Thousand pieces

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Es war kein weiterer, schrecklicher Monat vergangen, als es so kam, wie es irgendwann kommen musste. Mom drückte Leeseo, Dad und mich ein letztes Mal, bevor sie in die Limousine stieg, dessen Tür für sie offen gehalten wurde.

Für einen neuen Auftrag sollte Mom mit ihren Kollegen nach Nordamerika fliegen. Ich wusste, dass keiner-selbst Mom-kein gutes Gefühl bei der  Sache hatte. 

Mafias sind gefährlich. In Amerika kommen sie ganz leicht an Waffen.

Aber niemand versuchte Mom aufzuhalten. Es war ihr Traum gewesen. Alles, wofür sie so hart trainiert hatte, war für einen Auftrag wie diesen gewesen. »Pass auf dich auf«, flüsterte Dad meiner Mutter ins Ohr. Ich sog den vertrauten Duft meiner Mutter ein. Dieser hatte mich immer beruhigt, aber noch nie hatte ich den Geruch etwas zuordnen können. 

»Ich bin in höchstens vier Wochen wieder da«, tröstete Mom meine kleine Schwester. Vier Wochen. Vier Wochen. Ich beschloss, mich in diesen Wochen an ihre Worte zu klammern, um mich selbst davon zu überzeugen, dass ich klar kam.

Vier Wochen vergingen. Fünf. Sechs. Und Mom kam nicht zurück. Jede Nacht schrie ich lautlos. Wenn man lautlos schrie, das erfuhr ich nun,  zerbrach alles Innerliche in tausend Scherben. So fühlte es sich zumindest an. 

In einer solchen Nacht rief mich Dad, der wie so oft noch Nachtschicht im Krankenhaus hatte, mit kratziger Stimme an. »Yuna«, seine Stimme wackelte. »Ich komme jetzt nach Hause. Die vermisste Leiche von Mom wurde gefunden.« Dad sagte noch andere Dinge, aber ich nahm alles um mich herum nicht mehr wahr. Ich wusste nicht, womit ich in den letzten zwei Wochen gerechnet hatte, aber das Ausgesprochene machte alles real. Alles zur Wirklichkeit. Ich schnappte laut nach Luft und war nicht in der Verfassung irgendwas wahrzunehmen.

Ich bemerkte nicht Leeseo, die erschrocken in mein Zimmer kam und leise mit Dad redete, nicht die Tränen, die heruntertröpfelten und auch nicht, wie meine so junge Schwester verantwortungsvoll einen Krankenwagen für mich rief. 

Die Therapie dauerte ein gefühltes Jahr. In Wirklichkeit waren es aber nur zwei Wochen. Oder vielleicht etwas weniger, oder mehr. Ich hatte jedes Zeitgefühl verloren. Ich stützte mich am Waschbecken ab und betrachtete meine kaum zu übersehenden Augenringe, mein blasses Gesicht und meine aufgeplatzte Lippe. Ich wirkte ungesund und dürr. Frustriert schlug ich auf die Scheibe und schulterte meinen Rucksack, bevor ich langsam zur Schule trottete.

»Yuna-«, Jeong-guk kam auf mich zu und breitete seine Arme aus, um mich zu umarmen, doch ich wandte mich ab. »Mein Beileid«, Yumin kam mit verquollenen Augen zu uns. »Warum bist du nicht rangegangen? Wir haben so oft versucht, dich anzurufen, als wir davon gehört haben ..«, begann sie. Als sie bemerkte, dass ich keine Reaktion zeigte, verstummte sie. Die ganze Klasse samt Lehrerin schaute mich mitfühlend an, doch mein Gesicht blieb ausdruckslos und leer. Ich wollte nie wieder etwas zeigen. Ich wollte mich nie wieder berühren lassen. Ich wollte nie wieder Liebe verspüren, damit ich nicht noch einmal verletzt werden konnte. Damit ich Niemanden mehr verlieren konnte.

Der Schultag sauste an mir vorbei. Ich saß einfach nur auf meinem Platz, machcte mir ein paar Notizen, hörte mir die mitfühlenden Worte der Anderen an und ging anschließend wieder nach Hause. Aber das war nicht der tiefste Punkt. Ich konnte immer tiefer sinken.

Zu Hause erwartete mich Dad mit starrem Blick. Leeseo sah mich verängstigt an und hatte die Hände auf dem Schoß gefaltet, während sie ordentlich auf der Couch saß. »Eine Mafia«, knurrte Dad. »Sie sind dafür verantwortlich, dass June tot ist. Sie werden dafür büßen.«


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Seven//BTS FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt