Kapitel 4

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Eine sanfte Briese umhühllte das kleine Anwesen auf dem Berg. Die Gäste waren schon lange fort, die Mutter schlief bereits tief und fest.

Nur Nozomi befand sich zu dieser unscheinbaren Zeit lieber an einem anderen Ort, als dem kuscheligen, warmen Bett, das einsam und allein auf sie zu warten schien.

Doch es noch lange warten konnte, den das Geburtstagskind Anderes im Sinn hatte, als dem Land der Träume nahezutreten.

Einsam kauernd, sass sie unter ihrem Lieblingsbaum.

Dem leisen Klang sie lauschte, den der Wind beim Rascheln der Baumkrone verursachte.

Wie ein leises, vorsichtiges Flüstern es klang, als wollte sie der Wind mitreisen, an einen fernen Ort, dem Wasser entgegen.

Warum war sie sich dieser Gedanken nur so sicher?

Es war nicht das erste Mal, dass sie behutsam nach vorne trat, die Arme, wie die eines Vogels weit ausspannte und ein Gefühl der Einheit verspürte.

Es war so, als würde der Luftzug sie mit sich hinforttragen wollen.

Hatte sie sich deshalb die Uni nahe beim Wasser ausgesucht?
Und auch die Wohnung?

Doch Nozomi verwarf die Gedanken schnell wieder. Sie ging nur genau auf die selbe Uni wie ihre beste Freundin, damit sie sich weiterhin sehen konnten.

Und ausserdem hatten sie und Ran absichtlich je eine Wohnung im selben Haus gemietet. Den Kontakt wollten sie ja nicht vernachlässigen, bloss weil jetzt die Schule härter wurde.

Ein leises Summen mit einem Mal an ihr Ohr drang. Wunderschön, sanft, verzaubernd wirkend.

Sie vernahm es zum ersten Mal. Sie kannte die Melodie nicht. Dennnoch, diese wirkte vertraut. Vertrauter als sämtliche Lieder ihrer Playlist, vertrauter als die aktuellen Radio Hits, vertrauter als alle Musik der Welt.

Das Summen sich nun wandelte, Note für Note, Takt um Takt. Worte sich bildeten, ein Gesang sich formte.

"Tief unten in der See du bist,
oh komm hinaus geschwind.
Die Hoffnung bald erlischt und dann
die Flamme nicht mehr singt"

Die junge Frau schloss die Augen. Nahm jeden Ton einzeln wahr. Die Musik, sie gefiel ihr. Sie hatte etwas Magisches an sich, etwas, dass einen sofort in ihren Bann zog und nicht mehr los liess, egal was man tat, wie fest man sich auch wehrte, der Text brachte einen zum Nachdenken.

Sanft, ohne das Nozomi es merkte, kippte ihr Kopf leicht zur Seite, landete behutsam an dem Stamm des Kirschblütenbaumes und blieb liegen.

Friedlich eingeschlafen, wachte in jener Nacht der Mond über sie, beschützte sie vor allen Bösem Geistern des Unheils und des Schreckens.

The last blossomWo Geschichten leben. Entdecke jetzt