1. Kapitel - Erin

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Ein Schauer lief mir über den Rücken, als der Wagen vor dem großen, düsteren Herrenhaus zum Stehen kam. Das dunkle Ziegeldach mit den Erkerfenstern und dem alten Schornstein, hatte man schon von Weitem durch das Blätterdach der Bäume blitzen sehen. Doch jetzt, wo ich direkt davor stand, kam mir dieses Haus noch größer vor.

Das Haus war ein altes Herrenhaus und wurde irgendwann im 19. Jahrhundert erbaut, wirkte aber durch die Bauart deutlich älter. Eine breite, aus dunklen Marmorsteinen gebaute Treppe mit fünf Stufen, führte zu der hohen, dunklen Eingangstür mit einem alten Messingtürklopfer in Form eines Löwenkopfes. Die Fenster waren hoch und würden wahrscheinlich viel Licht in die Räume lassen, wenn nicht jemand dicke, schwere Vorhänge davor gehangen hätte, die man selbst von außen sehen konnte.

Die aus grauen Mauersteinen bestehende Fassade war außerdem übersät mit Dornenranken, welche sich an einem Turm hinaufschlängelten und das Fenster beinahe verdeckten. 

Sieht aus wie bei Dornröschen. Nur in einer Low-Budget-Version und deutlich grusliger... 

Obwohl die Sonne schien und es angenehme 26 Grad waren, kroch eine Kälte in mir hoch und ich hatte das dringende Bedürfnis zurück in das Taxi zu steigen und nachhause zu fahren. Nur gab es da zwei Probleme:

Erstens: der Taxifahrer hatte bereits angefangen meine Koffer und meine wenigen Habseligkeiten aus dem Kofferraum zu holen und stellte diese nach und nach neben mir ab. Und Zweitens: das hier war jetzt mein Zuhause.

In genau dem Moment ging die schwere Eingangstür auf und ein großer, schlanker Mann kam aus dem Haus. Er hatte dunkles Haar, welches an den Seiten bereits ergraute, blasse Haut und er trug einen schwarzen Anzug. Er schritt die fünf Stufen hinab und blieb vor mir stehen. Die grünen Augen musterten mich eingehend und ich versuchte so etwas wie ein Lächeln zustande zu bringen, was mir allerdings nicht wirklich gelingen wollte.

Er hatte ein schmales Gesicht, mit einer langen, geraden Nase. Die schmalen Lippen wurden von einem dunklen, gepflegten Drei-Tage-Bart umschlossen und verzogen sich zu einem sehr kurzem Lächeln, welches vielleicht auch gar kein Lächeln sein sollte.

„Erinna, richtig?" Seine Stimme war dunkel und tief und in seinem Ton schwang eine solche Autorität mit, dass ich mich nicht traute ihn darum zu bitten, mich lediglich Erin zu nennen. Deshalb nickte ich nur. „Ich hoffe die Fahrt war nicht allzu anstrengend? Celestine hat bereits das Mittagessen vorbereitet, wir können also sofort essen", sagte er und drehte sich um. Ein dicklicher Mann, im dunklen Anzug und mit weißen Handschuhen und Glatze kam aus dem Haus gesprintet. „Nathanael wird sich um deine Sachen kümmern und sie in dein Zimmer bringen. Komm", sagte er und lief los. Schnell folgte ich ihm in das düstere Herrenhaus, was von nun an mein Zuhause sein sollte.

Der Eingangsbereich war mit dunklen Parkettboden ausgelegt, auf dem dunkelrote, dicke Teppiche ausgerollt worden waren, die jeden Schritt sofort verschluckten. Die dicken, royalblauen Vorhänge ließen nur wenig Tageslicht herein, weshalb die Kronleuchter an der Decke eingeschalten waren, die ein sanftes Licht verteilten. Die Wände waren mit Stuck verziert und alte, teuer aussehende Gemälde von Landschaften und Häusern zogen die Aufmerksamkeit auf sich, sobald man eintrat. Ich sah ein Gemälde von diesem Haus und fragte mich, wann es wohl gemalt worden war. Es war ein Ölgemälde, das erkannte ich sofort.

Eine breite Holzwendeltreppe führte ins obere Stockwerk, zu dem Nathanael gerade meine Sachen brachte. Links neben der Tür war eine Garderobe an der eine schwarze Jacke hing. Die Schuhe waren ordentlich auf dem Schuhständer abgestellt und ein schwarzer Regenschirm stand im Schirmständer.

Zögernd hing ich meine Sweatshirtjacke, welche ich die ganze Zeit festumklammert hielt, an den Hacken und diese machte dort einen so deplatzierten Eindruck, dass ich kurz versucht war sie wieder an mich zu nehmen. Das helle Blau meiner Jacke stach so deutlich hervor und auch meine weißen Sneaker, die ich jetzt neben die dunklen Schuhe meines Onkels stellte, wirkten völlig falsch hier. Aber mein Onkel beobachtete mich die ganze Zeit, weshalb ich es dabei beließ. „Hier sind ein paar Pantoffeln", sagte er und öffnete einen schmalen Schrank, wo ich mir ein paar - natürlich schwarze – Pantoffeln (nennt das wirklich noch wer so?) herausnahm und diese anzog. Dann folgte ich meinem Onkel durch eine breite Flügeltür rechts von uns, hinter der ein Esszimmer wartete, mit Blick auf einen wirklich hübsch angelegten Garten.

Avaglade - Die Hüter von Lavandia (Buch 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt