,,Kade?"
Abwesend starrt er in seinen Karamellkaffee und zeichnet mit einem kleinen Holzstäbchen kleine Kaffeestriche in seinen Milchschaum.
,,Ist alles okay?"
Ich frage mich, ob er an sie denkt. Und gleichzeitig werde ich immer neugieriger. Wer war sie? Warum ist sie nicht mehr hier und das Wichtigste. Kann man einen Menschen wirklich so sehr lieben, dass er nach Monaten noch im Kopf umherschwirrt oder trifft dies nur Einzelne? Vielleicht geschieht das auch gar nicht und die Betroffenen bilden sich nur ein, ihre Liebe des Lebens gefunden zu haben.
Vielleicht gibt es keine Liebe des Lebens.Vielleicht gibt es mehrere.
So viele, bis wir uns mit einer fürs Leben binden. Bis wir uns für eine bestimmte Liebe entscheiden.Aber wie soll man sich richtig entscheiden?
Wahrscheinlich sollte ich doch dabei bleiben, das Schicksal einfach so hinzunehmen wie es ist und versuchen, mit ihm befreundet zu bleiben.Vorsichtig strecke ich meinen Arm aus und überlege, ob es wohl zu viel ist, seine Hand in meine zu nehmen, aber scheiß drauf.
Denken wird überbewertet.Verwirrt schnellt sein Kopf in meine Richtung.
,,Ist alles okay, Kade?"
Es scheint gar nichts okay zu sein.
,,Ja, alles okay."
,,Möchtest du darüber reden? Über sie?"
,,Bitte nicht."
,,Ich werde dich nicht zwingen."
Nachdenklich betrachtet er meine Hand, die auf seiner liegt, ehe er sie wegzieht und mit Kaffeebecher und Mantel aufsteht.
,,Wollen wir weiter?"
,,Wohin willst du denn?"
,,Ich weiß es doch auch nicht, Rayn."
Sein Tonfall trifft mich härter, als erwartet.
,,Okay, also ich verstehe, wenn wir mit diesem Gespräch Wunden wieder aufgerissen haben, Kade. Aber du kannst mich jetzt nicht ignorieren."
Er tut mir leid; das, was er durchmachen musste. Was er durchmacht.
Aber ich lasse mich nicht so behandeln, als wäre ich nur hier, um ihn zu trösten.
Ich werde ihn trösten, wenn er mit mir spricht. Wenn er bereit ist, sich mir zu öffnen.
Aber er darf nicht wütend auf mich sein, wenn ich keine Schuld trage.
Sowas kann ich nicht noch einmal durchmachen.,,Sonnenaufgang, weißt du noch? Ich lasse niemanden so mit mir reden, Kade. Ich strahle, du strahlst. Wir können gemeinsam strahlen, wenn du bereit dazu bist. Du musst nicht mit mir darüber sprechen, aber lass deine Trauer und Wut nicht an mir aus."
Ich mag wütend klingen und vielleicht reagiere ich über.
Aber das will ich von Anfang an klar stellen.,,Wenn du nichts zu sagen hast, gehe ich. Wir sehen uns bestimmt wieder. Irgendwann."
Ich bleibe noch einige Sekunden stehen, doch sein Blick ist gen Boden gerichtet und er scheint sich nicht von mir verabschieden zu wollen.
,,Rayn, warte."
Und ich bleibe stehen.
Wer hätte es auch anders erwartet.,,Ja?"
,,Es tut mir leid."
,,Was denn?"
,,Bitte, lass mich ausreden."
Ich fühle mich schlecht.
So mit jemandem umzugehen, der es offensichtlich nicht verdient hat. Er hat mich unterstützt, also sollte ich ihn unterstützen, oder nicht?,,Ich habe dich um deine Zeit gebeten. Ich wollte nicht, dass das so endet. Mir tut leid, dass ich mich so abweisend verhalten habe und dass ich dich eben angeschnauzt habe. Ich bin empfindlich, was-. Was sie angeht. Ich würde mich freuen, wenn du noch bleibst. Wir können, ich weiß nicht. Uns wird sicher etwas einfallen."
,,Ja, sicher."
,,Du bleibst?"
,,Ich bleibe."
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memento mori
NouvellesVergiss nicht, dass auch wir irgendwann sterben werden. Rayn & Kade Fortsetzung von ortus solis Für besseres Verständnis sollte jene Geschichte zuerst gelesen werden Alle Rechte der Geschichte liegen bei mir!