Kapitel 33

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Das Klopfen an der Tür reißt mich aus meinem Schlaf und ich richte mich müde auf.

Ich spüre einen warmen Arm um meinen Bauch und muss lächeln, als ich sehe, wie friedlich Kay neben mir schläft. Blöderweise vergesse ich dadurch das Klopfen, sodass keine Sekunde später die Tür aufgeht.

„Kay, willst du was...", will die Frau sagen, als sie mich entdeckt und sofort verstummt. Sie sieht aus wie Anfang vierzig, hat die gleichen dunklen Haare wie Kay und ihre braungebrannte Haut sagt mir, woher Kay ihre hat. Das muss ihre Mutter sein. Ich bin in diesem Moment sehr froh, dass ich mir gestern noch ein Shirt von Kay geklaut habe und nicht halbnackt bin. Trotzdem laufe ich rot an, während meine Freundin immer noch am Schlafen ist. Der Blick ihrer Mutter wird etwas wärmer und ein kleines Lächeln legt sich auf ihre Lippen. „Entschuldigung", sagt sie schnell und flötet noch: „wann immer ihr aufsteht, Frühstück steht bereit." Dann verschwindet sie wieder und ich lehne mich erleichtert zurück. Ich betrachte Kay und muss darüber schmunzeln, dass sie einen so tiefen Schlaf hat. Sie liegt dicht an mir und strahlt viel Körperwärme aus. Vorsichtig streiche ich durch ihre Haare und kann nicht fassen, was für ein Glück ich habe. „Ich spüre, wenn du mich anstarrst", murmelt sie mit geschlossenen Augen und wie immer werde ich leicht rot. Zufrieden grinsend kuschelt sie sich noch dichter an mich und ich muss schmunzeln.

Nach einer viel zu kurzen Ewigkeit beschließen wir, aufzustehen. Kay ist in ihren Abläufen sehr routiniert und es beeindruckt mich, wie wenig Hilfe sie benötigt. Ich könnte ihr stundenlang dabei zusehen, wie sie sich geschickt im Rollstuhl bewegt. Wie so oft wünschte ich, ich wäre zu einem ihrer Wettkämpfe gegangen und hätte sie in ihrem Element erlebt. Sie gibt mir einen Pullover von sich und er riecht so schön nach ihr, dass ich ihn definitiv mitnehmen werde. Auf dem Weg in die Küche scherzt Kay darüber, dass die Ärmel normalerweise definiert sitzen sollen, während sie bei mir zu groß sind. „Kann nicht jeder jeden Tag seine Arme trainieren", necke ich sie und zeige auf ihren Rollstuhl. Sie schmunzelt und fährt mir extra leicht gegen mein Bein, um mich zum Stolpern zu bringen.

„Guten Morgen", begrüßt uns Kays Mutter, die uns belustigt beobachtet. Sie stellt sich mir vor und ich reiche ihr lächelnd die Hand. Hinter meinem Rücken wuschelt sie Kay durch die Haare, die das jedoch sofort unterbindet und vor ihr flüchtet. „Das eine Mal bin ich nicht sauer, aber du schwänzt nicht noch mal die Therapie", meint sie und ich drehe mich bewusst nicht zu ihnen um. „Deine Therapeutin leistet gute Arbeit, sie hat das nicht verdient." Ich höre förmlich, wie Kay grinst, als sie meint: „Ich denke, sie überlebt das." Sie bekommt davon einen Klaps auf ihren Hinterkopf von ihrer Mutter, die sich dann die Autoschlüssel schnappt und uns auf dem Weg raus nochmal zuwinkt.

Ich schüttele den Kopf und gehe zu Kay als sie weg ist: „Du bist unmöglich." Sie grinst und zieht mich an meinem Handgelenk zu sich. „Wir können auch jederzeit zur Therapie fahren, wenn dir das lieber ist." In ihren Augen liegt wie immer ein kleines Funkeln und ich muss automatisch grinsen. „Gegen eine Massage hätte ich nichts einzuwenden", sagt Kay möglichst unschuldig und ich schüttele lachend den Kopf. „Du darfst mich gerne ausnahmsweise mal verwöhnen", sage ich und sie zieht mich sofort mit einem Ruck auf ihren Schoß. Sie küsst mich und fährt mit ihrer Hand in meine offenen Haare. Sofort kribbelt es in meinem Bauch und ich schmiege mich dichter an sie. Ich will den Kuss noch mehr vertiefen, als mein Handy klingelt. Also löse ich mich von Kay, spiele jedoch weiter mit ihrer Hand, während ich auf mein Display schaue.

Es ist Nika, die noch immer meine Freundin ist. Fuck. Kay sieht den Namen ebenfalls und ich bereue es, dass ich Nika jemals mit einem Herzen eingespeichert habe. Langsam zieht Kay ihre Hand aus meiner und meint: „Ich denke, du hast da noch was zu erklären." Ich nicke und versichere ihr sofort: „Ich fahre nachher zu ihr und beende es, versprochen. Ich will nicht mehr mit ihr zusammen sein." Kay wirkt nachdenklich und verschlossener als eben. Für einen Moment war sie wieder so selbstsicher gewesen wie vor ihrem Unfall. „Hey", sage ich und greife nach ihrem Kinn, damit sie mich ansehen muss. „Ich will dich", flüstere ich und sehe ihr dabei tief in die Augen, „ich wollte dich schon, nachdem du mir die Sterne gezeigt hast."

Bei diesen Worten erscheint ein kleines Lächeln auf ihren Lippen.


Just one step away from foreverWo Geschichten leben. Entdecke jetzt