Kapitel 14 - Nurmengard

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Die beiden Zauberer standen bereits an der Tür, als ihnen Bathilda entgegenkam. „Ich wünsche euch eine angenehme Reise. Kommt bald wieder". „Das werden wir, Tante", gab Gellert kühl von sich. Sie nickte den beiden lächelnd zu, bis sie schließlich vor ihren Augen disapparierten. Kaum berührten die Füße der Zauberer den fremden Boden, bemerkte Albus den kühlen Morgenwind, der durch die Landschaft zog. Als er hochblickte stellte er zu seiner Verwunderung fest, dass sie sich nicht vor einem großen Schloss befanden, sondern mitten im Nirgendwo standen. „Ich habe vielleicht vergessen zu erwähnen, dass wir ein Stück laufen müssen. Das Schloss ist geschützt, um Eindringlinge fernzuhalten". Albus nickte und war begeistert von der Landschaft und der frischen Luft. In den Städten und Dörfern war diese nämlich in den letzten Tagen fast unerträglich schwül gewesen. „Genieß die Luft, denn sobald die Sonner erst alles aufheizt, wird es hier nicht mehr so angenehm werden". Albus lächelte und folgte Gellert, der einen zugewachsenen Weg zu besteigen schien.

Lavendel bedeckte einige Teile des Weges. Der Duft war unverkennbar. „Ich mag Lavendel", erzählte Gellert. „Er ist so rein. Die alten nutzen ihn zur Abwehr des Teufels". Albus hörte Gellert aufmerksam zu. „Wobei ich die Geschichten mit dem Teufel nie ganz zu glauben vermochte. Wir alle sind jemandes Teufel, schließlich war er auch einst ein Engel. Jeder ist seines Glückes Schmied". Albus zwickte einen der Lavendelblüten ab und hielt sie der aufgehenden Sonne entgegen. Das Violett der Pflanze besaß einen leichten Schimmer darin. Sie kletterten weiter durch den verwachsenen Weg und erreichten ein kleines Plateau. Inmitten der majestätischen Berggipfel erhob sich eine atemberaubende Landschaft. Ein mächtiger Gletscher erstreckte sich über das Tal, dessen schimmernde Eisfläche von der Sonne beleuchtet wurde und in funkelndem Glanz erstrahlte. Über dem Gletscher erhob sich ein gewaltiger Berg, dessen schroffe Felsen und steile Hänge von dichtem Grün bedeckt wurden. Auf ihm thronte ein Schloss, das seine Schatten in das Tal warf. Die Luft war klarer und reiner, als man es sich je vorstellen konnte. Am Horizont leuchteten die Gipfel der Berge in warmen Farben, während sich der Himmel über ihnen in einem wunderschönen Farbspiel von Blau, Orange und Pink präsentierte.

Albus blick flog über die Bergspitzen, wo er in der Ferne einen Turm erkennen konnte. „Atemberaubende Aussicht, nicht wahr?", Gellert blickte erfreut zu Albus, der seine Sicht nicht von der Landschaft reißen konnte. „Das hier gehört alles dir?", erkundigte er sich. „Das und noch vieles mehr hat einst Vater gehört und eines Tages wird es uns gehören". „Das hier und noch vieles mehr", vollendete Albus Gellerts Gedanken. „Wie konnte dieser Ort vor all den Muggeln und dem Ministerium versteckt werden?", erkundigte sich Albus. „Wie kann Hogwarts versteckt werden?". Albus nickte rasch. „Natürlich". Neben Gellert und diesem gewaltigen Reichtum fühlte er sich sichtlich klein und unbedeutend. Was er sich aber noch mehr fragte, warum war Gellert nicht eher hierher zurückgekehrt?

Sie kamen ihrem Ziel immer näher und Gellert blieb vor dem großen Tor stehen. „Ich war sehr lange nicht mehr hier", murmelte er und hob langsam seine Hand über die verzierte Tür. Albus folgte der Hand und legte seine vorsichtig darauf. Gellert drehte sich zu ihm. Sanft legte er seine Lippen auf Gellerts, der ihn näher zu sich hinzog. Stirn an Stirn standen sie nun da und lächelten sich an. „Geh du bitte vor mir rein", murmelte Gellert. „Ich kann nicht allein diesen Ort betreten". Albus löste sich von Gellert und öffnete mit einer sanften Handbewegung die Tür. Knarrend fiel sie auf und offenbarte einen langen, dunklen Flur. Gellert schnipste mit seinen Fingern und die Fackeln erleuchteten den Raum. Gemeinsam traten sie ein. „Sind sie noch hier?", erkundigte sich Albus vorsichtig und holte seinen Zauberstab heraus. „Nein", gab Gellert leise von sich. So streiften sie durch die Räume. Albus öffnete bewusst keine Tür, er wusste nicht, wie weit er gehen konnte. Er wusste nicht, wohin Gellert ihn eigentlich brachte.

Zu seinem Verblüffen lag keine Staubschicht auf den Möbeln. Wenn er es nicht besser wissen würde, hätte er geglaubt, dass in diesen Gemäuern doch tatsächlich noch jemand zu leben vermochte. Gellert blieb gelegentlich stehen und musterte die Wände sowie Türen, trat dann aber immer weiter, ohne auch nur eine zu öffnen. „Du kannst den Zauberstab ruhig wegpacken, Albus. Hier sollte nichts sein, von dem ich nicht wüsste". Albus nickte und steckte ihn zurück in seinen Gürtel. Die beiden Zauberer erreichten einen großen, offenen Raum. An der Decke hing ein Kronleuchter, die kunstvoll geschnitzten Tische und Stühle waren achtsam an ihren Platz gestellt. Vitrinen zierten die tapezierten Mauern und ein rotbrauner Teppich lag bedeckte den beinahe perfekten Holzboden. Ein Kamin stand in der Mitte des Raumes, in ihm brannte ein kleines Feuer. Verblüfft drehte sich Albus zu Gellert um und fragte diesen endlich die auf seiner Zunge brennenden Frage.

„Dieser Ort sieht gar nicht so verlassen aus". Gellert nickte. „Ich versichere dir aber, dass er das ist. Kein Zauberer und kein einziger Muggel hat ihn seit jeher betreten". Ungläubig starrte Albus Gellert an. Er konnte nur ahnen, was vor einigen Jahren in diesen Räumen vorgefallen war, und dennoch war alles so ordentlich, nichts schien fehl am Platz. Die Geschichte, dass Gellert weggelaufen war, konnte unmöglich mit dem Zustand des Ortes übereinstimmen. Wer also hatte ihn so sorgsam und ordentlich gehalten? Plötzlich wurde er von einem leisen Knall hochgeschreckt. Sofort zückte er seinen Zauberstab, doch als er Gellerts verschmitztes Lächeln sah, beruhigte er sich langsam wieder. Vor ihm stand ein kleiner Hauself, der ihn mit großen Augen musterte. „Darf ich vorstellen: Jilny". Albus ließ seinen Kopf in den Nacken fallen und stöhnte auf. „Du hast gesagt hier wäre niemand". Gellert kicherte belustigt. „Nun gut. Jilny hat sich um das Schloss gekümmert". Der kleine Hauself nickte heftig. „Ich habe gewartet, bis mein Meister wieder zurückkommen wird". Gellert warf Albus einen entspannten Blick zu. „Jilny sag mal, war in der Zeit, in der ich abwesend war, jemand hier im Schloss". Energisch schüttelte der Hauself den Kopf. „Nein, niemand". Zufrieden klopfte Gellert Albus auf die Schulter. „Mach uns Tee".

Sobald der Elf verschwunden war, ließ sich Gellert auf einen der samtbezogenen Möbel nieder und schloss die Augen. „Jilny ist nett", sprach Albus hilflos, da er nicht wusste, was er als nächstes sagen sollte. „Natürlich ist sie das. Sie war in der Zeit, als Vater in die Berge zog, meine einzige Bezugsperson. Sofern man einen Hauselfen so nennen kann". Albus nickte und blickte sich genauer um. „Sag mal, wo finden wir die Antworten, die wir brauchen?". Gellert hatte die Augen immer noch geschlossen als er antwortete. „Hier. In der Bibliothek, in anderen Räumen... Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, wo Vater sein Wissen gesammelt hat. Wir müssen nur danach suchen". Albus nickte. So wie Gellerts Antwort klang, würde die Suche längere Zeit in Anspruch nehmen.

Wenige Augenblicke später erschien der kleine Hauself wieder, verbeugte sich tief vor Gellert und stellte den Tee auf dem kleinen Tischchen ab. „Wenn mein Meister mich ruft, so werde ich sofort zur stelle sein". Damit verschwand sie. Gellert zögerte nicht lange und umschlang eine Tasse des Tees fest mit seiner Hand. „Wir sollten nicht viel Zeit verlieren, Albus". Der Zauberer nickte und lehnte sich in den Stuhl zurück. „Wo fangen wir am besten an?". „In der Bibliothek". Das überraschte Albus, denn er war nicht der Überzeugung, dass Gellerts Vater solch ein Wissen in einer einfachen Bibliothek aufbewahren würde, doch er widersprach Gellert nicht und trank einen kräftigen Schluck von seinem Tee.


Neues Kapitel nach beinahe 2 Monaten. Besser spät als nie. Ob die zwei wohl die Geheimnisse über das Schloss lüften können? Man liest sich und bis bald.

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