Blutrot

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Der Mond ist schon fast untergegangen und das Schwimmbad liegt im vollkommenen Dunkeln, sodass nur noch Umrisse der Umgebung zu sehen sind.
Leichte Regentropfen prasseln auf das Glasdach des beheizten großen Raumes mit verschiedenen Schwimmbecken.
Das Einzige, was neben dem sanften Regen noch zu hören ist, sind die gleichmäßigen Geräusche des Wassers, welches in kleinen Wellen gegen den Beckenrand schlägt.
Ellie schwimmt immer noch auf dem Wasser im grünen Pool und schläft seit mehreren Stunden tief und fest, während das warme Wasser sich um ihren Körper bewegt.

Traum :
Ellie findet sich in dem Einkaufszentrum Colorado Mountain Plaza wieder, in dem sie damals mit Riley war und sich gerade wieder befindet. Sie läuft in ihrem Traum wieder als ihr 14 jähriges-Ich durch die Mall und balanciert gerade mit ihrer Freundin auf der Rolltreppe umher, während sie sich gemeinsam Witze erzählen.
„Heyy Ellie, ich hab noch einen Guten!", quietscht Riley vergnügt.
„Na dann lass mal hören, mal schauen ob meiner besser wird und das wird er ganz bestimmt!"
„Okay also... Wie nennt man einen alten Schneemann, hmm? Irgendwelche Vorschläge?"
„Keine Ahnung, da bin ich überfragt.
Na komm schon rück schon raus", fordert Ellie ihre Freundin auf.
„Trommelwirbel bitte!"
- dramatisches Klopfen auf einer Bank-
„Pfütze! Ahaaahahaha, komm der war gut oder?"
„Meeh, meiner ist besser. Sag ich doch", prahlt Ellie vollkommen zufrieden und selbstsicher.
„Dann lass mal hören!", schmollt Riley, während sie ihr Gesicht zu einer undefinierbaren Grimasse schneidet.
„Soso. Okay. Wie küssen sich Haie?"
-Stille-
„Durch ihre Heizungen! Hihihi omg also wirklich, da musst du doch schmunzeln oder?", kichert die 14-jährige Ellie zufrieden.
„Ja okay du hast gewonnen. Aber dafür schlag ich dich beim Autofenster-Einwerfen! Denn da gibt es nur einen Champion und zwar mich!"
„Warts nur ab, ich schlage ich mit links!", prahlt Ellie selbstbewusst.
„Komm mal mit Ellie. Ich muss dir unbedingt etwas zeigen!", sagt Riley und zieht Ellie an der Hand mit sich.

Sie sind durch die halbe Mall gerannt, bis sie endlich ihr Ziel erreichen.
Sie stehen vor dem kleinen, mit Pflanzen überwucherten Karussell, mit dem sie schon einmal gefahren sind.
Jedoch sieht es diesmal etwas anders aus.
Anstelle der hell-gelben Beleuchtung ist diese in blutrot getaucht.
Durch dieses furchteinflößend rote Licht des Karussells, wirkt der Rest des Einkaufszentrums um so entsetzlicher und mysteriöser. Als Ellie dies bemerkt stoppt sie abrupt und will sich von der Hand ihrer Freundin lösen, doch diese drückt weiter zu.
In diesem Moment dreht Riley sich zu ihr um und mit Entsetzen stellt Ellie fest, dass sie sich in einen Runner verwandelt hat.
„Was hast du mit mir gemacht? Das ist alles deine Schuld! Du hast mich getötet Ellie, das warst alleine du!", schreit das Wesen, welches einmal Riley gewesen ist.

Die Wände bewegen sich rund um Ellie und hektisch versucht sie sich von der Hand des Runners zu befreien, der sie bis jetzt noch nicht angegriffen hat.
Jedoch ändert sich dies, als sie es schafft sich aus dem Griff des Wesens zu befreien.
Ein hoher Schrei, wie der eines Mädchens hallt in der Mall wider und sprintet hinter Ellie her, nachdem sie losrannte.
Fast schon ziellos sprintet sie durch das Einkaufszentrum bis ihre Kräfte sie verlassen.
Erschöpft sinkt Ellie zu Boden, während sie in sich zusammensackt und versucht sich halbwegs zu fassen.
„Was passiert hier? Bin ich wirklich Schuld an dem, was mit Riley passierte? Und warum bin ich wieder hier? Ich will hier weg!"
Tausend Gedanken erfüllen Ellies Kopf und sie weiß, sie kann hier nicht bleiben.
Ein Klirren ertönt, Glassplitter scheinen sich auf dem Boden zu verteilen, jedoch sieht Ellie nichts von alledem.
In diesem Moment hört sie das nur allzu bekanntes Geräusch, welches ihr jedes Mal aufs Neue Gänsehaut verpasst.
Es ist das Klicken und würgen eines Clickers, welches Ellie gefährlich Nahe kommt.

Realität :
Mit einem schweren Zucken wacht Ellie ruckartig aus ihrem Alptraum auf.
Sie holt tief Luft, jedoch gelangt durch ihre abrupten Bewegungen dreckiges Wasser in ihren Mund und in ihre Lunge.
Würgend versucht sie das halb verschluckte Zeug wieder aus ihrem Rachen zu bekommen und braucht einen Moment, um sich zu fassen.
Da sie jetzt wieder zurück in der Realität ist, weiß sie, dass dies alles nur ein Traum zu sein schien, jedoch nur fast alles.

Was ihr bis jetzt umbemerkt blieb, sind die Glasscherben, welche am Beckenrand und auf dem Grund des Pools liegen.
'Warte, ich habe doch von Glasscherben geträumt und hab keine gesehen.
Vielleicht hab ich die Geräusche während meines Traumes wahrgenommen', schlussfolgert Ellie aus dem Ganzen.
'Das würde aber bedeuten, dass-', weiter kommt sie mit ihrem Gedanken nicht.
Luftblasen steigen aus dem Pool auf und mit ihnen eine Kreatur, die Ellie auch in ihrem Traum hörte, einen Clicker.
Sie braucht einige Sekunden bis sie realisiert, was gerade vor sich geht, doch dann fasst sie einen Entschluss.
Der Clicker scheint sie noch nicht bemerkt zu haben und so entfernt sie sich immer ein kleines bisschen mehr von ihm, in der Hoffnung unentdeckt zu bleiben.
Doch diese Taktik funktioniert nicht wie geplant. Um zu schwimmen, muss Ellie Wasser von sich weg drücken und das verursacht auch beim besten Willen immer Geräusche.

Ein schrilles Geräusch ertönt und in diesem Moment weiß Ellie, dass sie hier raus muss.
Raus aus dem Wasser, raus aus dem Schwimmbad und raus aus Yakima.
Mit hektischen Bewegungen schwimmt Ellie zum Beckenrand und stützt sich daran ab.
Mehrere Versuche braucht sie, bis sie endlich aus dem verseuchten Wasser heraus ist.
Schnell greift sie ihr Handtuch, ihre Klamotten und ihren Rucksack und sprintet los.
Während sie rennt bemerkt sie, dass der Clicker dramatisch schnell zu ihr aufgeholt hat und sie dadurch immer mehr an Vorsprung verliert. Vor sich sieht sie den dunklen Gang, der sie aus diesem Gebäude herausführt und sie eilt zur Tür.
Da Ellie weiß, dass sich der Eingang nicht öffnen lässt, springt sie durch die von ihr zerschlagene Glastür und versucht sich dabei unbeholfen abzustützen.
Mit einem Mal verspürt Ellie ein stumpfes Ziehen in ihrem Körper, jedoch hat sie nicht genug Zeit, um sich jetzt darum zu kümmern und ignoriert es.
Zu groß ist ihr Lebensinstinkt.
Vollgepumpt mit Adrenalin rennt Ellie weiter bis zu einem kleinen Plateau und versucht mit zitternder Hand ihre Pistole hervorzuziehen.

Mit ihrer Waffe in der Hand wartet sie, bis der Clicker in unmittelbarer Nähe ist.
Er hat zwar ihre Spur verloren, jedoch ist sie immer noch nicht außer Gefahr und somit zielt die auf das Wesen und drückt mehrere Male hintereinander ab.
Der Clicker fällt wie ein nasser Sandsack zu boden und regt sich nicht mehr.
Erschöpft sitzt Ellie auf dem rechteckigen Kasten und zieht sich schnell an, nachdem sie sich hastig abgetrocknet hat.
Mittlerweile hat es aufgehört zu regnen und die ersten Sonnenstrahlen erscheinen am weit entfernen Horizont.

Mit einem Mal spürt sie einen stechenden Schmerz in ihrem rechten Fuß und sieht an sich herab.
Jetzt, wo das Adrenalin aus ihrem Körper fast vollkommen verschwunden ist, spürt sie deutlich, dass sie sich verletzt haben muss.
'Oh fuck, nein nein nein nein nein. Ich - das kann doch nicht sein. Ich hab mich nicht ernsthaft an den scheiß Glasscherben hier draußen verletzt!', stöhnt Ellie vor Schmerz.
Ein tiefer Schnitt ziert jetzt die Unterseite ihres Fußes, in dem noch der schuldige Glassplitter steckt.
Mit einem Mal wird Ellie übel.
Sie hat schon viel aushalten müssen, jedoch hatte sie in der Vergangenheit immer Unterstützung und war nicht vollkommen auf sich allein angewiesen.
Ihr Fuß ist komplett dunkelrot gefärbt und Ellie erkennt sogar ein Stück ihres Knochens durch die tiefe Fleischverletzung.
Zögernd nimmt sie ihr feuchtes Handtuch und wickelt es vorsichtig um ihren Fuß, um damit hoffentlich die Blutung zu lindern.
„Das muss fürs Erste -autsch- reichen.
Okay Ellie alles ist gut, du schaffst das. Du hast schon viel schlimmere Dinge als das überstanden. Sei jetzt keine Pussy", versucht Ellie sich zu beruhigen.
In diesem Moment schießt Ellie eine Idee durch den Kopf.
Sie könnte mit ihrem Feuerzeug ihr Messer erhitzen, um damit Keime und Bakterien zu töten und danach mit jenem den riesigen Splitter zu entfernen.

Alles zieht sich in Ellie zusammen, als sie das glühend heiße Messer an ihren Fuß ansetzt und langsam den Splitter aus der Vertiefung zieht. Ganz vorsichtig, in kleinen Bewegungen führt sie dieses Prozedere eine ganze Zeit lang durch. Gerade als sie kurz davor ist, den Splitter aus ihrem Körper für immer zu entfernen rutscht Ellie ab und das heiße Messer schneidet ihr Fleisch.
Ein Schmerzensschrei ertönt in der Morgendämmerung und Ellie versucht sich, wenn auch nur mühsam, wieder zu fassen, nachdem nun noch mehr Blut aus der offenen Wunde tritt.
Als sie es kurze Zeit später schafft, den Splitter zu entfernen hört Ellie etwas.
Es klingt, als ob eine Armee an Leuten auf sie zu rennt um sie zu stürmen, oder schlimmeres.
Das Unheil lässt nicht lange auf sich warten und kurz nachdem Ellie ihren Fuß mit einem Stück ihres Handtuches verbindet und danach in ihre Schuhe schlüpft, sieht Ellie jetzt ihre Bedrohung auf sich zu kommen.
Oder eher rennen.
Eine ganze Herde an Runnern, Stalker, Clicker und sogar einige Bloater bahnen sich den Weg über die Straße, hin zu dem Freibad, in dem Ellie noch wie paralysiert sitzt.
Ein einziger Gedanke füllt in diesem Moment ihre Gedanken : 'Renn um dein Leben'.

The last of us - no chance of revengeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt