Kapitel 4

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Im Flugzeug angekommen, suche ich meinen Platz und finde ihn auch schnell. Ein Sitz am Fenster auf der linken Seite in Reihe 27. Also sehr weit hinten, aber dafür näher am Klo. Ich finde es immer am schönsten am Fenster zu sitzen; dann komme ich mir unter all den Menschen nicht so eingeengt vor.

Auch weil man Erstens: nur einen Neben sich sitzen hat und es besteht keine Gefahr so sehr eingequetscht zu werden

Und zweitens: Man kann die schöne Aussicht vom Himmel aus genießen.

Ich setze mich auf meinen Platz und lehne mich gemütlich zurück, aber als ich sehe wer sich da neben mich setzt, verfliegt meine Laune gründlich.

Mark. Zukünftiger Stiefvater und der wohl einzige Mann, der es besser beherrscht peinliche Komplimente zu machen als irgendetwas anderes.

Wieso kann sich Mom nicht neben mich setzten? Sie weiß genau wie schlecht ich mit ihn auskomme!

Ich werfe ihm einen finsteren Blick zu, was ihm eindeutig unangenehm ist, wie ich sehen kann.
Ha! So leicht werde ich es ihm nicht machen! Ich sehe mich nach Mom um und erblicke sie vor mir.
Ich tippe sie an und zische ihr zu:»Mom! Was soll das?! Ich möchte nicht neben ihm sitzen. Können wir Plätze tauschen?«

»Ich wollte das ihr zwei zusammen sitzt. Dann könnt ihr euch mal unterhalten. Mark und ich sind jetzt schon ein paar Monate zusammen und ihr habt euch noch nie so richtig unterhalten. Das ist die Gelegenheit«, sagt Mom lächelnd.

Doch ich schaue nur weiter finster drein.

»Bitte Schatz, gib dir wenigstens etwas Mühe. Wenn wir dann in LA sind, kannst du dein eigenes Ding machen.«

»Von mir aus, aber falls er mir zu nah auf die Pelle rückt, wirds für ihn sehr ungemütlich!«, sage ich durch zusammengebissene Zähne und lehne mich dann wieder zurück. Ich schaue Mark von der Seite aus an und eine Schweißperle läuft ihm die Stirn runter.

Ich kann mir nur schwer ein spöttisches Grinsen verkneifen.

»Ist alles Okay?«, frage ich sarkastisch.

»Natürlich«, antwortet er kurz angebunden.

Boar ey, der ist das reinste Weichei! Der hat vor einem 17 jährigen Mädchen angst! Was hat Mom sich da nur für eine Niete als Freund gesucht!

»Ich frag ja nur, weil du ziemlich schwitzt«, bemerke ich trocken.

»Das liegt vermutlich an meiner Flugangst.«

»Vermutlich.«

Eigentlich habe ich auch total die Höhenangst, wenn ich mein Zimmer mal im zweiten Stock habe, bemühe ich mich nicht aus dem Fenster zu sehen, aber wenn es mal passiert, wird mir immer ganz schwindelig.

Doch wenn ich im Flugzeug sitze und dann aus den kleinen Fenstern schaue, merke ich nichts von dem Schwindel Gefühl.

Mark sitzt weiterhin auf seinem Platz und schwitzt sich sein blaues Hemd voll, bis es ekelig anfängt zu stinken! Igit, Männer Schweiß!

Auf einmal gehen die Bildschirme über unseren Köpfen an und eine Frau ist darauf zu sehen. Sie erklärt ,uns Passagieren, wo unser Flug hingehen wird, wie lange es dauern wird, wie wir uns im Notfall verhalten sollen, usw.
Jeder der Passagiere hier im Flugzeug wird ein Rückflugticket haben, jeder außer Mark, Mom und mir. Glaubt mir, hätte ich gewusst, was mich alles in LA erwarten würde, währe ich wahrscheinlich aus dem Flugzeug gesprungen, irgendwo dahin gelaufen wo mich niemand findet und mich dort mit Eisenketten fest gekettet.

Endlich höre ich das Starten von Motoren und schnalle mich an. Ich schaue aus dem Fenster und sehe wie sich das Flugzeug zur Startbahn hin bewegt. Es wird immer schneller und schneller und ich habe jetzt schon Sehnsucht nach Rosie, meinen Freunden und meinem zu Hause der letzten drei Jahre. Die Motoren werden immer lauter und die Landschaft blitzt in schnellen Zügen an mir vorbei. Irgendwann hebt das Flugzeug ab und die kleinen Räder schieben sich ins Innere des Fliegers.

Wir starten steil nach oben in den Himmel und ich werde von der Schwerkraft zurück in meinen Sitz gedrückt.

Es ist als würde ich alles verlassen, was mir mal etwas bedeutet hat. Außer meine chaotische, leicht naive Mutter, die wahrscheinlich die Hälfte meines Lebens nie da gewesen ist, ich aber trotzdem über alles liebe. Nur dass die jetzt jemanden an ihrer Seite hat, den ich unweigerlich akzeptieren muss.

Ich sehe wie Marks Gesicht grün anläuft, sofern es noch grüner geht, er sich eine Tüte schnappt und sich darin übergibt.

Ich muss mich schon sehr zusammen reißen, um nicht lauthals vor Ekel zu jammern oder mir eine Grimasse zu unterdrücken.
»Schlimmer kann es ja nicht mehr kommen!«, murmel ich und wende meinen Blick wieder zum Fenster.

Toll! Jetzt stinkt es den ganzen Flug nach Spargel, den Mark gestern Abend gegessen hat!
Als wir dann unseren Kurs senkrecht fliegen, kommt eine Stewardess herbei geeilt und entsorgt die Tüte.

Wieder wende ich meinen Blick von Mark ab und stattdessen zum Himmel. Der Ausblick, der sich mir bietet, ist einer der schönsten die ich je gesehen habe.

Die Sonne scheint golden über uns, der Blaue Himmel passt einfach wunderschön dazu und weit und breit ist keine einzige Wolke zu erkennen, die mir die Sicht auf die Erde unter uns versperrt. Langsam wird es langweilig nur aus dem Fenster zu schauen und ich entscheide mich dafür, etwas zu lesen.

Ich bücke mich zu meiner Tasche hinunter, die ich vor meinen Füßen plaziert habe, und hole eines meiner Bücher heraus.

Die Geschichte ist echt schön, doch ich weiß nur zu gut, nachdem was mein Vater meiner Mutter angetan hat, das es die wahre Liebe nicht gibt.

In dem Buch handelt es von einem reichen Mädchen das eines Tages zufällig einen Jungen kennenlernt. Er ist nicht so wohlhabend wie das Mädchen und beide sind eigentlich ziemlich unterschiedlich, doch sie verlieben sich. Eines der üblichen Klischees. Doch ich finde gerade das macht dieses Buch so lesenswert. Das fast schon Unmögliche

Ich kenne kein einziges Paar, deren Beziehung auf ewig gehalten hat.

Eigentlich lese ich nicht so kitschige Bücher die von Liebe und so handeln, aber hier bei diesem Buch ist es ganz anders. Es ist als würde man direkt in die Geschichte hineingezogen werden und nie wieder gehen wollen.

Dieses Buch lese ich jetzt schon zum fünften Mal und es wird nie langweilig. Langsam werden meine Augenlieder immer schwerer und sie fallen mir irgendwann ganz zu.

Dann sinke ich in einen unruhigen Schlaf...

Dangerous Love Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt