10. Kapitel - Holly

360 15 0
                                    

Nachdem Brian mich 20 Minuten im Kreis herumgescheucht hatte und mir dabei, ganz entspannt in der Mitte sitzend, Anweisungen zugerufen, beziehungsweise mich verspottet hatte, war ich nicht nur nass geschwitzt, sondern auch extrem genervt. Am liebsten wollte ich gleich wieder gehen, aber das hätte er niemals zugelassen. " Du solltest wirklich an deiner Fitness arbeiten. Nach 20 Minuten solltest du nicht so fertig sein..." Mir lagen mindestens fünf giftige Antworten auf der Zunge, aber ich war viel zu sehr außer Atem um irgendetwas zu sagen. Deshalb schaute ich ihn einfach nur sehr böse an. Er grinste frech. So ein Bastard.

Mein Blick glitt zu den Boxhandschuhen in seiner Hand. "Hier, zieh die an." Er winkte mich zu einem der Boxsäcke herüber. "Okay, jetzt will ich ein paar richtig kräftige Schläge sehen." Ich gab wirklich mein Bestes, aber ich hatte einfach nicht genug Kraft. "Komm, das kannst du besser. Mach es nochmal." Ich schlug nochmal, aber nichts hatte sich geändert. Mein Schlag bewirkte rein gar nichts. Er seufzte frustriert und überlegte kurz. Dann sah er plötzlich aus als hätte er eine Idee und ein schelmisches Grinsen erschien auf seinem Gesicht. "Weißt du was? Du kämpfst einfach gegen mich. Ich habe so das Gefühl, dass das irgendwie mehr bringen würde." "Gegen dich?", ich schnaubte, "Niemals." Er verschränkte die Arme vor der Brust: "Warum nicht? Ich habe so das Gefühl dass du sehr gerne mal deine ganze Wut an mir auslassen würdest." Blöderweise lief ich rot an und senkte den Blick. Anscheinend war ich ein offenes Buch und er wusste sehr genau was ich von ihm hielt. Ich war eigentlich nicht besonders scharf darauf, mich noch mehr zu blamieren, deshalb nickte ich. "Na gut, wenn du meinst." Er grinste zufrieden und holte sich auch ein Paar Handschuhe.

Brian und ich stellten uns gegenüber voneinander auf und brachten uns in Kampfposition. Ich versuchte die Tatsache, dass er mir mindestens 16 Jahre Erfahrung voraus hatte, zu ignorieren und hielt seinem durchdringenden Blick stand. Dann griff er mich blitzschnell an und versuchte mir einen Kinnhaken zu verpassen, aber ich konnte gerade noch ausweichen. Danach attackierte er mich dauerhaft und ich kam kein einziges Mal dazu, ihn anzugreifen, weil ich immer alles abwehren musste. Mit der Zeit wurde ich immer wütender, dass er mir einfach keine Chance gab. Als er jedoch eine Sekunde lang unaufmerksam war, kickte ich ihm mit voller Wucht in den Bauch. Er stolperte ein paar Schritte zurück und sah mich überrascht an. "Wow, das war ... gut. Wirklich gut!" Er zog seine Handschuhe aus, presste eine Hand auf die Stelle, die ich getroffen hatte und verzog schmerzerfüllt das Gesicht. Sofort bekam ich ein schlechtes Gewissen und kam zu ihm. "Oh mein Gott, war das zu fest? Scheiße, es tut mir so leid!" Ich schlug mir eine Hand vor den Mund und wusste nicht was ich tun sollte. Ich hoffte nur dass ich ihn nicht schlimm verletzt hatte. Schnell zog ich ebenfalls meine Handschuhe aus und legte meine Hand auf seinen Bauch. Großer Fehler. Ich konnte seine Bauchmuskeln deutlich durch das dünne Shirt spüren und sie fühlten sich unglaublich an. Brian erstarrte und beobachtete jede meiner Bewegungen. Meine Hand machte sich selbstständig und wanderte von der Stelle, die ich getroffen hatte ein Stückchen weiter nach unten. Der Saum war beim kämpfen ein bisschen hochgerutscht und als meine Hand auf seine Haut traf sog er scharf die Luft ein. Ich fuhr fasziniert über seine Muskeln und genoss das Gefühl der seidenweichen Wärme unter meinen Fingern. Ganz plötzlich erwachte Brian wieder aus seiner Starre und ehe ich reagieren konnte, lag ich schon rücklings auf dem Boden. Er stützte sich über mir ab und hielt meine Handgelenke neben meinem Kopf fest. Sein Blick bohrte sich so intensiv in meinen, dass mir ganz heiß wurde und ich begann heftiger zu atmen. Er beugte sich ganz langsam zu mir herunter und raunte in mein Ohr: "Eine sehr wichtige Regel beim kämpfen: Immer aufmerksam bleiben. Sonst liegst du ganz schnell am Boden." Seine Stimme klang tiefer und rauer als sonst. Atemlos nickte ich, seine Nähe sollte mich nicht so durcheinanderbringen. Eine Haarsträhne war ihm ins Gesicht gefallen und ich war froh dass er mein Handgelenk festhielt, sodass meine Hand sich nicht selbstständig machen und sie ihm aus dem Gesicht streichen konnte. Sein Gewicht auf mir zu spüren, stellte viele Dinge mit meinem Körper an und ich musste heftig schlucken, um sprechen zu können. "Kannst du jetzt vielleicht wieder von mir runter gehen?", fragte ich zaghaft. Er musterte nochmal mein Gesicht und sein Blick blieb für ein paar Sekunden an meinen Lippen hängen. Dann gab er meine Hände frei, stand auf und zog mich hoch. Als ich ihn verstohlen musterte, merkte ich, dass er auch etwas verwirrt wirkte und sein Atem ging mindestens so schnell wie meiner. Wir beide merkten, wie sich die Stimmung zwischen uns verändert hatte, und zwar in eine sehr interessante Richtung...

From fighters to loversWo Geschichten leben. Entdecke jetzt