„Es wird schon gut gehen", sagt meine Mutter zum wiederholten Male, doch es beruhigt mich nicht wirklich. Seit Stunden schaue ich auf mein Handy, doch es kommt keine Nachricht.
Kays Operation muss schon längst vorüber sein und es macht mir Angst, was es bedeuten könnte, dass sie sich nicht meldet. Seit dem Gespräch mit Nika vermisse ich Kay noch mehr, weil es mir nur wieder gezeigt hat, wie absolut fantastisch sie ist. Ich will ihr so gerne sagen, wie viel sie mir bedeutet und dass ich nicht mehr getrennt von ihr sein kann. Noch dazu kommt, dass ich mir bevor ich ins Krankenhaus gefahren bin, ihre Jacke von zuhause geholt habe. Es gibt mir ein gutes Gefühl, sie zu tragen, doch gleichzeitig habe ich dann ständig ihren Geruch in der Nase und vermisse sie noch mehr.
Zoey mustert mich und zeigt mir in Gebärdensprache, dass ich schlimmer als jeder Teenie bin. Ich verdrehe die Augen, halte mir eine Hand vor den Mund und tue dann so, als würde ich etwas Beleidigendes sagen. Sofort verengt sie ihre Augen und wendet sich an unsere Mutter: „Mama, Leo beleidigt mich." Meine Mutter schüttelt den Kopf und meint: „Sie hat gar nichts gesagt." Genervt sieht Zoey mich an, doch ich grinse nur triumphierend, weil ich sie zu gerne verarsche. Jedoch spüre ich auch den Blick meiner Mutter auf mir, als sie mich zurechtweist: „Hör auf die Schwäche deiner Schwester auszunutzen." Ich breite unschuldig meine Arme aus und erwidere: „Sie hat angefangen." Meine Mutter blickt zwischen uns hin und her und zuckt dann die Achseln: „Naja, du erinnerst mich schon etwas an eine sechzehnjährige." Ich werfe ihr einen gespielt böse Blick zu, weil sie mich nicht verteidigt und zeige meiner Schwester dann den Mittelfinger, weil sie blöd grinst. Meine Mutter schüttelt den Kopf über uns beide und sagt meiner Schwester dann, dass sie ihr mehr Wasser holen soll. „Und du, geh ein bisschen raus. Frische Luft wird dir gut tun", sagt sie zu mir und ich erhebe mich widerwillig. Wahrscheinlich hat sie Recht, doch ich lasse sie trotzdem nicht gerne allein.
Draußen laufe ich etwas durch die Gegend, bis ich zu dem Park komme, der in der Nähe des Krankenhauses ist. Mein Kopf ist so voll, dass es mir schwer fällt, einen Gedanken zu fassen. Ich muss daran denken, was Kay mir mal in einer unserer Sitzungen erzählt hat. Manchmal, wenn dein Kopf zu laut ist, musst du einfach rennen, bis dein Körper ihn zum Schweigen bringt. Ich habe damals nicht verstanden, wann das helfen sollte, doch jetzt weiß ich nichts besseres. Also denke ich mir scheiß drauf und laufe los. Erst jogge ich nur ein bisschen, doch dann werden meine Beine von selbst immer schneller und schneller bis ich so schnell laufe, wie ich nur kann. Ich renne und renne und meine Beine tragen mich immer weiter.
Als ich irgendwann nicht mehr kann, bleibe ich stehen und muss lachen. Es gibt keinen Grund dafür, aber ich fühle mich für einen kurzen Moment einfach frei. Ein Mann geht mit seinem Hund an mir vorbei und mustert mich leicht belustigt, doch es ist mir egal. Als mein Handy plötzlich klingelt, bin ich immer noch vollkommen außer Atem. Mein Herz rast, doch es setzt einen Schlag aus, als ich Kays Namen auf dem Display lese.
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Just one step away from forever
RomantikEs ist der Bruchteil einer Sekunde, der ihr Leben für immer verändern wird. Das Quietschen von Reifen auf der nassen Straße, der Geruch von geschmolzenem Gummi. Kann aus der finstersten Dunkelheit jemals Licht entstehen? ...