Kapitel 20: Gemütlich ungemütlich

36 0 0
                                    

Liam rutschte unbehaglich auf dem Boden herum und kaute auf seiner Lippe, als er mit seinem Blick zu Theo wanderte. Er redete nicht. Er hatte seit über einer Stunde nicht mehr geredet. Liam war in den ersten paar Minuten okay damit gewesen, als Theo sich mit einer verletzten Grimasse seinen Weg durch die letzten, verbliebenden Drinks tuckerte und die beiden schlussendlich in ihre Klamotten glitten, während sie den Augenkontakt vermieden, denn er mochte es lieber, wenn Theo schwieg, als wenn er ihn für die ganze Tattoo-Berührungsaktion verspottete.

Aber das war eine Ewigkeit her. Liam hatte in der Zwischenzeit daran gearbeitet das Ereignis nach ganz hinten in seine Gedanken zu schieben und ignorierte die Verlegenheit, die über ihn kroch, wenn er daran dachte, wie seltsam es für Theo gewesen sein musste, dass er sein verdammtes Schlüsselbein so wie eine Genielampe gerieben hatte. Er war nun völlig darauf vorbereitet zu vergessen, dass der Moment jemals stattfand, oder darauf Theos Verspottung einzustecken. Er hatte bereits einige Kontersprüche parat, er hatte Ausreden, von denen er sich davon überzeugen konnte, dass er sie glaubte. Er war bereit dafür, dass Theo auf ihn losging.

Theo jedoch schien nicht auf derselben Seite zu sein. Liam war sich ziemlich sicher, dass er noch nicht einmal das Buch besaß.

Die Chimäre war in sich selbst eingerollt. Nicht wirklich, seine Beine hingen über dem Rand des Höhlenbodens ins Wasser, doch Liam konnte die Art und Weise sehen, wie seine Schultern beinahe seine Ohren erreichten und er konnte das dumme ‚tipp, tipp' von Theos Finger gegen die Flasche, die er in seiner Hand umklammert hielt, hören. Liam war sich ziemlich sicher, dass Theo vergessen hatte, dass er da war. Er starrte auf das Wasser und sein Blick wanderte darüber. Abgesehen von dem gelegentlichen schluckaufähnlichen Keuchen, so, als hätte er vergessen, wie viel Luft er eigentlich brauchte, weshalb sie ihm ausging, war seine Atmung stabil.

Während Liam von der ganzen Sache verwirrt war, schien Theo zu Tode erschreckt. So, als wenn, als er Liam angesehen hatte, er wirklich den Anuk-Ite gesehen hatte. Und Liam, naja, Liam fühlte sich hilflos, weil er nicht wusste, was er tun sollte. Er wusste nicht einmal, wie er anfangen sollte. Der Moment war seltsam gewesen, das war klar, aber nicht gruselig. Es hätte etwas gewesen sein sollen, was man mit einem schnellen: ‚Alter, ich glaube der Werwolf-Schnaps nimmt mich langsam mit', abgelacht hätte. Es hätte nichts gewesen sein sollen, was Theo im Nachhinein in einen katatonischen Zustand versetzte.

Liam stand langsam auf und ging näher auf Theo zu, während seine Schuhe absichtlich laut auftraten, doch Theo blinzelte nicht einmal. Der Beta verlagerte sein Gewicht von einen auf den anderen Fuß und folgte Theos Blick auf den See, so als würde er die Antwort auf was zum Fick gerade abging unter dem Wasser finden. Er sah zurück zu Theo.

Er war bereit dazu zu diskutieren, um Theo dazu zu zwingen, dass er über was zur Hölle hier los war reden sollte und öffnete selbst seinen Mund, um das zu tun, bevor er seine Worte zurückschluckte, woraufhin ihn ein kleiner, erstickter Laut entkam, als er wirklich Theos Auftreten wahrnahm. Seine Augen waren feucht und glänzten unter dem Mondlicht. Seine Hand zitterte um der Flasche herum, selbst als er sie antippte, einmal, zweimal.

„Theo", sagte Liam, Stimme vorläufig und sanft, doch trotzdem brachte sie Theo zum Aufspringen und sein Blick schnappte zu ihm rüber, während sich seine Schultern anspannten. Und Liam hatte nur einen Weg, um Theo zu beruhigen, wenn er durchdrehte. Liam duckte sich neben Theo hin und grinste nervös. „Brauchst du präventive Albtraumverhinderung?", witzelte er und reichte nach Theos Hand, doch in genau dem Moment, als seine Finger Theos Haut streiften, bewegte Theo sich und rutschte beiseite, so als würde sein Leben davon abhängen.

„Fass mich nicht an", knurrte Theo. Liams Finger fielen zum zweiten Mal in dieser Nacht nutzlos zur Seite und Demütigung krallte sich an seine Kehle, als er auf den jetzt leeren Platz starrte, wo Theo gerade noch gewesen war. Das war definitiv nicht das, was Liam erwartet hatte was passieren würde. „Ich geh ins Bett."

Airplanes (Thiam) (GERMAN VERSION)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt