1 | Gestrandet

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Nur in Deutschland

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Nur in Deutschland. Genervt ließ Neele ihr Handy auf den leeren Beifahrersitz fallen. Nur in Deutschland fand man im 21. Jahrhundert noch mit solcher Regelmäßigkeit Funklöcher vor. Sicher, sie steckte auf einer Landstraße fest, der letzte Ort zehn Kilometer hinter ihr, der nächste noch fünf entfernt. Da war es in Deutschland einfach zu viel zu erwarten, dass man Empfang hatte.

Mit einem ergebenen Seufzen lehnte sie ihren Kopf gegen das Lenkrad. Sie hatte es vermutlich nicht anders verdient. Ihr uralter Twingo hatte nur noch wenige Monate bis zum nächsten TÜV und sie wusste, dass er den nicht mehr überstehen würde. Es war vermutlich nur eine Frage der Zeit gewesen, bis irgendeines der vielen Verschleißteile den Geist aufgeben würde.

Aber warum musste es mitten in der Nacht in einem Gewittersturm in einem Funkloch sein?

Noch ein Seufzer entkam ihr, während sie sich wieder aufrichtete und sich daran machte, ihre langen braunen Haare in einen Pferdeschwanz zu binden. Sie war nicht auf dieses Wetter vorbereitet, aber es half alles nichts – sie musste sich der Natur stellen und versuchen, das Landhaus, das etwa einen Kilometer entfernt zwischen den Feldern lag, zu erreichen. Mindestens dort musste es Empfang geben, wie sonst konnte irgendjemand da leben?

Grimmig packte sie ihr Handy in ihre Handtasche und schlüpfte unter Verrenkungen in ihre dünne Jeansjacke. Sie wusste genau, wer in dem Haus wohnte, und unter normalen Umständen würde sie einen weiten Bogen um das Anwesen machen. Der einzige Grund, warum sie es überhaupt wagte, war, dass es Dienstpersonal gab, das im Haus wohnte. Wenn sie Glück hatte, würde ihr einer von ihnen die Tür öffnen und sie schnell telefonieren lassen, ehe sie dem Hausbesitzer über den Weg lief.

»Hör auf, Zeit zu schinden«, murmelte Neele zu sich selbst. Alles Grübeln änderte nichts an der Tatsache, dass sie hinaus in den Regen musste.

Sie konnte sich definitiv besseres vorstellen, als freitagsnachts alleine das Haus eines Mörders aufzusuchen.

***

Innerlich fluchend zwang Neele sich ein Lächeln auf die Lippen, während sie in die blauen Augen des hochgewachsenen Mannes vor ihr hinaufstarrte. Natürlich machte Konstantin Friedrich von Falkenburg selbst die Tür auf. Wenn sie schon einmal Pech hatte, dann musste alles gleichzeitig schief gehen.

»Guten Abend, Herr von Falkenburg«, presste sie hervor, während sich ihre Hände um den Henkel ihrer Tasche verkrampften. »Ich bin mit meinem Auto liegengeblieben und würde gerne einen Abschleppdienst rufen. Kann ich Ihr Telefon benutzen?«

Statt die Tür weiter zu öffnen und sie hereinzulassen, verzog der breitschultrige Mann nur den Mund. »Haben Sie kein Handy?«

Augenrollend schüttelte sie den Kopf. »Hier ist Funkloch, falls Ihnen das noch nicht aufgefallen ist.«

»Ah«, war alles, was er darauf erwiderte, doch zu ihrer Erleichterung trat er endlich beiseite, sodass sie dem strömenden Regen entkommen konnte.

»Danke«, murmelte sie, während sie verzweifelt versuchte, einige nasse Strähnen, die sich aus dem Zopf gelöst hatten, aus dem Gesicht zu streichen.

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