Das beste Pony der Welt

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Gleich nach dem Frühstück machten sich Laura und ihre Mutter auf den Weg zur Pferdeauktion. Es war schon einiges los auf dem Platz. Pferde wurden hin und her geführt, laute Rufe und Wiehern schwirrten durch die Luft. Pferdepfleger eilten mit Striegeln und Sätteln über den Platz. Laura war ganz aufgeregt. "Wo gehen wir als Erstes hin?" Ihre Mutter zeigte auf ein Schild. "Die Pferde und Ponys müssten dahinten sein." Laura folgte ihrer Mutter durch die Menschenmenge, bis sie zu einem großen, überdachten Platz kamen, an dem die Pferde vorgeführt wurden. Dort wurde gerade ein braunes Pferd im Trab gezeigt. Ein Mann stand auf einer erhöhten Plattform und rief Preise aus. Seine laute Stimme übertönte den Regen, der gerade zu tröpfeln anfing. "Eintausendzweihundert werden geboten. Wer bietet mehr?" Laura drehte sich fragend zu ihrer Mutter. "Der, der am meisten bietet, bekommt das Pferd?" Ihre Mutter nickte. "Der Mann auf der Plattform erhöht so lang den Preis, bis niemand mehr bietet." Als niemand mehr die Hand hob, ergriff der Mann einen kleinen Hammer und schlug damit laut auf den Tisch: "Zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten! Verkauft an die Dame mit dem Hut." Die Frau lächelte zufrieden und das Pferd wurde aus dem Ring geführt. Ein neues Pferd, ein großer Apfelschimmel, wurde hereingebracht. "Komm, wir schauen uns ein bisschen um", schlug Lauras Mutter vor. Sie gingen auf den riesigen Stall hinter dem Platz zu. Laura blieb fast die Luft weg. Box um Box reihte sich aneinander. Braune waren zu sehen, Füchse und Graue, und alle warteten darauf, vorgeführt zu werden. Ihre Mutter war bereits im Stall verschwunden. Aber Laura wollte sich Zeit lassen und sich erst noch ein bisschen umsehen. Sie wollte nichts verpassen! Vorsichtig wich sie einigen Pfützen aus und bahnte sich ihren Weg durch die Menge. Sie stieß fast mit einer Frau zusammen, die einen bunten Regenschirm trug. Laura ließ ihr den Vortritt, und sie bedankte sich. Doch plötzlich rutschte die Frau auf dem nassen Boden aus. Fast wäre sie gestürzt. "Vorsicht!", rief Laura erschrocken. Rasch ergriff sie den Ellenbogen der Frau und hielt sie fest. "Oh, vielen Dank" Ein breites Lächeln erschien auf dem Gesicht der Frau. Sie hatte die freundlichsten blauen Augen, die Laura jemals gesehen hatte. "Gern geschehen", sagte Laura und lächelte ebenfalls. "Ich heiße Laura." "Hallo, Laura. Nett, dich kennenzulernen", erwiderte die Frau. "Wenn du heute hier auf der Auktion bist, bist du bestimmt ein großer Pferde-Fan." Laura nickte begeistert. "Ich liebe Pferde über alles! Und heute soll ich mein erstes eigenes Pony bekommen." Sie wollte nicht wie ein verwöhntes Mädchen klingen, aber sie konnte es einfach nicht für sich behalten. "Na, du hast ja ein Glück!" Die Frau lächelte. "Ja, heute bin ich der glücklichste Mensch auf der ganzen Welt!" Laura holte tief Luft. "Ich sollte jetzt besser gehen. Meine Mutter wundert sich bestimmt schon, wo ich bleibe." "ich hoffe, du findest ein Pony, das dir gefällt." Laura winkte der Frau zum Abschied und lief rasch in den Stall zu ihrer Mutter. Die stand vor einer Reihe Boxen mit Ponys. "Da bist du ja endlich, Laura!", sagte Frau Foster. "Ich dachte schon, ich hätte dich verloren." "Keine Chance." Laura grinste. Aufgeregt betrachtete sie die Pferde. In der ersten Box stand ein kleines schwarzes Pony. Die Box daneben war leer. Aber dann kamen zwei hübsche kastanienbraune Ponys mit fast identischen weißen Sternen auf der Stirn. Neben ihnen stand eine ältere graue Stute mit zierlichen Beinen und einem großen Kopf. Und daneben ein Brauner, der ziemlich frech aussah. Außen an jeder Tür hing eine Karte, die Auskunft über das jeweilige Pony gab. Aber ein weißes Pony, wie es sich Laura gewünscht hatte, war nicht dabei. Doch das machte nichts. Laura holte tief Luft. "Sie sind alle wundervoll!", erklärte sie begeistert und drehte sich zu ihrer Mutter um. "Ich weiß nicht. Dieses ist jedenfalls viel zu klein." Frau Foster betrachtete zweifelnd das kleine, schwarze Pony. "Wir suchen doch ein Pony mit etwa einem Meter Stockmaß, das mindestens sechs Jahre alt ist. Ein jüngeres ist einfach noch nichts für dich." Laura lief zu dem frechen kastanienbraunen Pony herüber und schaute auf die Karte, die an der Tür hing. "Topper", las sie laut vor. "Ein Meter dreißig groß. Vier Jahre alt." Er war viel zu jung. Sie streichelte ihn kurz über das weiche Maul und ging weiter. Die grau Stute war zu groß, das schwarze Pony tatsächlich zu klein und die braunen Ponys waren erst drei Jahre alt. Laura lief die Boxen entlang und las die Verkaufskarten. Viel zu schnell erreichte sie das Ende der Reihe. Keines der Ponys schien für sie passend zu sein. Ihre Mutter strich ihr tröstend über den Rücken. "Vielleicht ist für dich das richtige heute einfach noch nicht dabei. Wir können zu einer anderen Auktion wiederkommen. Die nächste ist schon in einem Monat." Einen ganzen Monat warten! Enttäuscht schaute Laura sich um. So lange würde sie es nicht ohne Pony aushalten. Genau in diesem Moment erklang vom Eingang her Hufgetrappel. Erwartungsvoll schaute Laura sich um. Ein Mann führte ein etwas stubbeliges, graues Pony mit stumpfem Fell aus dem Tierarzt-Zelt und auf eine noch leer stehende Box zu. "Ich dachte schon, ich schaffe es nicht mehr rechtzeitig zur Auktion", sagte er, als er Laura und ihre Mutter bemerkte. Das Pony sah ein bisschen traurig aus. "Hallo, mein kleiner." Laura ging zu ihm. Als das Pony ihre Stimme hörte, hob es seinen Kopf und stellte neugierig die Ohren auf. Es wieherte leise, und Laura fühlte, wie ihr Herz einen großen Sprung machte. Es war ihr plötzlich ganz egal, ob das Pony etwas verwahrlost aussah. Dies war ihr Pony. Das spürte sie sofort! "Wie alter ist es denn?", fragte sie den Besitzer vorsichtig. "Sternenschweif? Der ist sieben", erwiderte der Mann. Aufgeregt drehte sich Laura zu ihrer Mutter um. "Sternenschweif, was für ein wunderschöner Name! Er hat genau das richtige Alter!" Das Pony machte einen Schritt auf Laura zu und berührte mit seinen Nüstern vorsichtig ihre Hand. Sein Atem fühlte sich ganz warm an, als es sie beschnupperte. "Können wir ihn kaufen? Bitte!", drängelte Laura ihre Mutter. Der Mann lächelte. "Du suchst also ein Pony?" "Ja", erwiderte Frau Foster anstelle von Laura. Sie ging auf Sternenschweif zu und musterte ihn aufmerksam. "Warum soll er denn verkauft werden, Herr ..." "Roberts, Cliff Roberts", antwortete der Mann und gab beiden die Hand. "Das Pony soll verkauft werden, weil meine Tochter Jade es nicht mehr haben möchte", erklärte er. "Ich habe Sternenschweif erst vor ein paar Monaten gekauft, aber er ist ihr zu ruhig und nicht hübsch genug. Ich habe ihr gerade ein anderes Pony gekauft, mit dem sie auf Turniere gehen kann." "Können wir ihn nicht kaufen?", fragte Laura ihre Mutter noch einmal flehend. "Auf jeden Fall musst du ihn erst einmal Probe reiten." Ihre Mutter wandte sich an den Besitzer. "Wäre das möglich, Herr Roberts?" Der Mann lächelte. "Aber natürlich. Es hat aufgehört zu regnen. Ich hole rasch den Sattel." Ein paar Minuten später ritt Laura rund um den Übungsplatz. Sternenschweif war einfach wundervoll! Schon beim kleinsten Druck ihrer Schenkel ging er schneller und bei leichtesten Ziehen an den Zügeln langsamer. Es war fast, als könne er ihre Gedanken lesen. "Das ist wirklich erstaunlich!", rief Herr Roberts überrascht aus, als Laura mit Sternenschweif am Gatter anhielt und abstieg. "Das hat er bei Jade nie gemacht. Er muss dich wirklich mögen." "Und wie ich ihn erst mag!" Lauras Augen strahlten. "Bitte, bitte, können wir ihn kaufen?", bettelte sie. "Er ist so wundervoll." "Er scheint auf jeden Fall gut erzogen zu sein." Frau Foster tätschelte Sternenschweifs Hals. "Vielleicht bieten wir für ihn, wenn er dran ist." Laura erinnerte sich mit Schrecken daran, dass nur derjenige, der den höchsten Preis bot, den Zuschlag für das Pony bekam. "Aber jemand anderes könnte mehr bieten als wir." Sie war plötzlich ganz aufgeregt. "Können wir ihn nicht einfach gleich kaufen?" "Wenn Sie das möchten, wäre ich damit einverstanden", sagte Herr Roberts zu Lauras Mutter. "Wie wäre es mit ..." Er überlegte einen Moment und nannte dann einen Preis. "Den Sattel und das Zaumzeug gebe ich ihnen noch mit dazu." Laura schaute ihre Mutter beschwörend an und drückte ganz fest beide Daumen. Der Gedanke, dass Sternenschweif an jemand anders verkauft würde, war für sie einfach unerträglich. Oh bitte, flehte sie stumm. Bitte sag Ja. Ihre Mutter lächelte. "In Ordnung, Herr Roberts. Wir nehmen Ihr Angebot an." Laura konnte es kaum glauben. Sie war überglücklich. Stürmisch umarmte sie Sternenschweif. "Juhu, Sternenschweif, mein Sternenschweif! Jetzt gehörst du mir!" Das kleine, graue Pony schnaubte zufrieden. Ganz so, als freue es sich auch. 

Sternenschweif - Geheimnisvolle VerwandlungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt