Nicht alles ist schlecht

24 3 0
                                    

Mehrere Tage schon läuft Ellie, ohne große Unterbrechungen, da sie so schnell wie möglich an ihr Ziel gelangen möchte.
Die Temperaturen nähern sich langsam den Minusgraden, während der Wind in Windeseile durch die Vorstadt von Salt Lake City weht.
Eine sanfte Brise lässt Ellie frösteln, als diese einen alten und zerbrochenen Highway betritt.
Um sie herum stehen verlassene Autos, die durch und durch von Pflanzen bewuchert sind und nicht den Anschein erwecken, als ob sie jemals in den letzten 20 Jahren benutzt wurden.

Die Sonne steht weit oben am Himmel, obwohl sie durch dunkle Gewitterwolken verdeckt wird. Mit leicht-schmerzendem Kopf und gebrochenen Rippen läuft Ellie entlang der breiten Straße, immer weiter auf der Stadtzentrum von Salt Lake City zu.
'Sieht nicht sehr einladend aus. Ich habe diese Gegend anders in Erinnerung, etwas netter.'
Mit bedachten Schritten nähert Ellie sich dem Ende des zerbrochenen Highways und klettert mühselig die Gesteinsbrocken hinab.
Mit einem Mal kommen ihre Erinnerungen zurück, ihre Zeit mit Joel, ihre Gewissensbisse auf dem Weg zum Krankenhaus.
Es ist nicht die Stadt, welche sie zurück hinein versetzt, sondern die Erinnerungen, welche sie schmerzhaft versucht zu verdrängen.
Doch durch jeden neuen Trigger erinnert sie sich noch mehr an Joel, ihr Freund und Vater, ihre einzige wirkliche Bezugsperson
Vorsichtig läuft Ellie weiter hinein in die Stadtmitte, vorbei an vermoderten militärischen Stationen und Basen.
Sie erinnert sich noch ganz genau an den Weg zu ihrem Ziel, dem St. Mary's Hospital, ihre einzige Hoffnung auf ein Heilmittel.

Ruhig, fast schon zu ruhig erscheint Ellie das Stadtzentrum, während sie immer weiter in dessen Mitte läuft. Die einzigen Geräusche, die Ellie vernimmt, sind die fallenden Blätter, welche durch den wehenden Wind davon getragen werden.
Mehrere Wochen bis Monate ist sie nun schon unterwegs und das zeigt sich unter anderem auch am Wetter, das immer schlechter zu werden scheint. In wenigen Wochen steht der kalte und ewige Winter bevor, der Ellie schon einige Male fast ihr Leben kostete.
Fröstelnd schlägt sie ihre grüne Jacke enger um ihren schlanken Körper, um ja nicht von der aufsteigenden Kälte übermannt zu werden.
Vorsichtig schaut Ellie sich in ihrer Umgebung um, damit sie nicht sie Orientierung verliert.
'Okay, hier bin ich, ziemlich im Osten der Stadt und ich muss dort hin, zum Krankenhaus', denkt Ellie stürmisch, während sie mit vor Kälte zitternden Händen auf eine Stadtkarte zeigt.
Schließlich erblickt sie zwischen hocherrichteten Gebäuden ihr Ziel.
Das St. Mary's Hospital liegt seelenruhig, mit Ranken umschlungen, am Ende der abknickenden Straße, auf welcher Ellie steht.
Jedoch fällt ihr mit einem Mal ein spezielles Gebäude in den Sinn, das sie nochmals besuchen möchte.
Ellie weiß noch genau, wo dieses liegt und rennt sofort los, mit einem riesigen Lächeln im Gesicht. Die Freude, die sie in diesem
Moment verspürt, ist ihr so fremd, aber doch so vertraut.
Um Straßenecken, Gebäude und Hindernisse sprintet Ellie schon fast, bis sie außer Atem an dem Eingang des Gebäudes ankommt.
Der Eingang, die Halle, einfach alles entspricht noch genau ihrer Erinnerung.
Der Boden des großen Raumes ist zum großen Teil von rotem, herbstlichen Laub bedeckt.
Fasziniert schaut sie sich um.
In Erinnerungen schwelgend, setzt Ellie sich auf eine alte und verrostete Bank, inmitten des Raumes und schließt vorsichtig ihre Augen.

Rückblick :
„Dann mal los!- Ellie, kommst du bitte", ruft eine männliche Stimme durch die kleine Halle.
Langsam läuft er auf sie zu und bleibt vor ihr stehen.
„Was ist denn los mit dir?"
„Hmm? Ach nichts", murmelt Ellie vor sich hin.
„Na dann komm her und gib mir die Leiter runter."
Wortlos läuft Ellie auf die Erhöhung zu und lässt sich von dem älteren Mann hochheben.
Eher unvorsichtig, nimmt sie die Leiter in die Hand und lässt sie, eher unvorsichtig, fallen.
„Omg Joel, das musst du unbedingt sehen! Komm her!"
„Ellie? Ellie? Oh Mist", raunt Joel rau.
Etwas genervt, stellt der Mann die Leiter auf und klettert schnell hinauf.
Als er Ellie erblickt, rennt diese sofort weiter.
Durch das gesamte Gebäude jagt das junge Mädchen Joel, bis sie an einem Fenster der Wand stehen bleibt.
„Weiter, weiter na los, sonst verpassen wir sie!", quietscht Ellie schon fast.
Vollkommen außer Atem erreichen Ellie und Joel einen zerbrochenen Raum mit einem großen Loch in der Wand.
Voller Staunen bleiben die beiden verdutzt stehen. Vor den beiden steht eine lebendige Giraffe, die genüsslich an grünen Blättern knabbert.
„Wow, einfach nur wow", staunt Ellie, während sie vorsichtig anfängt der Giraffe über den Hals zu streicheln.
Noch nie hat sie ein so riesiges, lebendiges Tier gesehen, das sogar körperliche Nähe zulässt.
Die Giraffe blickt dem Mädchen jetzt direkt in die Augen und sie schaut zurück.
Für einige, lange Momente scheint Ellie eine gewisse Verbindung zu dem wilden Tier zu spüren und ihr Bauch fühlt sich an, als ob er vor lauter Kribbeln explodiert.
Dieses Gefühl hat sie bisher noch nie in ihrem Leben verspürt, nicht einmal bei ihrem Abschiedskuss von Riley.
Gerade als Joel zum Reden ansetzen möchte, da ihm etwas auf der Seele brennt, rennt Ellie wortlos weiter.
Joels Herz rast schon fast vor lauter sprinten, als sie auf der Terrasse des Gebäudes ankommen.

„Weißt du, wir müssen das nicht tun", sagt Joel vorsichtig und reißt Ellie aus ihren Gedanken.
„Was meinst du?"
„Wir müssen nicht in dieses Krankenhaus.
Wir können einfach zurück gehen, zurück zu Jackson und Tommy."
„Nach allem was wir durchgemacht haben? Wir sind so weit gekommen und du möchtest das einfach so aufgeben?", entgegnet Ellie.
„Nein, nicht einfach so. Nur möchte ich, dass du weißt,  wir können jeder Zeit umkehren", versucht Joel ihr freundlich beizubringen.
„Ich möchte das jetzt zu Ende bringen."

Ohne ein weiteres Wort zu sagen, stehen die beiden am Rand der Terrasse und blicken auf das weite Gelände, auf dem die Giraffen in Richtung des Krankenhauses stolzieren.
'Solche schönen Tiere. Manchmal wünschte ich mir, ich wäre eine von ihnen. Frei und ohne eine Pflicht oder Aufgabe am Leben.
Aber ich muss das jetzt durchziehen, für die Menschen, die dadurch geheilt werden und ein  langes Leben erhalten', denkt Ellie.
Vorsichtig blickt sie in Richtung von Joel, doch er schaut genauso gedankenverträumt wie sie in die Ferne.
'Was er wohl gerade denkt? Bin ich ihm wirklich so wichtig oder will er nur sein Leben nicht unnötig in Gefahr bringen? Nein, ich bin ihm wichtig', korrigiert sie sich in ihren Gedanken.
„Komm, lass uns weiter gehen", ruft Joe einige Minuten später,während er mittlerweile die Tür zum Ausgang offen hält.

Gegenwart:
Langsam öffnet Ellie ihre Augen und sie muss feststellen, dass eine kleine Träne ihre Wange hinab läuft, nachdem sie sich an die gemeinsame Zeit mit Joel erinnerte.
Plötzlich fängt ihre Nase an zu kribbeln und ihre Augen fangen mit einem Mal an, ununterbrochen zu tränen.
Mit leerem Blick und den Armen fest um ihren zierlichen Körper geschlungen, kauert Ellie auf der Bank und fängt an zu weinen.
Zu sehr verstört sie der Gedanke, wahrscheinlich für den Rest ihres Lebens ohne ihre Geliebten zu leben.
Ohne Riley, ohne Dina, ohne Jesse und ohne Joel. Diese Gedanken fressen Ellie innerlich auf und ein stechender Schmerz breitet sich in ihrer linken Brust aus.

Einige Zeit später, sie weiß nicht wie lange sie vor sich hin starrte, erwacht Ellie aus ihrer Trance und ihre eigentliche Idee hinter dem Besuch in diesem Gebäude, rückt wieder in den Vordergrund.
Hastig sieht sie sich um und bemerkt die Leiter, die noch unverändert an Ort und Stelle steht, scheinbar nur um Ellie ihren Weg zu ermöglichen. Vorsichtig klettert sie die knarzenden Stufen der Blechleiter hinauf, in dem Wissen, dass die Leiter schon beim letzten Mal nicht sonderlich stabil gewesen war. Als Ellie oben ankommt, sieht sie direkt die weite Landschaft, auf die sie nur all zu gerne starrte. Langsam tritt sie näher und beobachtet kurz das Schauspiel des Windes, welcher die Blätter durch die Stadt weht.

Mit einem Mal rennt sie los, genauso wie bei ihrem ersten Besuch in Salt Lake City.
Sie rennt so schnell, dass sie nicht einmal die Räume um sich herum wahrnimmt.
Verdutzt bleibt sie mit einem Mal stehen.
„Bis auf die ganzen Blätter sieht alles exakt gleich aus", stellt Ellie völlig außer Atem fest.
Ohne weiter Zeit zu verlieren, rennt sie direkt weiter auf die Terrasse zu.
Als Ellie die Tür nach draußen öffnet, glaubt sie ihren Augen kaum. Es hat sich absolut nichts verändert, im Gegenteil. Alles sieht noch genauso aus, wie in ihrer Erinnerung.
Blätter treiben durch die Luft und der Wind pfeift gelassen durch die Straßen, doch für Ellie bleibt gerade die Welt stehen.
Mit einem Mal ist sie nicht mehr die 21 jährige, junge Frau, sondern wieder 14.
Tief atmet sie die frische Luft ein und spürt eine Erleichterung in sich aufsteigen.
Fasziniert steht sie am Geländer und starrt in die Ferne, wo sich das Krankenhaus von den anderen Gebäuden abhebt.
'Dich werde ich später besuchen, aber erst muss ich das hier genießen. Nicht alles ist schlecht im Leben', denkt Ellie, während sie mit Tränen in den Augen der Sonne beim Untergehen zusieht und sich verträumt fragt : 'Was wäre, wenn Joel das sehen könnte?'
Doch dies wird er wohl niemals erfahren.

-

Tut mir wirklich leid, dass ich so lange nichts geschrieben habe. Ich hatte viel zu lernen, vor allem für meinen Führerschein.
Vielen Dank für euer Verständnis 🤍

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 23, 2023 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

The last of us - no chance of revengeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt