Lee Ruby

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Auf einmal gab der Aufzug seltsame Geräusche von sich. »Was ist das?«, fragte ich alarmiert, während ich mich vorsichtshalber an der Haltestange für ältere Leute festhielt. Der seltsame Typ in schwarz stöhnte auf. »Auch das noch! Achso, der Aufzug im Entertaiment wurde immer noch nicht erneuert, obwohl fast der ganze Rest vom Gebäude schon renoviert wurde, weil Bangtan mehr Geld einbringt, also Ceo Bang gedacht hat. Anscheinend gibt es Mal wieder einen Defekt.«

»Einen .. Defekt?«, meine Stimme stieg etwa drei Oktaven höher. »Alles gut«, beruhigte er mich. »Das kommt hier öfter Mal vor, gewöhn dich dran.« Er zog seine schlanken Finger aus den langen Hoodieärmeln hervor und drückte auf eine Taste, die anscheinend für Notfälle oder so war. Eine tiefe Stimme kam aus den kleinen Lautsprechern neben den vielen Schaltern und auch der, der mit mir im Aufzug war, sprach leise hinein. Ich hörte ein paar Sachen heraus, hielt mich jedoch geschockt an der Haltestange fest. War es Angst? Nein, das konnte nicht sein. Ich hatte noch nie Angst gehabt, weil ich eben keine Ängste hatte. »Hast du etwa Angst?«, grinsend hob er die Augenbrauen und sprach damit meine eigenen Gedanken aus. Ich antwortete nicht. Aus irgendeinem Grund-welchem auch immer-war ich nicht fähig dazu.

»Hey, mysteriöse amerikanische Stylistin-alles gut bei dir? Du bist total weiß«, bemerke er. Wieder schwieg ich und da er auch nicht mehr die richtigen Worte zu finden schien, herrschte Schweigen im kleinen, viel zu kleinen Aufzug.

»Ich bin übrigens Jungkook«, unterbrach er die Stille. »Jeon Jungkook« Und die Art und die Stimme, wie er seinen Namen murmelte, brach mich gedanklich zurück in meine Middle School Zeit. Das konnte nicht sein, oder? Ich versuchte, sein Gesicht zu erkennen, doch durch die Cap, der Sonnenbrille und dem Mundschutz konnte ich so gut wie gar nichts von ihm sehen. Auf einmal schlich sich ein anderer Gedanke in meinen Kopf-nämlich die Art, wie Dad diesen Namen ausgesprochen hatte. Das musste der Typ sein, den ich zu töten hatte. Es dauerte etwas, bis ich die Lage begriff. Ich war die Stylistin, er der Idol. Ich verbeugte mich um 90 Grad und lächelte ihn mit dem Wimpern-klimper-Lächeln an.

Plötzlich setzte sich der Aufzug wieder in Bewegung und nur kurze Zeit später öffneten sich die Türen wieder. Erleichtert atmete ich aus, hob wieder das Kinn und folgte Jungkook in einen großen Raum. »Sie müssen Lee Ruby sein«, sofort kam ein kräftiger Mann zu mir gelaufen. Ich verbeugte mich tief. Man konnte nie wissen, wer von einem stand und der Typ im Anzug sah ziemlich wichtig aus.

»Sejin, mein Name. Ich bin der Manager von BTS«, stellte er sich vor. »Normalerweise treffen wir uns immer hier, aber es gibt keinen festen Zeitplan, da die Termien unterschiedlich gelegt sind«, erklärte er, bevor er auf zwei andere Divas zeigte, die mich nicht beachteten und stattdessen BTS verträumte Blicke zu warfen. »Das sind übrigens Gina und Ayun-Ihre zwei Kolleginnen. Alles klar so weit?«, fügte er hinzu. Ich nickte lächelnd und warf erneut meine beerenroten Haare zurück. Meine Gesichtsmuskel taten weh vom Lächeln und ich überlebte das Ganze hier nur, weil ich es gewohnt war.

»Auf eine gute Zusammenarbeit«, lächelte der Manager. Ich lächelte zuckersüß zurück und hörte verhaltene Gelächter aus der Ecke, wo ich die Boygroup vermutete. »Sie können ja schonmal zeigen, was Sie können, denn jetzt muss BTS für das neue Dance Practise Video von Burning Up geschminkt werden.« Ich hatte zwar einiges über K-Pop in den letzten Übungstagen in der Zentrale erzählt bekommen, hatte aber immer gedacht, ein Dance Practise würde man während des wirklichen Trainings filmen. Anscheinend nicht-sie wurden ja sogar dafür geschminkt.

»Gina übernimmt Jimin und Hoseok, Ayun schminkt Namjoon und Yoongi. Ruby kann Taehyung, Seokjin und Jungkook übernehmen«, meinte Sejin nach kurzem Überlegen. Die drei, die ich anscheinend schminken sollte, stritten sich kurz darüber, wer zuerst dran kam, bis schließlich Seokjin auf dem Stuhl saß. Ich redete im Gegensatz zu Gina und Ayun nicht und schminkte ihn und Taehyung einfach nur mit geübten Handgriffen.

Bei Jungkook jedoch, spürte ich ein heftiges Zittern in meinen Händen. Ich wollte die Wahrheit nicht wahr haben. Ich wollte sie nicht sehen. »Mach es richtig, ja?«, sagte Jungkook noch einmal nachdrücklich, als er es bemerkte. Ich strengte mich an, um nichts Schlagfertiges darauf zu erwidern und hielt einfach den Mund. Er begann, all die Accesoires aus seinem Gesicht zu nehmen und sofort, nachdem er auch nur den Mundschutz abgenommen hatte, wusste ich, dass er es war. Mein bester Freund aus der Middle School; mein früherer, heimlicher Crush; der Freund meiner ehemaligen besten Freundin; der Junge, der mich an meine grausame Vergangenheit erinnerte. »Du kannst ihn schminken«, krächzte ich Gina zu, die mich schon seit der Einteilung neidisch angeguckt hatte, weil ich einen Member mehr schminken durfte, als sie selber.

»Ich gehe kurz Luft schnappen«, keuchte ich Sejin zu und verließ mit schweißnassen Wangen den Raum. Ich brauchte etwas, um zu begreifen, dass es Tränen waren.


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