26. Kapitel - Henry

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Wie immer herrschte am Frühstückstisch absolute Stille. Meine Mutter trank heute Tee, während sie den Rätselteil der Zeitung vor sich liegen hatte.

Mein Vater trank seinen Kaffee wie immer schwarz (so schwarz wie seine Seele vermutlich...) und las das, was meine Mum von der Zeitung übrig gelassen hatte.

Cathie saß schweigend neben mir uns spießte Obst mit einer Gabel auf. Dabei wirkte sie ziemlich angespannt und genervt.

„Ein anderes Wort für Stille mit vier Buchstaben...", murmelte Mum und ich schnaubte.

„Ruhe", antwortete ich und sie lächelte, während sie (ungewöhnlich) gut gelaunt das Wort eintrug.

„Wenn du fertig mit frühstücken bist, dann fahren wir zu McAlistair und holen unsere Pferde. Yilva erwartet uns", sagte mein Vater, ohne den Blick von der Zeitung abzuwenden.

„Ich dachte, du würdest alleine gehen", gab ich zurück und langsam hob er den Blick und sah mich an.

„Wann haben wir das besprochen?", fragte er und seine Stimme triefte nur so vor Sarkasmus.

„Ich habe morgen Schule, Vater. Ich muss noch lernen und außerdem bin ich mit meinen Freunden verabredet. Es ist doch nicht nötig, dass ich ständig..."

„Du hast eine Bestimmung, Henry!"

Ich erwiderte seinen Blick und nahm mir fest vor, dass ich dieses Mal nicht nachgeben würde. Er kann mir genauso gut hinterher sagen, was besprochen wurde. Ich brauchte nicht dabei sitzen und stumm zuhören.

„Ich bin mir sicher, dass McAlistair die neue Hüterin mitbringen wird. Du willst doch nicht der Einzige sein, der fehlt", sprach mein Vater bemüht ruhig.

„Die ist jetzt echt Hüterin?", fragte Cathie und sah von ihrem aufgespießten Obst auf.

„Ja... sie kann tatsächlich die Grenze übertreten. Ich hatte auch gehofft, dass sie es nicht könnte..."

Cathie schnaubte und nahm einen Schluck von ihrem Kaffee.

„Ich finde es seltsam, dass sie plötzlich hier auftaucht. Vor allem alleine. Also irgendwas stimmt da absolut nicht und es unverantwortlich, dass ihr sofort vertraut wird", sagte sie und unser Vater sah sie an.

„Da bin ich ganz deiner Meinung mein Engel. Aber sie hat den Eid abgeleistet und das ohne Zwischenfälle. Aber das hat nichts zu heißen. Ihre Mutter hat später auch Lavandia verraten", sagte er.

„Also Henry, wenn du fertig bist..."

„Ich muss mich wirklich auf morgen vorbereiten. Ich verstehe, dass ich dabei sein soll, aber ich möchte auch keinen Ärger in der Schule haben", unterbrach ich ihn.

Ganz kurz ging mein Blick zu Mum, in der Hoffnung sie würde mir beistehen. Aber sie sah nur lächelnd auf ihr Kreuzworträtsel und schien gar nicht anwesend zu sein.

„Ich glaube, ich habe mich nicht klar ausgedrückt. Ich habe dich nicht darum gebeten, mich zu begleiten. Das war eine Anweisung. Du wirst dich jetzt umziehen und fertig machen!"

Ich wollte nicht nachgeben, aber unter seinem strengen Blick blieb mir nichts anderes übrig. Genervt wandte ich den Blick ab und stand auf.

Eine halbe Stunde später waren wir auf den Weg zum Anwesen von William und tatsächlich stand er, zusammen mit Erinna, vor dem Haus.

Die beiden unterhielten sich miteinander und als wir aus dem Auto stiegen, verstummten sie.

„Sam hat die Pferde bereits fertig gemacht. Wir können also sofort los", sagte William und lächelte.

Avaglade - Die Hüter von Lavandia (Buch 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt