Kapitel 11

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Es war furchtbar warm. Als ich die Augen öffnete lag ich wieder im Bett. Wie kam ich denn hierher? Noch immer war es dunkel. Die Rolläden waren unten. Ich raffte mich auf und verließ mein Zimmer. Gähnend schleppte ich mich in mein Büro. Als ich in der Tür war, erstarrte ich. „Was...?", staunte ich. Mein Büro war aufgeräumt! Alle Unterlagen sortiert auf dem Schreibtisch. Ich blätterte sie durch. Und das sogar korrekt sortiert! Ich ging ins Wohnzimmer. Sofort unterbrach Justin das Spielen mit seinem Barney. „Geht es dir besser?", fragte er lächelnd. Ich nickte. Mattheo saß in meinem Sessel. „Danke.", ich seufzte. Er streckte sich. „Kein Problem...", winkte er ab und stand auf. „...dann kann ich ja jetzt gehen!" Justin verstand sofort und schlüpfte in seine Schuhe. „Bis dann!", verabschiedete er sich. „Und überarbeiten Sie sich nicht!" Ich schnaubte amüsiert. Beide verschwanden durch die Tür. Lächelnd sah ich ihnen hinterher.


„Sie werden ja und amen zu dem sagen, was ich vor Gericht verwenden werde!", verlangte ich von ihm. Mattheo sah mich fragend an: „Haben Sie irgendein Attentat auf mich vor?" „Tun Sie einfach das, was ich sage!", winkte ich ab. Er schnaubte. Aufgeregt stand ich vor dem Gerichtssaal. Während ich hier meine schwarze Robe anziehen musste und top gestylt auftauchte, stand Mattheo hier neben mir in Jeans und Top. Was schickeres hat er wohl auch nicht im Schrank! Mein Bauch zieht sich zusammen. Ich bin gespannt, ob mein Plan aufgeht! Dennis wird sich noch umsehen...

Die Tür ging auf und wir betraten den kreisrunden Gerichtssaal. Mattheo saß sich auf den einsamen Stuhl auf dem Podest in der Mitte. Der Richter und Dennis waren schon da! Genauso wie alle anderen. Die Schreiberlinge, Assistenten und die Presse. Ich seufzte. Hoffentlich wird das was...

„Sie sind verpflichtet die Wahrheit zu sagen!", der Richter zog sich eine Brille an und musterte Mattheo. „Sie sind Herr Grenz?" Mattheo nickte. „28 Jahre alt?", harkte der Richter nach. Erneutes nicken. „Sie dürfen schweigen, wenn Sie sich dadurch selbst belasten.", fügte er hinzu. „Möchten Sie aussagen?" Mattheo sah fragend zu mir. Ich nickte. „Ja.", antwortete er. Die Stuhlreihe begann sich zu drehen, bis Dennis vor ihm stand. „Nun gut.", er lächelte charmant. „Sie wurden von der Polizei in einem gestohlenen Wagen verfolgt.... richtig?" Mattheo sah zu mir. Erneutes nicken. „Ja.", gab er zu. „Nicht, dass Sie es nur gestohlen haben...", Dennis musterte ihn. „Sie haben den Wagen auch manipuliert!" Ich nickte erneut. „Ja.", antwortete Mattheo. Dennis schnaubte amüsiert und sah prüfend zu mir, als wüsste er, dass ich einen Plan verfolgte. „Und dann haben Sie, Herr Grenz, mit diesem Wagen einen Unfall gebaut und einen Sachschaden in der Höhe von 3500 € verursacht." Ich nickte. „Ja.", Mattheo sah fragend zu mir. Dennis lachte: „Haben Sie keine Einwände, Sulliwan?" „Nein.", ich sah ihn ernst an. „Es ist die Wahrheit!" „Gut, dann ist der Fall geklärt, finden Sie nicht?", mein Kollege sah zu dem Richter. Ich schnaubte amüsiert. Er fühlt sich sicher! „Nein.", unterbrach ich ihn. Dennis sah mich überrascht an. „Ich würde gerne jemanden in den Zeugenstand rufen!", gab ich zu. Er weitete die Augen und saß sich. Erneut drehte sich die Stuhlreihe um uns selbst bis ein alter Bekannter vor mir sitzt. „Was die Herrschaften nämlich nicht wissen ist, dass dies alles nur aus einem Grund geschah!", erklärte ich laut. „Nächstenliebe!" Sofort wurden die Stimmen laut. „Schwachsinn!", schnaubte Dennis. „Mein Mandant, Herr Grenz, klaute das Auto um Geld für seine Schwester und dessen kleinen Sohn zu besorgen." Ich sah zu dem Mann hoch, der jetzt vor uns saß. „Wie kommt es, dass der Staat keine Hilfe anbietet?", harkte ich nach. Der Mann stutzte. „Natürlich bieten wir Hilfe!", versicherte er mir. Ich lachte leise: „Ja, für uns, die Oberschicht!", stimmte ich ihm zu. „Aber was ist mit der Unterschicht?" Ein lautes Piepsen ertönt. Dennis hatte den Button gedrückt. „Einspruch!", unterbrach er mich. „Sulliwan... sie und ihr Mandant sind im Kreuzverhör, nicht anders herum!" „Darf man jetzt noch nicht einmal fragen stellen?", harkte ich nach. Es war klar, dass er dagegen vorgehen wollte! Ihm gefiel das gar nicht... das sah man ihm an. „Abgelehnt.", entschied der Richter. „Weiter, Sulliwan!" Ich grinste triumphierend. „Also, Herr...", ich sah in meine Unterlagen. „... Birkenbach. Sie sind im Ministerium für die Förderung verantwortlich! Kennen Sie meinen Mandanten?" Er zögerte: „Ja." „Woher?", will ich wissen. Er lehnte sich zurück: „Er hat sich oft bei uns beschwert..." „Das interessiert mich!", gab ich lächelnd zu. „Über was?" „Herr Grenz ist uns bekannt.", gab Herr Birkenbach zu. „Er hat oft nachgefragt, ob es nicht irgendwelche Förderungen gibt oder irgendwelche Hilfen vom Staat für Bedürftige gibt..." „Und gibt es welche?", neugierig sah ich ihn an. Erneut wurde der Button betätigt. Sofort sah ich zu Dennis. „Das ist lächerlich!", er sah den Richter an. „Darum geht es hier doch gar nicht..." „Nein, aber es geht darum, wieso und aus welchem Grund mein Mandant diese Tat und diese ganzen anderen Dinge... getan hat!", blaffte ich ihn an. „Seien Sie endlich still, Tiehlen und halten sie die Finger still!" „Ich bitte Sie, Sulliwan!", der Richter lächelte. „Nicht in diesem Ton, weiter..." Ich musste grinsen. Dennis schien vor Wut zu platzen. „Gut zurück zum Wesentlichen!", ich sah Herr Birkenbach an. „Und? Gibt es etwas?" „Nein.", gab er zu. Ich sah ihn erstaunt an. „Nicht?", theatralisch sah ich in die Runde. „Stell sich mal jemand vor... ist denn mein Mandant hier der Einzige, der sich beschwert hat darüber?" „Nein.", murmelte Birkenbach kleinlaut. „Aha!", ich wurde hellhörig und grinste. „Wie viele noch?" „Einige.", wich er meiner Frage aus. Amüsiert schnaubte ich uns sah zum Richter: „Genau genommen sind einige... 5000 Menschen, die im Armenviertel leben. Die Unterlagen liegen vor!" Ich drehte mich wieder zu dem Zeugen. „Wieso also wurde noch nichts unternommen?", fragte ich Birkenbach. Er schluckte. „Sozusagen lässt der Staat!", ich zeigte auf ihn und sah zu dem Richter. „Den Leuten im Armenviertel gar keine andere Möglichkeit als zu Klauen um zu Überleben, um an etwas Geld zu kommen, um da draußen leben zu können!" Ich wartete nur darauf, dass Dennis wieder den Button drückte. „Das ist die Lücke in unserem System!", erklärte ich allen. „Das ist der Grund, warum solche Menschen, wie mein Mandant, klaut!" Dennis schüttelte den Kopf. „Also frage ich mich, wieso wir diese armen Menschen vor Gericht ziehen und Ihnen damit das wenige Geld, was sie noch haben, zu mal, dass mein Mandant es noch nicht einmal für sich selbst, sondern für seine Schwester und ihren acht Jährigen Sohn nutzt, ihnen wegnimmt mit Gerichtskosten, Anwaltskosten... ?" „Sie legen ja ihre Bezahlung fest!", spottete Dennis. „Sind Sie etwa die Wohlfahrt, Sulliwan? Sie sind einer der teuersten Anwälte dieser Stadt also kommen Sie mir nicht damit..." „Mein Mandant bezahlt mich nicht.", gab ich zu. Alle weiteten die Augen. „Ich will mit gutem Beispiel voran gehen.", fügte ich hinzu. „Und hiermit entlasse ich Birkenbach aus dem Zeugenstand und rufe meinen nächsten Zeugen auf..." Ich sah zu Mattheo, der nur breit grinste. Anscheinend hatte er damit nicht gerechnet! Aber ich werde mich nicht unterkriegen lassen... „Doktor Gräber.", rief ich ihn auf. Die Stühle drehten sich erneut bis einer meiner Freunde direkt vor Mattheo saß. Auch er grinste breit. „Wie geht es der Familie?", fragte ich ihn. Er nickte lächelnd: „Gut und Ihnen?" „Das ist lächerlich!", Dennis platzte den Kragen und haute auf den Button. „Herr Richter, ich bitte Sie!" „Sulliwan, bitte verlegen Sie ihre Privatgespräche auf nach der Gerichtssitzung.", bat mich der Richter. Ich nickte und sah zu Mattheo, der mich fragend ansah. Nahezu ängstlich vor dem, was jetzt kam. „Sie kennen meinen Mandanten, Doktor Gräber?", fragte ich meinen Zeugen. Er räusperte sich. „Ja, natürlich. Sie haben mich darum gebeten, ein Gutachten über ihn zu schreiben!", erinnerte er sich. Mattheo wirkte jetzt skeptisch und angespannt. Er vertraute mir einfach nicht! „Was kam dabei heraus?", harkte ich nach. Der Doktor seufzte und faltete die Hände zusammen wobei er seufzte. „Nun ja... ihr Mandant, Mattheo Grenz, ist wirklich vollsten zurechnungsfähig!", erzählte er. „Er machte sich große Sorgen um seine Schwester und dessen Sohn und stellt sogar seine eigenen Bedürfnisse und seine Gesundheit hinter anstellt." „Interessant.", ich nickte. „Was können Sie daraus ableiten?" „Dass er keinen anderen Weg hatte, als diese Straftaten zu begehen...", versicherte er mir. „Aufgrund der fehlenden Hilfe des Staates!" „Lächerlich!", Dennis haute auf den Button und das laute Piepen ertönte. „Das ist ein abgekartertes Spiel! Haben Sie irgendwelche Beweise?" „Ja.", Doktor Gräber grinste. „Natürlich, Thielen. Ich komme doch nicht ohne Beweise!" „Und die wären?", er verschränkte die Arme. Gräber tippte auf dem kleinen Bildschirm vor sich herum. Ein großes Fenster öffnete sich über uns. „Ich hatte mehrere Therapieeinheiten mit dem Angeklagten und dem Sohn seiner Schwester." Sofort erntete ich einen bösen Blick von Mattheo. Ich sah ihn nur flehend an. Er darf jetzt nichts Falsches sagen! „Und habe einige Test durchgeführt.", log der Doktor. „Anstatt hier auf einen aus der Unterschicht herum zu hacken, wo sowieso nichts mehr zu holen ist, sollten wir uns fragen, wieso der Staat, trotz so vieler Beschwerden, die Hilfe von Bedürftigen verweigert, aber uns... die, mit genug Geld, fördert, wo wir selbst uns doch helfen können..." „Das frage ich mich auch!", herausfordernd sah ich zum Richter. Der musterte mich nachdenklich. „Sulliwan...", meinte er. Ich hielt die Luft an. Es musste funktionieren! „Wie ich sehe, werden wir hier nicht zu einer Einigung kommen!", erkannte der Richter. „Sie haben sich mächtig Mühe gegeben. Aber Armut ist keine Entschuldigung für ein Verbrechen! Das sind sie sich doch bewusst..." Ich nickte. Verdammt! Was jetzt? Ich darf nicht verlieren... „Gut, dann habe ich jetzt nur noch eine Frage an den Angeklagten und ich hätte gerne, dass Sie, Herr Grenz, die mir ehrlich beantworten ohne zuvor einen Blick zu ihrem Anwalt zu werfen und sich abzusichern...", verlangte der Richter. Mattheo nickte. „Hätten Sie das alles auch getan, wenn Sie Geld gehabt hätten?", fragte er schließlich. Ich sah zu meinem Mandanten. Er zögerte. „Nein.", er schüttelte den Kopf. Erleichtert atmete ich auf. Zum Glück! „Gut, Mattheo Grenz... sie werden das nächste Jahr unter Beobachtung stehen... eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe finde ich nicht als angebracht.", entschied der Richter. „Aber ich bin der Meinung, dass sie klagen können. Schmerzensgeld und so versteht sich... ihre Anwältin wird ihnen da bestimmt weiterhelfen. Ich bemerke, dass diese Lücke, die Sulliwan ansprach große Auswirkungen auf die Menschen der Unterschicht hat. Da muss etwas gemacht werden..." Ich sah triumphierend zu Dennis, der schon einen knallroten Kopf hat. Der Richter stand auf: „Damit ist die Sitzung beendet!" Begeistert sah ich zu Gräber. Der grinste nur breit. Wieder einmal hatte er mir geholfen. Die Menschen erheben sich und verschwanden durch die Tür. Mattheo sah mich amüsiert. Glücklich stolzierte ich nach draußen.

„Nicht schlecht!", gab Mattheo anerkannt zu. „Ich nehme alles zurück!" „Gut so... wie gesagt, ich habe noch nie einen Fall verloren!", erinnerte ich ihn. Ich bekam einen sanften Rand: „Jetzt wirst du wieder überheblich!" Es war Doktor Gräber. „Jetzt mal etwas anderes...", er grinste breit. „Bin ich gut oder bin ich gut?" „Super gut", lobte ich ihn. Mattheo schüttelte ihm die Hand: „Danke." „Mach ich gerne für eine alte Freundin!", winkte Gräber ab. „Aber ich muss jetzt wirklich gehen!" „Bis dann!", winkte ich ihm. Seufzend sah ich ihm hinterher. Er hat mir wirklich aus der Patsche geholfen! Ich glaube, als Dennis hörte, dass ich ihn in den Zeugenstand rufe, wusste er, was ich vor hatte! „Und jetzt werden wir gegen den Staat klagen!", entschied ich. Mattheo bekam das Grinsen gar nicht aus dem Gesicht. „Das wird im Sande verlaufen!", ertönte Dennis Stimme. Ich sah ihn gereizt an. „Sehen wir ja noch!", antwortete ich schnippisch. Er musterte Mattheo. „Er kann froh sein, dass er vor deiner Nase einen Unfall gebaut hat!", gab er zu. „Ich gebe ihm nicht lange..." „Dir auch nicht, wenn du nicht jetzt auf der Stelle verschwindest!", drohte Mattheo ihm. Dennis weitete die Augen und sah ihn abschätzend an. Dann ging er nur... „So... wir haben es wirklich geschafft!", erkannte ich erleichtert. „Dank Gräber und meiner Wenigkeit!" „Heb nicht ab!", bat er mich. Ich seufzte genervt. Das war mein Spezialgebiet! „Danke...", Mattheo lächelte. „Das kann ich nie wieder gut machen!" „Doch...", ich sah ihn eindringlich an. „Bitte bau dieses Jahr keinen Ärger!" Er grinste breit. „Ich doch nicht!", versicherte er mir. Ich musste lachen. 

Ich kam, sah & liebteWhere stories live. Discover now