wusste genau, dass ich normalerweise nicht so war. Er tippte auf meine Schulter.
»Kagome!«, ermahnte mich Sesshoumaru erneut.
Ich seufzte und blickte auf den Boden.
»Es tut mir leid. Das ist sonst nicht meine Art«, entschuldigte ich mich ehrlich.
»Ich kenne Euch, MyLady. Habt Dank für Eure Worte«, erwiderte er.
Danach verließen alle bis auf Sesshoumaru und mich den Raum. Meine Finger streichelten ihre Stirn. In meinen Gedanken drehte sich alles um verschiedene Möglichkeiten die junge Frau zu retten.
»Mir fällt einfach nichts ein.«
Am liebsten würde ich weinen, aber ich konnte nicht.
Mein Gefährte lief um das Bett herum und zog mich von Rin fort.
»Du musst einen kühlen Kopf behalten. So können wir ihr nicht helfen!«
Seine Forderung klang plausibel, aber umsetzen konnte ich es nicht. Nicht im Moment.
Er nahm mein Kinn in seine Hand.
»Hast du mich verstanden?«
Als sein intensiver Blick auf meinen traf, beruhigte es mich sofort. Es schien, als würden wir auch diese Hürde meistern können. Rin könnte gesund werden und es wäre dann alles wie immer.
Dieses mächtige Gefühl übertrug sich auf mich, hüllte mich ein und nahm mich gefangen. Ich ließ mich davon für einen Augenblick treiben, es war angenehm. Die ruhige Ausstrahlung seines Youkis schmiegte sich an mein Reiki und gemeinsam verjagten sie meine Panik und Sorge.
»Ja«, antwortete ich ihm, »ich werde nach weiteren Möglichkeiten suchen.«
Damit schien er kein Problem zu haben. Wir lösten uns voneinander und nicht einmal drei Sekunden später trafen die Mediziner mit den Kräutern und Schriftrollen ein. Ich trug alles in das gemeinsame Gemach von mir und meinem Mann um dort in Ruhe studieren zu können.
Mein Daiyoukai folgte mir.
»Ich werde in der Zwischenzeit unsere nächsten Schritte planen«, erklärte er selbstsicher.
Ich hörte ihm zu, verteilte jedoch die verschiedenen Wurzeln auf dem Boden.
»Wegen dem Osten?«
»Kriegsführung.«
Bei dem Wort lief es mir eiskalt den Rücken hinab. Ich hielt in der Bewegung inne und sah in sein Gesicht. Seine kalte und emotionslose Miene war wieder zurück. Ich konnte es ihm nicht verübeln. Er war der Meister darin seine Gefühle zu verstecken.
»Der Osten muss bestraft werden«, stellte ich seufzend fest.
»Keine Bestrafung, eine Hinrichtung!« Immer wenn er so sprach, war mir das nicht geheuer. Ich wusste er hatte recht, aber wünschte mir, dass es nicht notwendig sein müsste.
Sesshoumaru ging daraufhin in sein Arbeitszimmer und ich hatte alles soweit vorbereitet.
Es wurde jedoch auch Zeit, nach meinen anderen Kleinen zu schauen.
Also machte ich mich kurz frisch, zog mir andere Kleidung an und ging in das große Kinderzimmer. Dort wurde ich voller Freude empfangen.


Zweifelhafte EntscheidungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt