3. Neuanfang

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Nur kurze Zeit später war es soweit: Ein riesiger Komet löschte das vorherrschende Leben auf der Erde aus.
Die wenigen, die überlebten, wurden nach und nach durch die Folgen des Einschlages niedergestreckt. Oder zumindest fast alle. Einige wenige sollten das Chaos, das nun herrschte, überleben.

Fanyam saß während dieser Zeit in seiner Höhle und wartete. Er wusste nicht, wo die anderen Drachen waren. Seit dem Vorfall auf der Lichtung hatte er die gedankliche Verbindung zu ihnen verloren. Nun war er allein. Wirklich allein. Doch wenigstens spürte er noch, dass sie lebten. Und diese Gewissheit beruhigte ihn etwas, denn trotz der Gemeinheiten, die er sich von ihnen anhören musste, wollte er ihnen nichts Böses. Für das Böse waren andere zuständig.

Die Auswirkungen des Einschlages drangen bis in seine Höhle vor: Rauch und Asche lagen in der Luft, die den anderen Lebewesen die Luft zum Atmen rauben und in ihren Augen stechen würde. Ihm jedoch nicht. Denn auch er war ein Gott, wenn auch der niederste der niedersten.

Er verharrte dort so lange, dass er fast das Zeitgefühl verlor. Aber eben nur fast, denn Fanyam hatte eine Verbindung zur Zeit, wie sie sich ein Mensch nicht vorstellen könnte.

Er spürte die Veränderungen, die auf der Welt vor sich gingen. Und doch beschloss er abzuwarten. Darauf, dass die Asche und der Staub vergingen. Darauf, dass sie kamen.
Während er wartete, überkam ihn immer öfter der Drang, diese Töne von sich zu geben, mit denen er die anderen Drachen beruhigt hatte. Und diese Töne klangen immer besser, je öfter er sie erklingen ließ. Zumindest für seine Ohren.
Vor seinem Inneren Auge sah er, wie die Sonne und der Mond über den Himmel jagten und dabei von den Sternen beobachtet wurden. Wer von beiden hatte das Spiel angefangen? Das konnte selbst er nur vermuten. Der Drache versuchte in seinen Gedanken ein Bild zu beschwören, wie die Welt nun aussehen würde. Wie sie aussehen könnte.
Zwar hatte jeder ein Bild von den Menschen gesehen, damals, als Araxes es ihnen gezeigt hatte, jedoch wusste er nicht, was ansonsten mit der Erde passiert war.
Vielleicht gab es wieder so viel Wasser oder der Boden glühte wieder, wie früher einmal? Wobei diese Menschen nicht aussahen, als würden sie auch nur eine der beiden Möglichkeiten für längere Zeit überleben können.

Und dann wurde die Luft klar.
Da wagte er sich wieder heraus und sah sich um.
Auf den ersten Blick hatte sich nicht viel getan: Grün war immer noch die vorherrschende Farbe, hier vor seiner Höhle.
Bereits zuvor hatte er mehrmals nachgeschaut, was die Umgebung ihm zu bieten hatte. Es war neugierig gewesen und dennoch war da etwas, das ihn in der Höhle gehalten hatte. Aber nun, nun war es Zeit.

Trotzdem hatte sie sich verändert. Das spürte er.
Wie lange war ich in meiner Höhle? Diese Frage konnte er sich momentan nicht beantworten. Aber er entschied, dass es nicht wichtig war.
Die Welt hatte sich verändert, das Klima war ein anderes als zur Zeit der Dinosaurier und nun sollten diese Menschen an der Reihe sein.

Also streckte er seine Glieder, gähnte und lief los. Er kam an einem Fluss vorbei, an Bäumen und an flachen Ebenen.
Es tat ihm gut, sich wieder bewegen zu können. Nach dieser langen Zeit des Wartens war es eine Wohltat für seine Muskeln, sich wieder zu strecken. Ein niederes Lebewesen, wie es etwa diese Menschen waren, hätte sich nach dieser Zeit ohne Bewegung nicht mehr rühren können. Mehr noch: Sie hätten diese Zeit nicht überlebt. Doch er war nicht wie sie.
Die Bäume sahen nun anders aus als früher, sie waren längst nicht mehr so groß.
Die Luft roch anders, frischer. So, als würde sich in nicht allzu großer Zukunft, in Drachenmaßstäben, eine eisige Kälte über die Gegend legen. Fanyam spürte es. Der Wandel war noch lange nicht vorbei. Er hatte gerade erst begonnen.

Die anderen Lebewesen, die er traf, waren mit etwas bedeckt, dass er zuvor nur von kleinen Tieren kannte. Sie hatten Fell.
Und doch sah er Bekanntes in dieser neuen Welt. Es gab Pflanzen, die aussahen wie Miniaturausgaben derer von vor langer Zeit.
Auch in den Meeren und Flüssen sah er bekannte Lebewesen. Doch auch viel Neues.

Und dann sah er sie, die Menschen. Oder zumindest das, was einmal Menschen werden sollten. Sie standen noch am Anfang ihrer Entwicklung, hatten viel Fell an sich und liefen recht krumm.

Er ließ sie nicht mehr aus den Augen. Es war ein großer Neuanfang von etwas.

Deswegen beschloss der kleine Drache bald darauf, erneut das Fliegen zu versuchen.
Er übte es jeden Tag. Am Anfang sprang er unbeholfen in die Luft und landete wieder unsanft auf dem Boden, sodass Staub aufwirbelte.
Nach einiger Zeit kam er drei Flügelschläge weit. Doch mehr schaffte er nicht. Keuchend und außer Atem landete er wieder. Und stolperte, sodass er mit der Schnauze voran auf dem Boden landete.
Nun hatte er die Schnauze voll. Voll von Sand und vom Fliegen.

Anscheinend bedeutet ein Neuanfang der Welt nicht gleich ein Neuanfang für mich.

Die Melodie der DrachenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt