10 - Jagd nach Wärme

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Einige Zeit später saßen wir zu siebt am Tisch. Der einzige, der nicht zum Abendessen gekommen war, war Xingqiu. Venti meinte, das wäre für ihn normal und er würde später essen. Ehrlich, dieser Junge war mir suspekt und ich wollte am besten von ihm fern bleiben. Am Tisch herrschte eine unangenehme Stille und die Situation wirkte vollkommen erdrückend. Am schlimmsten war allerdings Xiao, denn er durchbohrte Scaramouche und mich förmlich mit seinem misstrauischen Blick. Nichtmal Venti schien bei der Stimmung ein Gespräch anfangen zu wollen und so blieb es still.

Als wir endlich fertig waren gingen Scaramouche und ich so schnell es ging in unser Zimmer und schlossen - wie uns empfohlen wurde - ab. „Scheiße... Ich bin echt froh, dass wir da raus sind..." „Und ich erst...", entgegnete ich erschöpft und ließ mich auf das Bett fallen. Vor dem Essen hatten sowohl der Kopfgeldjäger, als auch ich uns geduscht und die frischen Klamotten angezogen. „Was für ein verrückter Tag...", murmelte er und ließ sich erschöpft neben mich fallen. Draußen ging gerade die Sonne unter und somit wurde der Raum von einem schönen, orangenen Licht durchflutet und machte die Atmosphäre etwas freundlicher.

Trotz des Lichtes kuschelte ich mich in meine Decke ein und versuchte einzuschlafen, was wegen meiner Müdigkeit eigentlich hätte leicht sein sollen, jedoch war es das nicht. Mir war kalt. Die kaputte Heizung fiel deutlich auf, in den beiden unteren Stockwerken war es um einiges wärmer gewesen. „Frierst du, Heizou?" „Nein..." „Aber zu zitterst." „Und wenn schon... jammern bringt mir leider nichts", murmelte ich und starrte weiterhin an die Wand. Ich konnte hören, wie der Blauhaarige hinter mir sich aufsetzte und näher zu mir kam. „Scaramouche?" „Hmh?" „Was machst du?" „Dich wärmen", hauchte er in mein Ohr und schmiegte sich anschließend unter meine Decke, an meinen Körper, „Und nenn mich einfach nur Scara." Ich wagte es kaum zu atmen und wusste nicht, wie ich auf diese Situation reagieren sollte. Langsam drehte ich mich um und sah direkt in das Gesicht des anderen, welches nur wenige Zentimeter von dem meinen entfernt war. In seinen Augen lag etwas liebevolles und gleichzeitig verlangendes, ich war wie in Bann gezogen und erneut konnte ich nicht anders, als mich in ihnen zu verlieren. Er legte behutsam seine linke Hand an meine Wange und strich sanft darüber, während er mir immer näher kam und nach kurzem, unsicheren Zögern seine Lippen auf meine legte. Ich fühlte mich wie gelähmt, wusste nicht was ich tun sollte, starrte einfach nur erschrocken in seine Augen.

Da ich ihn nicht wegstieß, fing er an, den Kuss zu intensivieren, drehte mich auf den Rücken und stemmte sich über mich. Er drückte sich erneut an mich und fuhr mit seinen Händen langsam an meinen Seiten hinunter. Dann ließ er von meinen Lippen ab und begann liebevoll meinen Hals zu küssen, doch ich reagierte immer noch nicht. Ich war hon und her gerissen und von meinen Gefühlen verwirrt. „Na", hauchte er, „Ist dir schon wärmer?" „Scaramouche..." „Ich sagte doch schon, für dich nur Scara", flüsterte er lächelnd und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. Ich ließ unruhig meinen Blick durch den Raum schweifen und mied den Blickkontakt zum Blauhaarigen, während ich seufzte und sprach: „Geh bitte runter von mir..." Ohne auf seine Reaktion zu warten, schob ich ihn zur Seite und setzte mich auf. „Hab ich was falsch gemacht...?", wollte er nervös wissen und wirkte verletzt. Was sollte ich darauf antworten? Vermutlich die Wahrheit. „Ich hab... Gefühle für Kazuha und nicht für dich."

„Autsch... Aber ich hätte es mir wohl schon denken können", er zwang sich ein Lächeln auf, doch ich sah genau, dass ihm gerade eher zum Weinen zumute war. In seinen Augen blitzen im Licht der Abendröte die Tränen auf und er senkte seinem Blick, „Ich brauche frische Luft." Damit verließ er den Raum und ich hörte nur noch die Tür ins Schloss fallen. Dann folgte Stille und ein Gefühl breitete sich in mir aus. Ein schlechtes Gewissen. Mein Verstand sagte mir, es war richtig ihn abzuweisen, mein Herz allerdings nicht, doch es sprach nur in Rätseln. „Scheiße", murmelte ich frustriert und versuchte meine wirren Gedanken ansatzweise zu ordnen.

Mittlerweile war die Sonne vollkommen am Horizont verschwunden und das Zimmer war in vollkommene Dunkelheit gehüllt. Einschlafen konnte ich nicht, in meinem Kopf herrschte noch immer Chaos und ich hatte das Bedürfnis, nochmal mit Scara zu sprechen. Ich wollte mich entschuldigen, dass ich ihm nicht schon vorher gesagt hatte, dass ich nichts von ihm wollte. Dann wäre es garnicht so weit gekommen, dass er sich Hoffnungen macht. Seufzend richtete ich mich auf und stieg die Treppen hinab ins Erdgeschoss. Aus dem Wohnzimmer schien noch Licht und als ich den Raum betrat entdeckte ich sowohl Albedo, als auch den Kopfgelder. Der Blauhaarige unterhielt sich offenbar mit dem Blondschopf, doch um niemanden um diese Uhrzeit zu stören, sprachen sie so leise, dass ich nichts verstand. Ich wusste auch nicht, wie es Scaramouche ging, denn er saß mit dem Rücken zur Tür gewandt. Bemerkt wurde ich noch nicht.

Gerade als ich das Wohnzimmer betreten wollte, wurde ich gepackt, zurückgezogen und gegen die Wand gedrückt. „Herumschleichen und Gespräche belauschen ist aber nicht die feine Art", knurrte mir die Person leise und bedrohlich ins Ohr. Mein Körper war in einer Schockstarre gefangen, ich hatte ihn nicht kommen hören. „Das verstehst du falsch, Xiao. Ich wollte nur niemanden wecken", versuchte ich mein Verhalten zu erklären, doch er ließ nicht locker. „Nur weil Venti euch vertraut und hier rumlaufen lässt, heißt das nicht, dass ich damit einverstanden bin, also schleich gefälligst nicht herum. Ich behalte dich im Auge." Dann ließ er mich los und verschwand in die Dunkelheit des Treppenhauses. Unheimlicher Typ...

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